Only Lovers Left Alive

Wenn sich ein begnadeter Autorenfilmer wie Jim Jarmusch („Broken Flowers“, „Night On Earth“) daran macht, einen Vampirfilm zu drehen, darf getrost davon ausgegangen werden, dass sein Werk weder das „Twilight“-Publikum anspricht, noch den Horror-Fans ein Schlachtfest bereitet wird. Stattdessen präsentiert Jarmusch nach sieben Jahren Entstehungszeit mit „Only Lovers Left Alive“ einen ebenso poetischen und düsteren wie tiefsinnigen und humorvollen Arthouse-Film mit tollen Darstellern und coolem Soundtrack.
Der Rock-Musiker Adam (Tom Hiddleston) hat sich in einer heruntergekommenen Villa im Detroiter Industriegebiet sein kleines Domizil eingerichtet, in dem er tagsüber an seinen Gitarren werkelt und neue Instrumente erfindet, bevor er sich nachts mal vor die Tür traut. Schließlich ist er ein Vampir, der seit Jahrhunderten auf Erden wandelt und die Hoffnung auf eine vernunftbegabte Menschheit längst aufgegeben hat. Auch wenn er sich von den Menschen gern fernhält, vermisst er seine große Liebe Eve (Tilda Swinton), die in Tanger ihr eigenes jahrhundertelanges Leben lebt und sich von ihrem alten Freund Christopher Marlowe (John Hurt) garantiert sauberes Blut in Blut abfüllen lässt. Als sie spürt, dass ihr Liebster immer tiefer in seine Depression hinabzugleiten beginnt, macht sie sich auf den Weg nach Detroit, doch die innigen Momente der Zweisamkeit dauern nicht lang an, denn kaum führt Adam seine Eve durch die verlassenen Straßen seiner Wohngegend, taucht auch schon Eves Schwester Ava (Mia Wasikowska) auf, die so gar nichts von dem abgeschiedenen Leben ihrer Familie hält und sich lieber auf traditionelle Weise ihren Blutvorrat besorgt …
Vampire wie Adam und Eve hat die Welt nicht gesehen. Dabei scheint es nur natürlich, dass Wesen, die seit Jahrhunderten auf der Welt herumgeistern, ein immenses kulturelles Wissen anhäufen. Natürlich ist „Only Lovers Left Alive“ in erster Linie ein Film über ein Vampir-Liebespaar, aber Jim Jarmusch, der schon mit „Dead Man“ und „Ghost Dog“ die Genres des Westerns und des Samurai-Films für sich neu definiert hat und dabei auch seinem Publikum einen neuen Zugang bereitstellte, macht sich einen Spaß daraus, verschiedene Verweise auf die Kulturgeschichte in sein Werk einzustreuen. Das beginnt mit den biblischen Namen seiner Protagonisten, die er allerdings Mark Twains „Die Tagebücher von Adam und Eva“ entliehen hat, und setzt sich mit deutlichen Bezügen zur literarischen Szene und dem Rockmusikzirkus fort.
Es ist einfach herrlich anzuschauen und anzuhören, wie Adam in seinem nostalgisch anmutenden Studio und Wohnzimmer auf seinen seltenen Instrumenten spielt oder wie Eve mit ihrem Freund Christopher Marlowe über literarische Skandale witzelt, zu denen man ja mal einen versteckten Hinweis streuen könnte. Überhaupt erweisen sich Adam und Eve in ihren Gesprächen als äußerst kultivierte Bohemiens, die nicht einfach in den erstbesten Hals beißen, um ihren Blutdurst zu stillen, sondern darauf achten, nur sauberes Blut zu sich zu nehmen. Obwohl Jarmusch seinen Film nur nachts spielen lässt und auch den elegischen Soundtrack recht düster gehalten hat, strahlt „Only Lovers Left Alive“ eine humorvolle Wärme aus, die wunderbar von den fein gezeichneten Figuren transportiert wird. Dem außergewöhnlichen Drehbuch gebührt dafür ebenso Anerkennung wie den starken Performances von Derek Jarmans und Jim Jarmuschs Muse Tilda Swinton („Edward II“, „Michael Clayton“) und Tom Hiddleston („Thor“, „Gefährten“) und dem atmosphärischen dichten Score von Jozef Van Wissem.
"Only Lovers Left Alive" in der IMDb

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