Der Moment der Wahrheit

Investigativer Journalismus zählt im Rahmen der freien Meinungsäußerung und als Kontrollmedium für die regierenden Instanzen nicht nur zu den Grundpfeilern einer funktionierenden Demokratie, sondern bietet zum Glück auch immer wieder Stoff für packende Kinofilme, wie nicht nur Alan J. Pakulas Oscar-prämiertes Meisterwerk „Die Unbestechlichen“ (1976) bewies, sondern in der Folge auch die John-Grisham-Verfilmung „Die Akte“ (1993 ebenfalls von Pakula inszeniert), Ron Howards „Frost/Nixon“ (2008) oder Barry Levinsons Satire „Wag The Dog“ (1997).
Dass James Vanderbilt ebenfalls einen ausgeprägten Sinn für spannende Reporter-Geschichten besitzt, demonstrierte er bereits mit seinem Drehbuch zu David Finchers Meisterwerk „Zodiac“. Zu „Der Moment der Wahrheit“ schrieb er nicht nur das Skript auf der Grundlage von Mary Mapes‘ Biografie „Truth and Duty: The Press, the President, and the Privilege of Power“, sondern führte auch die Regie bei dem prominent besetzten Medien-Polit-Thriller.
Als die renommierte CBS-News-Produzentin Mary Mapes (Cate Blanchett) den Sendeverantwortlichen das Thema ihrer neuen Reportage skizziert, sind diese ebenso Feuer und Flamme wie der altehrwürdige Nachrichtensprecher Dan Rather (Robert Redford), mit dem seit Jahren eng an dem Reportagen-Format „60 Minutes“ zusammenarbeitet. Zusammen mit dem ambitionierten Jungreporter Mike Smith (Topher Grace), der Journalismus-Dozentin Lucy Scott (Elisabeth Moss) und dem ehemaligen Soldaten Lt. Colonel Roger Charles (Dennis Quaid) geht Mapes nämlich Informationen nach, nach denen George W. Bush den Einfluss seiner Familie geltend gemacht hat, um während seiner Militärdienstzeit im Jahr 1968 nicht nach Vietnam zu müssen. Stattdessen wurde der spätere Präsident der USA in die Nationalgarde versetzt. Mapes und ihre Kollegen machen sich im Jahr 2004 daran, Dokumente zu verifizieren, die belegen, dass Bush seine militärischen Pflichten verletzt hat, und Zeugen zu finden, die Bushs Fehlverhalten vor der Kamera bezeugen. Als alle Dokumente geprüft und entsprechende Experten und Zeugen ihre Aussagen gemacht haben, geht „60 Minutes“ auf Sendung und sorgt nicht nur landesweit für ein gewaltiges Aufsehen. Doch dann behaupten einige Blogger, dass die präsentierten Dokumente gefälscht worden seien …
In Barry Levinsons Satire „Wag The Dog“ inszeniert das Wahlkampfteam einen fiktiven Krieg, um die Öffentlichkeit und Medien von einer Sexaffäre abzulenken, die die Wiederwahl des amtierenden US-Präsidenten in zwei Wochen gefährden könnte. Auf ganz ähnliche Weise funktioniert das Kreuzfeuer, in das das „60 Minutes“-Team nach ihrer brisanten Reportage auf CBS gerät. Statt des Präsidenten und seiner Weigerung, in den Vietnam-Krieg zu ziehen, stehen nun die Aushängeschilder des CBS-Nachrichtenteams am Pranger.
In seinem Regiedebüt zeigt Vanderbilt die besonderen Herausforderungen, aber auch die anstrengenden Alltagsrecherchen, die anspruchsvolle, der Wahrheit verpflichtete Journalisten zu bewältigen haben. Wie das „60 Minutes“-Team die benötigten Informationen beschafft, unzählige Telefonate führt, Expertengutachten erstellen lässt, mögliche Interviewpartner aufsucht und nach dem alles entscheidenden Beweis für Bushs Fehlverhalten fahndet, ist ebenso interessant wie kurzweilig aufbereitet. Spannung wird hier schon durch den kurzfristig angesetzten Sendetermin und die langwierige Suche nach dem letzten Puzzleteil erzeugt, dann durch die Anschuldigung, gefälschte Dokumente präsentiert zu haben.
Ab diesem Moment ist es nicht nur interessant, wie das Reporter-Team auf einmal Schwierigkeiten bekommt, die Echtheit dieser Dokumente letztgültig zu beweisen, sondern auch die Art und Weise, wie sich der CBS-Vorstand von seinen Reportern distanziert und eine eigene Kommission zur Wahrheitsfindung ins Leben ruft.
Hier trumpft Cate Blanchett („Blue Jasmine“, „Carol“) vor allem in einem flammenden Schlussplädoyer auf, zieht die Aufmerksamkeit des Publikums aber auch jederzeit sonst ganz auf sich. An ihrer Seite brilliert Robert Redford („All Is Lost“, „The Company You Keep“) als routiniertes CBS-Urgestein, der sich kaum aus der Ruhe bringen lässt. Leider bleiben dafür alle anderen Figuren recht blass. Während wenigstens Topher Grace („Spider-Man 3“, „Interstellar“) im Finale ebenfalls ein leidenschaftliches Plädoyer für journalistische Courage halten darf, dienen die übrigen „60 Minutes“-Teammitglieder als bloße Staffage. Die politische Seite des Skandals bleibt leider auch völlig außen vor. Davon abgesehen bietet „Der Moment der Wahrheit“ allerdings erstklassig inszenierte und gespielte Medien-Thriller-Drama-Unterhaltung, die Universum Film am 7. Oktober auf DVD und Blu-ray veröffentlicht.
"Der Moment der Wahrheit" in der IMDb

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