Hitze und Staub
Die intimen wie aufregenden Briefe ihrer Großtante Olivia (Greta Scacchi) über ihr Leben in Indien in den 20ern haben die britische Journalistin Anna (Julie Christie) neugierig gemacht. Zunächst befragt sie im Jahre 1982 in England den alten, aber lebendig erzählenden Harry Hamilton-Paul (Nickolas Grace), der zu Olivia damals in Indien ein freundschaftliches Verhältnis aufbauen durfte. Sie war als frisch verheiratete Frau des englischen Kolonialbeamten Douglas Rivers (Christopher Cazenove) mit nach Indien gegangen und schnell fasziniert von der indischen Kultur, während die Engländer meist unter sich blieben.
Olivia ließ sich auf eine Affäre mit dem Nabob (Shashi Kapoor) in dessen Palast ein und wurde schwanger. Um sich und ihrem Mann die Schmach zu ersparen, ein andershäutiges Kind zu gebären, ließ sie sich auf eine Abtreibung ein und verschwand schließlich spurlos aus dem Krankenhaus. Als Anna in Indien auf Spurensuche geht, lernt sie den Amerikaner Chid (Charles McCaughan) kennen, der sein altes Leben abgestreift hat und als Bettelmönch seine Erfüllung sucht.
Während sie Chids sexuelle Avancen abweist, lässt sie sich stattdessen auf eine Affäre mit ihrem indischen Vermieter ein Lal (Zakir Hussain) ein und wird wie Olivia schwanger.
James Ivory hat seit jeher eine enge Arbeitsbeziehung mit der 1927 in Köln geborenen, lange Zeit in Indien lebenden britischen Schriftstellerin Ruth Prawer Jhabvala unterhalten, die 1963 mit der Verfilmung ihres Romans „The Householder“ begann und über „The Europeans“, „Hitze und Staub“, „Zimmer mit Aussicht“ und „Was vom Tage übrig blieb“ bis zu „The Golden Bowl“ und „Eine Affäre in Paris“ reicht. James Ivory nähert sich in dem 1983 verfilmten Roman „Hitze und Staub“ einmal mehr der Konfrontation zwischen verschiedenen Kulturen an und macht die Barrieren zwischen den Menschen transparent, die ihren jeweiligen moralischen Vorstellungen verhaftet sind.
In „Hitze und Staub“ sind es vor allem die beiden Frauen Olivia und Anna, die durch die Affären mit Indern und den daraus resultierenden ungewollten Schwangerschaften in ein moralisches Dilemma geraten, für das jede einen ganz eigenen Ausweg sucht. Das Aufeinanderprallen der indischen und europäischen Kultur sowie die Beziehung der Inder zu ihren Kolonialherren hat Ivory in ruhigen, eleganten Bildern festgehalten, die von Richard Robbins' indisch gefärbter Musik wunderschön untermalt werden. Greta Scacchi und Julie Christie brillieren als selbstbewusste Frauen, die sich mit einer ihnen fremden Kultur anfreunden.
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