Jagd auf Roter Oktober

Als der amerikanische Schriftsteller Tom Clancy 1984 sein Thriller-Debüt „Jagd auf Roter Oktober“ veröffentlichte, war der Kalte Krieg noch nicht zu Ende, Gorbatschow nicht an der Macht, Glasnost und Perestroika unbekannt. Sechs Jahre später, als sich „Stirb langsam“-Regisseur John McTiernan des Bestsellers annahm, sah die Welt schon anders aus. Und so wirkt sein packendes U-Boot-Drama „Jagd auf Roter Oktober“ im Nachhinein wie eine fiktive Aufarbeitung von Ereignissen, die deutlich machen, dass es auch anders hätte ausgehen können. Mit der hier durch den jungen Alec Baldwin verkörperten CIA-Analysten Jack Ryan hat Clancy jedenfalls eine charismatische Figur kreiert, die nicht nur in den nachfolgenden Filmen „Die Stunde der Patrioten“, „Das Kartell“ und „Der Anschlag“ im Zentrum der Geschichte stehen sollte, sondern gerade erst durch Amazon Studios zum Serienhelden avanciert ist.
Das sowjetische U-Boot „Roter Oktober“ befindet sich unter dem legendären Kapitän Marko Ramius (Sean Connery) auf einer geschichtsträchtigen Mission. Im Gegensatz zu den vergeblichen Versuchen der Amerikaner, einen lautlosen U-Boot-Antrieb zu erfinden, ist die „Roter Oktober“ mit einem solchen ausgestattet und in der Lage, von Sonaren unbemerkt bis zur amerikanischen Küste vorzudringen, um einen atomaren Erstschlag auszuführen. Allerdings nutzen Ramius und seine Gefolgsleute, darunter sein Freund und Kapitän Borodin (Sam Neill), das neue System dazu, auch vor den Russen vom Radar zu verschwinden. Während der verzweifelte Sowjet-Botschafter Andrei Lysenko (Joss Ackland) vor dem amerikanischen Sicherheitschef Jeffrey Pelt (Richard Jordan) zugeben muss, dass ihnen ein Schiff mit Kurs auf die Ostküste der USA verloren gegangen ist, soll CIA-Analyst Jack Ryan (Alec Baldwin) herausfinden, was von Ramius‘ Manövern zu halten ist. Dazu lässt er sich auf die USS Dallas bringen, wo er den Kommandanten Bart Mancuso (Scott Glenn) davon überzeugen muss, dass Ramius wahrscheinlich gar keinen Angriff auf die USA plant, sondern mit seinen Offizieren überlaufen will. Das wiederum wollen die Russen mit aller Macht verhindern und setzen Captain Tupolev (Stellan Skarsgård) darauf an, die „Roter Oktober“ zu zerstören …
John McTiernan hat bereits mit seinen beiden vorangegangenen Filmen „Predator“ (1987) und „Stirb langsam“ (1988) bewiesen, dass er ein erstklassiger Spannungs-Regisseur ist. Dabei kommt auch seine Adaption von Tom Clancys „Jagd auf Roter Oktober“ nahezu ohne Action aus, sondern bezieht seine Spannung einzig aus dem vertrackten Schachspiel, das letztlich Ramius und Ryan unter Wasser miteinander spielen. Welche Verwirrung der lautlose U-Boot-Antrieb sowohl bei den Amerikanern als auch bei den Sowjets sorgt, ist dabei großartige inszeniert, beginnend bei dem Sonar-Spezialisten Jones (Courtney B. Vance) über die Erläuterungen eines mit Ryan befreundeten Ingenieurs bis zu den abenteuerlichen U-Boot-Manövern, die einfach gekonnt inszeniert worden sind. Vor allem überzeugt der Film aber durch die bis in die kleinsten Nebenrollen grandios besetzten Figuren, von denen Ryans Vorgesetzter Admiral Greer (James Earl Jones) leider nur wenig Leinwandzeit erhält, dafür aber in den beiden nachfolgenden Filmen mit Harrison Ford in der Rolle des Jack Ryan mit mehr Präsenz ausgestattet wird.
Die politischen Schachzüge sind dabei ebenso unterhaltsam gelungen wie die Gefechte und Manöver unter Wasser. Hier geben der engagiert für Ramius‘ Asyl kämpfende Jack Ryan und der raffiniert wie ruhig agierende Ramius ein feines Stelldichein, jeweils toll gespielt von Alec Baldwin und Sean Connery. Die wundervollen Bilder von Jan de Bont („Black Rain“, „Basic Instict“) und der hymnische Score von Basil Poledouris („Conan, der Barbar“, „Free Willy“) tragen ihren Teil dazu bei, dass „Jagd auf Roter Oktober“ bis heute nichts von seiner Faszination verloren hat.
"Jagd auf Roter Oktober" in der IMDb

Kommentare

Beliebte Posts