Mitternacht im Garten von Gut und Böse

Nachdem sich Clint Eastwood mit gleich vier Filmen in Folge („Erbarmungslos“, „Perfect World“, „Die Brücken am Fluss“ und „Absolute Power“) auch im Regiefach als Meister etabliert hatte, wagte er sich 1997 an die Verfilmung von John Berendts Roman „Mitternacht im Garten von Gut und Böse“, der es immerhin auf über 200 Wochen auf der Bestsellerliste der New York Times gebracht hatte. Doch die Adaption der auf wahren Begebenheiten beruhenden Geschichte ist bei einer Spiellänge von fast zweieinhalb Stunden trotz stimmiger Atmosphäre und toller Schauspielleistungen recht zäh ausgefallen.
Der aus New York stammende Schriftsteller und Journalist John Kelso (John Cusack) wurde vom Magazin „Town & Country“ damit beauftragt, fünfzig Zeilen über die prominent besuchte Weihnachtsparty des neureichen Kunsthändlers Jim Williams (Kevin Spacey) in Savannah zu berichten. Kelso ist nicht nur von Williams‘ Gastfreundschaft, sondern auch vom Charisma seines exzentrischen Gastgebers beeindruckt. Als er Zeuge wird, wie der draufgängerische und betrunkene Billy Hanson (Jude Law) am Weihnachtsabend einen Streit mit seinem Liebhaber Williams vom Zaun bricht, bekommt Kelso bereits ein Gefühl dafür, dass hier mehr als kleiner Artikel über ein gesellschaftliches Ereignis in der Luft liegt. Tatsächlich wird Hanson noch in der selben Nacht erschossen im Arbeitszimmer des Kunsthändlers aufgefunden und Williams wenig später wegen Mordes angeklagt. Kelso verlängert seinen Aufenthalt in Savannah, Georgia, verfolgt die Ermittlungen und den Prozess, bis er glaubt, Stoff für ein zweites Buch zusammen zu haben. Die attraktive Nachtclub-Sängerin Mandy Nicholls (Alison Eastwood) und der Transvestit Chablis Deveau (Lady Chablis) sorgen dafür, dass Kelso seinen Aufenthalt in der Südstaaten-Kleinstadt auch zu genießen vermag …
John Lee Hancock hat bereits das Drehbuch zum erfolgreichen Eastwood-Film „Perfect World“ verfasst. Mit der Adaption der komplexen Romanvorlage zu „Mitternacht im Garten von Gut und Böse“ scheint er allerdings überfordert gewesen zu sein. Regisseur Eastwood, der diesmal darauf verzichtet hat, wie gewöhnlich selbst eine Rolle im Film zu übernehmen, nimmt sich viel Zeit, die Atmosphäre in der hübschen Kleinstadt einzufangen, wobei Minerva (Irma P. Hall) in ihren kurzen Auftritten dafür sorgt, die Allgegenwärtigkeit des Voodoo-Kults ins Bewusstsein des Publikums zu implementieren. Vor allem erweist sich Eastwood aber als Meister der Figurenzeichnung. Was dem Film leider durchweg an Spannungsmomenten abgeht, machen vor allem Kevin Spacey („Die üblichen Verdächtigen“, „House of Cards“) und John Cusack („Con Air“, „High Fidelity“) mit ihrem ausdrucksstarken Spiel wett. Die stärksten Momente gehören allerdings der 2016 verstorbenen Transgender-Performerin The Lady Chablis, die sich selbst spielt und mit ihrer exaltierten Vorstellung für eine Belebung des sonst recht behäbig inszenierten und leider auch sehr vorhersehbaren Plots sorgt. Die wie gewohnt erstklassige Kameraarbeit von Jack N. Green („Twister“, „Erbarmungslos“) und der stimmige Soundtrack mit Stücken von Songwriter Johnny Mercer sorgen noch für Pluspunkte in einem wunderbar gespielten und stimmungsvoll eingefangenen Film, der aber einfach zu lang geraten ist und zu wenige dramatische Höhepunkte und Wendungen aufweist.
"Mitternacht im Garten von Gut und Böse" in der IMDb

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