Moebius - Die Lust, das Messer

Sex und Gewalt sind immer wieder ein prägendes Thema in den Filmen des südkoreanischen Regisseurs Kim Ki-duk („Seom – Die Insel“, „Pieta“) gewesen. Aber so drastisch wie in seinem neuen Werk „Moebius – Die Lust, das Messer“ hat Ki-duk das Zusammenspiel von familiärer Zerrüttung, gestörter Kommunikation und exzessiver Gewalt bislang nicht inszeniert.
Nachdem sie dahintergekommen ist, dass ihr Mann (Jo Jae-Hyeon) eine Affäre unterhält, will sich seine Frau (Eun-woo Lee) nicht nur einfach rächen, sondern ihrem Gatten gleich die Männlichkeit rauben. Der Überfall mit dem Messer wird von dem vermeintlichen Opfer jedoch vereitelt, nun muss ihr Sohn (Young Ju Seo) für den Misserfolg büßen. Entsetzt darüber, dass seine Frau dem Jungen nicht nur den Penis abgeschnitten, sondern auch gegessen hat, will der Mann Wiedergutmachung an seinem Sohn leisten, informiert sich über Penistransplantationen und sexuelle Ersatzbefriedigungen. Tatsächlich findet der junge Mann in einer Kassiererin eine willige Gespielin, doch damit ist die familiäre Situation längst nicht bereinigt. Als die Frau erfährt, was ihr Mann alles in die Wege geleitet hat, um dem Sohn eine halbwegs normale sexuelle Zukunft zu ermöglichen, kommt es zur Katastrophe …
Schon in den ersten Szenen von „Moebius – Die Lust, das Messer“ wird klar, dass im Zentrum von Ki-duks neuen Werk eine Familie im Zentrum des Geschehens steht, die sich nicht mehr viel zu sagen hat. Tatsächlich kommt der Film ohne eine einzige Dialogzeile aus. Stattdessen werden die fehlgeleiteten Emotionen der Protagonisten mit schadenfreudigem Lachen, schmerzvollem Wimmern oder tränenreichen Wutausbrüchen artikuliert. Was sich die nicht nur kommunikationsgestörten Familienmitglieder im weiteren Verlauf alles antun, entbehrt nicht einer gewissen Ironie und schlägt sie absurdesten Haken und entlädt sich einer Spirale aus nicht immer freiwilliger Sexualität, Schmerz und blutiger Gewalt. Diese archetypischen Prozesse fängt Kim Ki-duk mit ganz unaufgeregten Bildern aus der Handkamera ein. Die Geschichte, die die Sehnsüchte, Ängste und Leidenschaften einer maroden Gesellschaftsstruktur seziert, lebt dabei eindrucksvoll durch all das, was eben nicht ausgesprochen wird, was auch nicht in Worte gefasst werden kann, schon gar nicht von den direkt Beteiligten. Geradezu hilflos irren die Blicke der Betroffenen hin und her, als könnten sie ihr eigenes Tun nicht verstehen, das immer mehr Leid verursacht. In seiner kargen Filmsprache erweist sich „Moebius – Die Lust, das Messer“ als radikales Meisterwerk über die zerstörerischen Triebe der menschlichen Rasse, die nicht mal vor der eigenen Familie Halt machen.
"Moebius" in der IMDb

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