Rebecca

Da für Hitchcock das Filmemachen in England Ende der 1930er Jahre nicht mehr sinnvoll erschien, weil es nicht die geeigneten Studios gab, zog es ihn nach Hollywood, wo er einen Deal über vier Filme mit dem peniblen Produzenten David O. Selznick abschließen konnte. Der war als Bücherliebhaber bekannt und hatte gerade mit „Vom Winde verweht“ (1938) einen Riesenerfolg gelandet. Wie schon sein letzter Film, „Riff Piraten“ (1939), basierte auch Hitchcocks Hollywood-Einstand auf einem Roman von Daphne du Maurier. Ihr 1938 erschienener Roman „Rebecca“ war ein internationaler Bestseller, wurde aber für die Leinwand-Adaption von Hitchcock mit markanten Änderungen versehen. Obwohl es darüber einige Auseinandersetzungen mit Selznick gab und die Produktion von etlichen Problemen überschattet wurde, avancierte „Rebecca“ zu einem internationalen Erfolg, wurde für elf Oscars nominiert und gewann die begehrte Trophäe schließlich für den besten Film und die beste Kamera in einem Schwarzweißfilm.
Als die schüchterne Gesellschafterin (Joan Fontaine) mit ihrer Arbeitgeberin Mrs. Van Hopper (Florence Bates) in Monte Carlo verweilt, lernt sie den wohlhabenden Maxim de Winter (Laurence Olivier) kennen, in den sie sich sofort verliebt. Obwohl Maxim noch sichtlich vom Tod seiner ersten Frau gezeichnet ist, deren Leiche er vor einem Jahr identifizieren musste, nachdem sie mit ihrem Boot aufs Meer hinausgefahren war und dort verunglückte, macht er der jungen Frau noch in Monte Carlo einen Heiratsantrag und bringt sie nach den Flitterwochen auf sein berühmtes Anwesen Manderley in Cornwall. Die imposanten Räumlichkeiten schüchtern die neue Mrs. de Winter noch mehr ein, vor allem aber die grimmige Haushälterin Mrs. Danvers (Judith Anderson), die die verunglückte erste Mrs. de Winter abgöttisch geliebt hatte.
Überhaupt scheint alles in Mandalay die neue Mrs. de Winter an die verstorbene Rebecca de Winter zu erinnern, auch wenn der von ihr bewohnte Westflügel seit ihrem Tod verlassen daliegt. So allmählich kommen auch Maxim Zweifel, ob er mit der neuen Heirat die richtige Entscheidung getroffen hat, zumal bei der Bergung einer Wasserleiche auch das gesunkene Boot der Verstorbenen mit Rebeccas Leiche auftaucht und der mutmaßliche Unglücksfall von der Polizei erneut untersucht wird …
Während Hitchcock aus seiner britischen Heimat gewohnt gewesen war, Romanvorlagen recht frei für seine Filme umzuschreiben, legte David O. Selznick gesteigerten Wert darauf, den Romanen absolut treu zu bleiben. Für Hitchcock war du Muriers Roman jedoch eine humorlose, altmodische Geschichte, die er durch einige Veränderungen im Ton, bei den Charakteren und Schauplätzen sowie in der Handlung nach seinen Vorstellungen umformte, fügte schließlich nur einen humorvolleren Ton an. Allerdings bleibt „Rebecca“ ein sehr düsteres Werk, das Hitchcock ganz bewusst im Gegensatz zur erfolgreichen „Vom Winde verweht“-Produktion in Schwarzweiß drehte, um die Kontraste zwischen der unbeholfenen, zurückhaltenden jungen Frau und dem einschüchternden Anwesen Mandalay und den düsteren Geheimnissen zu verstärken, die das Haus und die darin lebenden Menschen in sich tragen.
Da die Geschichte aus der Perspektive der namenlosen Gesellschafterin erzählt wird, die plötzlich in ein ganz anderes Milieu einheiratet, überträgt sich ihre Unsicherheit auch auf das Publikum, das die wahre Geschichte der Verstorbenen so erfährt, wie die zweite Mrs. de Winter die einzelnen Puzzle-Teile zusammensetzt. Während sich der Großteil des Films um die psychischen Befindlichkeiten von Maxim und seiner zweiten Frau dreht, entwickelt er sich nach der Entdeckung von Rebeccas richtiger Leiche zu einem echten Kriminalfall, bei der Maxim Rebeccas Geliebten beschuldigt wird, sie umgebracht zu haben. Bei dem psychologischen Drama stehen aber auch Maxim und seine Haushälterin Mrs. Danvers im Fokus. Interessant arbeitet Hitchcock hier die feinen Nuancen ihrer jeweiligen Einstellungen Rebecca gegenüber heraus, führt den Zuschauer in langen Einstellungen auch auf falsche Fährten, bis die Geheimnisse im Finale gelüftet werden und zu einer handfesten Katastrophe führen. Aus diesen selten zutage tretenden Emotionen resultiert letztlich die Spannung des Films, der Hitchcock in Hollywood umgehend zu einem begehrten Regisseur machte.
"Rebecca" in der IMDb

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