Die meisten deutschen Kinogänger können mit dem Namen Rudolf
Thome wahrscheinlich wenig anfangen. Obwohl er seit den später 1960er
Jahren sehr konsequent Filme gemacht hat, konnte er nie auch nur annähernd die
Popularität von Wim Wenders, Werner Herzog, Volker Schlöndorff oder Rainer
Werner Fassbinder erreichen, was ihn allerdings nicht davon abhielt, seine
eigenen – manchmal märchenhaft überhöhten – Vorstellungen von der Liebe auf
Zelluloid zu bannen. Das kommt besonders bei seinem Spätwerk „Pink“ (2009)
zum Ausdruck.
Inhalt:
Die erfolgreiche Dichterin Pink (Hannah Herzsprung)
begeistert bei ihren beliebten Lesungen nicht nur das geneigte Publikum,
sondern weiß auch gleich drei Liebhaber um ihre Gunst buhlen. Nach einer ihrer
Lesungen warten der erfolgreiche Geschäftsmann Carlo (Guntram Brattia),
der aalglatte Verleger Georg (Florian Panzner) und der auf dem Land
lebende Balthazar (Cornelius Schwalm) mit Blumen auf ihre Angebetete.
Als die ehemalige Klosterschülerin mit dem bürgerlichen Namen Susi Bauer bei
einem Gebet die Stimme Gottes vernimmt, die sie anweist, sich endlich zu
entscheiden, versucht sie ihren Liebsten mittels ausgeklügelter Punkteskala zu
ermitteln. Carlo darf sich glücklich schätzen, der Ausgewählte bzw. Punktesieger
zu sein. Doch nachdem die Hochzeitsglocken geläutet haben, ist nach drei Monaten
schon der Scheidungstermin anberaumt. Nun darf sich Georg darauf freuen, den
Bund der Ehe mit Pink einzugehen…
Kritik:
Dass sich Rudolf Thome („System ohne Schatten“, „Der
Philosoph“, „Das Sichtbare und das Unsichtbare“) um Konventionen wenig schert,
wird auch bei seinem 26. Spielfilm „Pink“ besonders deutlich. Das gar nicht
so moderne Märchen über eine Frau, die sich zwischen drei Männern entscheiden
muss, artet bei Thome weder zu einer klassischen romantischen Komödie
aus, noch lässt er sich auf die Spielregeln bewährter Soap Operas ein. Thome
und seine Protagonistin, die von Hannah Herzsprung („Vier Minuten“, „Der
Baader Meinhof Komplex“) angenehm unaufgeregt verkörpert wird, als ganz in ihrer
Kunstfigur aufgehende Persönlichkeit, die mit den Anforderungen des
gewöhnlichen Liebeslebens nicht zurechtkommt. Ihr Ansatz, ihren Ehepartner nach
einem Punktesystem auszusuchen, ist natürlich zum Scheitern verurteilt. Aber Thome
verschwendet keine Zeit damit, die Gründe für das Scheitern zu erläutern. Das
bleibt dann der Fantasie des Zuschauers überlassen. Allerdings wäre „Pink“
nur ein Kurzfilm, wenn Thome bei den nachfolgenden Eheanbahnungen ebenso
verfahren würde. So bekommen wir dann doch noch zunehmend tiefere Einblicke in
Pinks Beziehungsleben, wobei ihre dritte Beziehung fast schon utopische Dimensionen
aufweist. Dieses Märchen wird wieder nicht die große Masse der Kinogänger, aber
Thome-Fans auf jeden Fall ansprechen.
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