Broadchurch - Staffel 3

Es heißt Abschied zu nehmen von einem charismatischen Ermittler-Duo und den Problemen und Verbrechen in der kleinen englischen Küstengemeinde Broadchurch. In der dritten und finale Staffel der vom britischen Sender ITV produzierten Serie „Broadchurch“ bekommen es Alex Hardy und Ellie Miller mit einem komplizierten Fall von Vergewaltigung zu tun, der einmal mehr das Zusammengehörigkeitsgefühl in der beschaulichen Kleinstadt auf den Prüfstein stellt.
Die in Scheidung lebende Anfang Fünfzigjährige Trish Winterman (Julia Hesmondhalgh) zeigt bei der Polizei an, dass sie vergewaltigt worden ist, aber keine Angaben zum Täter machen kann, weil sie erst von hinten bewusstlos geschlagen und dann gefesselt und geknebelt worden ist. Wie die anschließende ärztliche Untersuchung und die kriminaltechnischen Ermittlungen ergeben, wurde die Tat bereits einige Tage zuvor begangen, und zwar auf der Geburtstagsparty von Trishs fünfzigjähriger Freundin und Arbeitskollegin Cath Atwood (Sarah Parish). Da sich auf der Party auf einem gemieteten, abgeschieden gelegenen Landgut gut fünfzig Männer befanden, haben DI Alex Hardy (David Tennant) und DS Ellie Miller (Olivia Coleman) einige Befragungen zu tätigen.
Sehr bald kristallisieren sich unter den Partygästen jedoch einige Tatverdächtige heraus: Trishs eifersüchtiger Noch-Ehegatte Ian (Charlie Higson) hat eine Spionage-Software auf dem Computer installieren lassen und kann mit der Trennung schwer umgehen. Der Taxifahrer Clive Lucas (Sebastian Armesto) legt ein falsches Alibi vor, Trishs Chef Ed Burnett (Lenny Henry) entpuppt sich als ihr Stalker, und mit Aaron Mayford (Jim Howick) ist auch noch ein vorbestrafter Sexualstraftäter vor wenigen Wochen nach Broadchurch gezogen. Aber auch Jim (Mark Bazeley), der Mann von Trishs bester Freundin Cath, zählt zum Kreis der Verdächtigen, als sich herausstellt, dass er am Morgen vor der Party mit Trish geschlafen hatte.
Der Fall erregt auch außerhalb von Broadchurch mediales Interesse, allerdings kann sich die ambitionierte Journalistin Maggie Radcliffe (Carolyn Pickles), die gerade erst ein Buch über den Mord an Danny Latimer veröffentlicht hat, nicht mit dem neuen Kurs der Zeitung anfreunden, für die sie in Broadchurch tätig ist.
Der Tod ihres Sohnes hat die Latimer-Familie entzweit. Während Mark Latimer (Andrew Buchan) herauszufinden versucht, wo Dannys Mörder Joe untergetaucht ist, der durch einen Verfahrensfehler nicht verurteilt werden konnte, um ihn für seine Tat selbst zur Rechenschaft zu ziehen, engagiert sich seine Frau Beth (Jodie Whittaker) in der Opferhilfe und betreut Trish bei der Bewältigung ihres Traumas durch die Vergewaltigung. Als sich während der Ermittlungen mit Laura (Kelly Gough) eine weitere Frau meldet, die vor zwei Jahren unter ähnlichen Bedingungen vergewaltigt worden ist, stehen Hardy und Miller unter Erfolgsdruck, denn wenn ein Serientäter in Broadchurch unterwegs ist, kann jede Frau das nächste Opfer sein …
Nach der etwas schwächeren zweiten Staffel nimmt „Broadchurch“ in der leider schon letzten Staffel wieder ordentlich Fahrt auf, und dies ausgerechnet mit dem emotional aufwühlenden Fall einer Vergewaltigung. Denn im Gegensatz zu einem Mord bekommt der Zuschauer hier das Leid des Opfers viel intensiver zu spüren. Es ist den Serienschöpfern von „Broadchurch“ hoch anzurechnen, dass sie dieses Thema auf psychologisch feinsinnige Weise umgesetzt und nicht den brutalen Akt der Tat selbst reißerisch als Aufhänger in Szene gesetzt haben. Zudem wirkt die eindrucksvoll von Julia Hesmondhalgh gespielte Trish weder vom Aussehen noch vom Alter her nicht als typisches Vergewaltigungsopfer, so dass sich die Empathie des Zuschauers ganz auf das Opfer konzentrieren kann, ohne dass Gedanken aufkommen, dass eine junge, attraktive Frau die Tat durch ihr freizügiges Auftreten provoziert haben könnte.
Durch die Männer-lastige Party-Gesellschaft gestaltet sich die Tätersuche entsprechend langwierig, was den Autoren aber viel Zeit gibt, die verschiedenen Personen und ihre Beziehungen zueinander zu charakterisieren, was ohnehin die Stärke von „Broadchurch“ ausmacht. Neben all den problematischen Beziehungen in den Ehen wird vor allem das frauenfeindliche Verhalten der Männer thematisiert, angefangen bei Caths Ehemann Jim, der jede Gelegenheit nutzt, eine Frau flachzulegen – selbst auf der Party seiner Frau -, über den Taxifahrer Clive, den verurteilten Straftäter bis hin zu Millers pubertierenden Sohn Tom (Adam Wilson), der sich mit seinen Kumpels Pornos auf den Handys teilt. Darunter hat auch Hardys Tochter Daisy (Hannah Rae) zu leiden, die so unvorsichtig gewesen ist, ein kompromittierendes Selfie auf ihrem Handy gehabt zu haben, das unter den Jungs schnell die Runde gemacht hat.
Die finale „Broadchurch“-Staffel macht auf erschütternde Weise deutlich, mit welchem (Miss-)Verständnis Männer oftmals davon ausgehen, ihren Sexualtrieb ohne Rücksicht auf ihre jeweilige Partnerin ausleben zu dürfen. Die acht Folgen zeigen aber auch auf, wie schwierig es ist, Beziehungen aufrechtzuerhalten, wenn schwerwiegende Vorfälle die Gemüter der Beteiligten nachhaltig geschädigt haben. Mit all diesen Problemen gehen die „Broadchurch“-Macher sehr subtil und feinfühlig um. Mit dem hervorragenden Cast, der von den beiden so unterschiedlichen Ermittlern angeführt wird, dem ausgefeilten Plot und nicht zuletzt durch Ólafur Arnalds' gefühlvoller Musik zählt „Broadchurch“ definitiv zu den besten Krimi-Serien der letzten Jahre und hinterlässt nach nur drei Staffeln schon jetzt eine bedauerliche Lücke in der Serienwelt.
"Broadchurch" in der IMDb

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