Die kommenden Tage

Finanzkrise, Natur- und Nuklearkatastrophen, die ständigen Bedrohungen durch den Terrorismus, Umstürze, Kriege und Krisen in Irak, Libyen und Ägypten – die Zukunftsperspektiven sehen längst nicht mehr so rosig aus, wie wir es uns erhofft haben. Während Hollywood mit Endzeit-Spektakeln wie "2012", "The Book Of Eli" oder "The Day After Tomorrow" eher den Katastrophen-Voyeurismus bedient, ist aus deutschen Landen bislang wenig an futuristischen Visionen auf der Leinwand zu sehen gewesen. Mit "Die kommenden Tage" hat Drehbuchautor und Regisseur Lars Kraume ("Keine Lieder über Liebe") einen erschreckend aktuellen wie beunruhigenden Film inszeniert, der sich mit den gesellschaftlichen Veränderungen, die Ölkriege, Finanzkrisen und Terrorangst auf ganz persönlicher Ebene auseinandersetzt. 
Es kriselt mächtig in der gutbetuchten Berliner Familie des mächtigen Wirtschaftsjuristen Walter Kuper (Ernst Stötzner). Im Jahre 2012 steht die Ehe mit seiner Frau Martha (Susanne Lothar) vor der Scheidung, obwohl der Vaterschaftstest wenigstens bestätigt, dass er tatsächlich der Vater des jüngsten Sprösslings Philip (Vincent Redetzki) ist. Kupers Töchter Laura (Bernadette Heerwagen) und Cecilia (Johanna Wokalek) teilen die vom Vater finanzierte Luxuswohnung, haben aber wenig gemeinsam. Die junge Studentin Laura verliebt sich in den jungen Anwalt Hans (Daniel Brühl), der wegen einer Augenerkrankung bei Lauras Vater gekündigt hat, damit er seine noch mit voller Sehkraft verbleibende Zeit dem Studium seiner geliebten Vogelwelt widmen kann. Die ziellose Cecilia wird von ihrem Freund Konstantin (August Diehl) eher widerwillig in immer radikalere Kreise gezogen, bis einige Jahre später die terroristische Gruppe Schwarze Stürme sie dazu auswählt, bei einem Polizeieinsatz Unschuldige zu töten und so zu Märtyrern zu machen. 
Ausgerechnet am Hochzeitstag verliert Laura ihr Baby, weil Hans und sie genetisch nicht miteinander kompatibel sind. Als Konstantin von seinem Aktivisten-Einsatz in Paris zurückkehrt, geht er mit Laura eine Beziehung ein, um so eine bürgerliche Tarnung zu erhalten, und Laura kann endlich ihren Kinderwunsch erfüllen. 
Innerhalb von drei Zeitebenen, die in den Jahren 2012, 2016 und 2020 angesiedelt sind, entwickelt Lars Kraume ein intensiv von allen Beteiligten gespieltes Familienepos, das angesichts der aktuellen gesellschaftspolitischen Herausforderungen vor dem Hintergrund möglicher Zukunftsszenarios durchaus nachdenklich stimmt. Bei aller pessimistischer Note, die u.a. in Form der neuen Terror-Gruppe Erinnerungen an die RAF wachruft, stehen jedoch die Einzelschicksale der beiden Kuper-Töchter und ihrer Freunde im Mittelpunkt. Es wird dabei nicht immer deutlich herausgearbeitet, was in den Jahren zwischen den Zeitsprüngen alles passiert ist, doch für die Handlung und die Charakterisierung der Figuren ist das nicht weiter tragisch. 
"Die kommenden Tage" bietet eine spannende Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Zukunftsvisionen, vor allem aber auch ein emotional aufwühlendes Drama, in dessen Mittelpunkt ganz unterschiedliche Charaktere stehen, in die sich der Zuschauer mal mehr, mal weniger hineinversetzen mögen wird.  

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