A Bigger Splash

Jacques Derays Krimi-Drama „Der Swimmingpool“ aus dem Jahre 1969 mit Alain Delon, Romy Schneider und Jane Birkin in den Hauptrollen ist längst zu einem Klassiker avanciert und hat auch seinen Landsmann François Ozon 2003 zu seinem Film „Swimming Pool“ inspiriert, der weniger ein Remake als eine eigene Version der Geschichte darstellte.
Nun hat sich der italienische Drehbuchautor, Produzent und Regisseur Luca Guadagnino („Ich bin die Liebe“) Derays Vorlage angenommen und das Geschehen nach Süditalien verlagert. Herausgekommen ist ein erotisch aufgeladenes, stark gespieltes Drama vor malerischer Kulisse.
Auf der süditalienischen Insel Pantelleria nehmen sich Rockstar Marianne (Tilda Swinton) und ihr Lebensgefährte Paul (Matthias Schoenaerts) eine längere Auszeit, nachdem Marianne ihre Stimme eingebüßt hat und Paul mit seinem Dokumentarfilm auch nicht recht weiterkommt. Doch die wohltuende Zweisamkeit mit Liebesspielen im Swimmingpool und Schlammkuren am kleinen See endet abrupt, als sich der exaltierte Musikproduzent Harry (Ralph Fiennes) mit seinem Besuch ankündigt – im Schlepptau seine erst jüngst entdeckte kecke Tochter Penelope (Dakota Johnson).
Dass vor allem Paul Probleme mit Harrys plötzlichen Auftritt hat, ist der gemeinsamen Vergangenheit geschuldet: Paul hat Harry bei einem Interview kennengelernt, als Harry gerade das neue Album seiner damaligen Freundin Marianne aufnahm, und durch Harry schließlich auch Marianne kennen und lieben gelernt. Während Marianne seit Jahren sehr glücklich mit Paul ist, scheint Harry das Ende seiner Beziehung zur charismatischen Sängerin nie verwunden zu haben. Durch seine extrem aufdringliche, laute und überschwängliche Art bestimmt Harry fortan das Geschehen in der idyllisch gelegenen Villa und hält sich kaum zurück, die alten Zeiten wieder aufleben zu lassen.
Tatsächlich ist Marianne immer noch fasziniert von der sprudelnden Energie ihres ehemaligen Geliebten und verbringt mit ihm schließlich den Tag, während Paul und Penelope einen langen Spaziergang zum See unternehmen. Als sich die Vier abends wieder zum Abendessen treffen, entlädt sich die spannungsgeladene Atmosphäre in Verdächtigungen, Beleidigungen und schließlich Gewalt …
Guadagnino, der über Tilda Swinton bereits den kurzen Dokumentarfilm „Tilda Swinton: The Love Factory“ (2002) und schließlich mit ihr sein erotisches Drama „Ich bin die Liebe“ (2009) realisiert hat, führt seine Hauptdarstellerin als leicht zerbrechlich wirkende Frau in den besten Jahren ein, die mit ihrem weitaus jüngeren Lebensgefährten eine ebenso lustvolle wie entspannte Zeit auf einer kaum bevölkerten Insel verlebt. Daran ändert auch der Verlust ihrer Stimme nichts, die sie erst allmählich mit Hilfe von Medikamenten wiederzufinden scheint.
Durch Harrys unvermittelten Besuch wird diese fast wortlos gelebte Harmonie empfindlich gestört, denn von nun an bestimmt er mit lautem Gebaren und Gerede nahezu im Alleingang das Geschehen. In kurzen Rückblenden gewährt der Regisseur den Zuschauern Einblicke in die Vergangenheit der ungewöhnlichen Konstellation, allerdings nur insofern, dass in Momentaufnahmen die frühere Beziehung zwischen Harry und Marianne und das Kennenlern-Szenario zwischen Paul, Harry und Marianne skizziert wird.
Während also bald offensichtlich wird, warum die Beziehung zwischen den drei Erwachsenen so emotional aufgeladen ist, beobachtet die junge Penelope das Geschehen eher interessiert aus der Distanz, wobei sich die beiden Frauen eher kritisch beäugen und Penelope Pauls Nähe zu suchen beginnt. Geschickt verlagert Guadagnino die Gewichte in der schwierigen Konstellation, lässt sich Harry und Marianne auf der einen Seite, Paul und Penelope auf der anderen einander annähern, um so für Misstrauen und Eifersucht in den etablierten Beziehungen zu sorgen. Allerdings liegt hier der Schwerpunkt eindeutig bei Harry und Marianne, während Paul und Penelope eher am Rand der Geschichte agieren, was der dramatischen Entwicklung etwas den Reiz und die Spannung nimmt.
Recht sinnfrei wirkt auch der zum Schluss hergestellte Bezug zu der Flüchtlingskrise auf Lampedusa, die die Auflösung des Kriminalfalls letztlich ins Abseits drängt. Davon abgesehen überzeugt Guadagninos Remake mit einer starken sinnlichen Ausstrahlung, einem entfesselt aufspielenden Ralph Fiennes („Schindlers Liste“, „Das Ende einer Affäre“), einer großartigen Tilda Swinton („Moonrise Kingdom“, „Only Lovers Left Alive“) in einer ambivalent angelegten Rolle und einer geschmackvollen Inszenierung vor traumhafter Kulisse.
"A Bigger Splash" in der IMDb

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