Der Philosoph

Das Thema der Beziehungen zwischen Mann und Frau hat Rudolf Thome seit seinem Regiedebüt „Detektive“ (1968) in vielen Schattierungen bearbeitet, Ende der 1980er Jahre begann er schließlich, thematisch zusammenhängende Filme zudem als Trilogien zu konzipieren. Den Anfang machte die Trilogie „Formen der Liebe“, die 1988 mit „Das Mikroskop“ und „Der Philosoph“ begann und 1989 mit „Sieben Frauen“ beendet wurde. In „Der Philosoph“ darf ein bislang asketisch lebender Philosoph die Liebe von gleich drei Frauen genießen.

Inhalt:

Nach dem Tod seiner Mutter lebt Georg Hermes (Johannes Herrschmann) allein und zurückgezogen in seiner kleinen Wohnung in Kreuzberg, wo der hagere Mittdreißiger etwas aufgeregt auf die Zusendung der Freiexemplare seines ersten Buches mit dem Titel „Die Liebe zur Weisheit. Eine Anleitung zum Denken“ wartet. Für die darauffolgende Lesung will sich der Philosoph, der über den Ausspruch „Alles fließt“ von Heraklit promovierte, mit einem neuen Anzug eindecken und sucht eine Boutique auf, die von den drei Frauen Franziska (Adriana Altaras), Beate (Friederike Tiefenbacher) und Martha (Claudia Matschulla) betrieben wird. Den Anzug, der ihm vorzüglich passt, kann er sich zwar nicht leisten, aber zur Lesung trägt er ihn trotzdem – mit den drei ihm so wohl gesonnenen, attraktiven Frauen im Publikum. Der zurückhaltende, etwas weltfremd wirkende Mann kann es kaum fassen, dass die drei Frauen nach der Lesung mit ihm etwas trinken gehen und ihn für den nächsten Abend zu einem stilvollen Mahl in ihre komfortable Wohnung an der Spree einladen. Vor allem Franziska hat es Georg angetan. Er schreibt ihr einen Liebesbrief, den sie prompt beantwortet. Und so fährt er mit ihr zum Schlachtensee, doch beim Ruder fällt er ins Wasser, muss mangels Schwimmkenntnissen von Franziska gerettet werden. Nach dem Ausziehen der nassen Kleider schläft sie nicht nur mit dem bisher jungfräulichen Georg, es gelingt ihr zudem, ihn zum Einziehen in ihre Wohngemeinschaft zu bewegen. Die Frauen überlassen ihm ein Zimmer und schaffen einen Rechner an, den er anstelle einer Schreibmaschine zum Schreiben seiner Texte benutzen soll; Beate bringt ihm die Benutzung bei. Als sie ihn in ihr Bett holt, ihn und sich auszieht und sich auf ihn legt, bricht er ab, weil er Franziska liebe. Doch Franziska erklärt ihm, dass alle Menschen einander lieben könnten, er solle mit allen dreien von ihnen schlafen. Sie drei seien „Zeitagentinnen“, Gesandte, die ihn finden mussten, er aber müsse nun noch sich selbst finden. Georg zweifelt an dem Wunder, das ihm geschieht, und verlässt für einige Tage die Gemeinschaft, um in Ruhe über alles nachzudenken…

Kritik:

Was dem bislang so enthaltsam lebenden Mittdreißiger Georg Hermes in „Der Philosoph“ widerfährt, mutet wie die Fleischwerdung kühnster männlicher Fantasien rund um das andere Geschlecht an, und tatsächlich weiß der Protagonist dieser Geschichte kaum, wo ihm angesichts der ihm angebotenen sinnlichen Freuden der Kopf steht. Thome skizziert kurz die unterschiedlichen Lebenswelten des Denkers auf der einen und der lebensfrohen Frauen auf der anderen Seite. Hier denkt und schreibt der Philosoph still in seiner kargen Altbauwohnung vor sich hin, dort schleichen sich Franziska, Beate und Martha von ihren unverbindlichen Dates am Morgen einfach davon und lassen ihre Bettgenossen ratlos zurück. Philosophisch scheint zunächst auch der Umgang mit der Liebe für den in diesen Dingen völlig unerfahrenen Georg zu sein, doch den drei Frauen geht es eher um sinnliche, nicht besitzergreifende Liebe, weshalb Franziska gern ihre Liebe zu Georg mit ihren Wohngenossinnen teilt. Das ist anfangs herrlich frivol, entwickelt sich in der zweiten Hälfte aber zu einer märchenhaften Allegorie über die Zeit, die Liebe und das Leben, wobei die mythischen Dimensionen der Elemente Feuer und Wasser genüsslich ausgespielt und konventionelle Moralvorstellungen über Bord geworfen werden. 

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