Stranger Than Paradise

Der Autorenfilmer Jim Jarmusch ist noch nie ein Freund der schnellen Schnitte und kurzen Einstellungen gewesen. Dass er im Gegensatz zu den meisten seiner Regiekollegen geradezu ein Meister der lakonischen Entschleunigung ist, wird besonders in seinem Frühwerk „Stranger Than Paradise“ (1984) deutlich, das jetzt zusammen mit all den anderen Werken des Independent-Filmers in der „Jim Jarmusch – The Complete Collection“ auf Blu-ray von StudioCanal veröffentlicht wird.
Überraschend kurzfristig kündigt sich bei dem New Yorker Tunichtgut Willie (John Lurie) der Besuch seiner aus Budapest kommenden Cousine Eva (Eszter Balint) an. Nach zehn Tagen soll es für sie weiter nach Cleveland zu Tante Lotte (Cecillia Stark) gehen, doch Willie wäre es lieber, wenn sich Eva nach der ersten Nacht eine eigene Bleibe für ihren Aufenthalt im Big Apple besorgt. Dagegen findet Willies Kumpel Eddie (Richard Edson) schnell Gefallen an der jungen Frau, die von Willie erfolglos dazu animiert wird, sich für den amerikanischen Lifestyle in Form von Football, Faulenzen und Fertiggerichten, die beim Fernsehen verzehrt werden, zu begeistern. Aber wenn Eva schon mal andere Bekanntschaften macht, hängen sich die beiden Aufpasser gleich mit dran und schnorren so auch mal Kinokarten von einem Eva-Verehrer. Ein Jahr später haben Willie und Eddie durch ihre Poker-Schummeleien so viel Geld beiseitegelegt, dass sie Eva in Cleveland besuchen und sie aus der dortigen Tristesse nach Florida mitnehmen wollen. Doch auch dort scheint dem Trio das Leben keine besonderen Höhepunkte außer Hunde- und Pferderennen zu bescheren …
In unaufgeregten Schwarz-Weiß-Bildern erzählt Jim Jarmusch in „Stranger Than Paradise“ eine ganz und gar unspektakuläre Geschichte ohne echten Erzählfluss und Spannungsbögen. Damit greift Jarmusch, der auch das Drehbuch schrieb, auch formal das triste Dasein seiner Protagonisten auf, die ohne Pläne und Ambitionen in den Tag hineinleben. Dass „Stranger Than Paradise“ dennoch gut zu unterhalten versteht, liegt nicht nur an den gelungenen Vorstellungen der drei unbekannten Darsteller (von denen John Lurie aber immerhin als Musiker einen Namen hat und auch für den Soundtrack verantwortlich zeichnet), sondern vor allem an dem humorvollen Drehbuch und der minimalistischen Inszenierung, bei der die einzelnen Szenen nur durch Schwarzbilder getrennt werden und wenige Kameraeinstellungen ausreichen, um die Aufmerksamkeit des Zuschauers auf dem überschaubaren Ensemble zu belassen, das sich fast kammerspielartig und cool durch den Film mäandert. Der Schluss passt mit seinem unaufdringlichen Humor dann auch wieder wunderbar zum ganzen Film, der dank Wim Wenders‘ Unterstützung den Weg von einem Kurzfilm zum abendfüllenden Werk gefunden hat.
"Stranger Than Paradise" in der IMDb

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