Dogtooth
Aus unerfindlichen Gründen schottet ein wohlhabender Industrieller (Christos Stergioglou) mit seiner Frau (Michelle Valley) die drei erwachsenen Kinder (Aggeliki Papoulia, Mary Tsoni, Hristos Passalis) komplett von der Außenwelt ab. Die Drohung, dass außerhalb der blickdichten Zäune Bestien und Monster lauern, genügt, um die Schützlinge willfährig zu halten. Ihre Zeit vertreiben sich die beiden jungen Frauen und ihr Bruder mit allerlei abstrusen Wettbewerben, deren Gewinner mit Stickern belohnt werden, die wiederum über die Auswahl des Abendprogramms entscheiden.
Einzig die Sicherheitsangestellte Christina (Anna Kalaitzidou), die - obwohl freiwillig - wie ein
Entführungsopfer mit Augenbinde zum Haus eskortiert wird, bildet die einzige Abwechslung aus der fremden Außenwelt, die den Sohn mit Beischlaf beglückt und sich ihre eigene sexuelle Befriedigung bei den Schwestern im Tausch gegen Kleinigkeiten besorgt.
In nüchternen Bildern und mit leisem Ton inszenierte der griechische Regisseur Giorgos Lanthimos mit "Dogtooth" eine ebenso witzige wie beängstigende Familien-Groteske, die auf beeindruckend schnörkellose Weise demonstriert, was die Isolierung einer Familie mit den Möglichkeiten von Inzest
und eigenen sozialen Regeln anrichten kann. An sich lustvolle sexuelle Akte werden überaus mechanisch ausgeführt und entbehren jeder Sinnlichkeit. Begriffe wie Zombies und Karabiner erhalten durch die Erziehung der Eltern ganz neue Bedeutungen. Doch am schaurigsten wirkt wahrscheinlich die Gelassenheit und Zufriedenheit, mit der sich drei erwachsene Menschen ihrem Schicksal in Gefangenschaft ergeben. Doch als die eine Tochter zwei Videocassetten in ihren Besitz bringt und der Sohn eine kleine Katze im Garten massakriert, findet die Unschuld ein jähes Ende.
Diesen schleichenden Schrecken hat Lanthimos in sehr ruhigen, abgeklärten Bildern eingefangen, dabei auf Musik, sofern sie nicht zur Szene gehört, gänzlich verzichtet, was dem späteren Ausbruch an Aggressionen eine zusätzliche Schärfe verleiht. "Dogtooth" ist ein höchst verstörender, nichtsdestotrotz unterhaltsamer Film, der 2009 zurecht eine Oscar-Nominierung für den besten nicht-englischsprachigen Film erhielt.
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