The Ballad of Buster Scruggs

Seit ihren ersten Erfolgen mit Filmen wie „Blood Simple“ (1984), „Barton Fink“ (1991), „Fargo“ (1996) und „The Big Lebowski“ (1998) sind die Gebrüder Joel und Ethan Coen für ihren sehr speziellen Humor bekannt, der auch in ihrer Western-Anthologie „The Ballad of Buster Scruggs“ zum Tragen kommt. Ursprünglich als Mini-Serie für Netflix geplant, wurden die insgesamt sechs Kurzfilme dann doch zu einem knapp mehr als zweistündigen Film zusammengeschnitten, der zwar einige typische Coen-Elemente enthält, als Anthologie qualitativ recht unterschiedlicher Filmchen aber nicht an ihre Kinofilme heranreicht.

In seiner weißen Cowboy-Kluft und mit der Gitarre in der Hand sieht der wortgewandte, mit verschiedenen Spitznamen versehene Buster Scruggs (Tim Blake Nelson) nicht wie der Revolverheld aus, der er tatsächlich ist. Diese Fehleinschätzung kommt einigen Möchtegern-Pistoleros in einer Kleinstadt teuer zu stehen. Denn auch ohne seine Schießeisen, die er vorschriftsmäßig am Eingang des Saloons abgegeben hat, wird Buster Scruggs auf ungewöhnlich kreative Art und Weise mit einem bewaffneten Kontrahenten fertig. Allerdings lassen sich nicht alle Herausforderer so leicht aus dem Weg räumen, wie der singende Revolverheld bald erfahren muss …
In „Near Algodones“ glaubt ein junger Bankräuber (James Franco), leichtes Spiel mit einer abgelegen in der Wüste befindlichen Bank zu haben, doch der schrullige Bankangestellte ist mit allen Wassern gewaschen und heizt dem vermeintlichen Gangster ordentlich ein, bis sich dieser unvermittelt aufgeknüpft an einem Baum wiederfindet. Zwar meint es das Schicksal noch einmal gut mit ihm, doch auf dieses Glück kann er sich nicht lange verlassen … In einer weiteren Geschichte lässt ein Impresario (Liam Neeson) einen arm- und beinlosen Künstler (Henry Melling) anspruchsvolle Texte rezitieren, erreicht aber damit im hereinbrechenden Winter immer weniger zahlende Zuschauer, bis er auf eine lukrativere Darbietungsmöglichkeit stößt. Tom Waits mimt in „All Gold Canyon“ einen Goldgräber, der viel Arbeit investiert, um einer Goldader zu folgen, bis ihm nach langen Mühen die Ernte streitig gemacht wird. Und in „The Gal Who Got Rattled“ reist eine junge Frau (Zoe Kazan) mit ihrem Bruder in einem Treck nach Westen, wo sie mit einem Geschäftsfreund ihres in diesen Dingen nicht so begabten Bruders verheiratet werden soll. Als ihr Bruder allerdings an der Cholera stirbt, steht sie vor der Entscheidung, die Reise allein fortzusetzen, ohne einen geeigneten Führer für ihren Wagen zu haben, oder umzukehren.
In der abschließenden Story „The Mortal Remains“ machen drei Reisende in der Postkutsche Bekanntschaft mit den zwei Totengräbern.
Mit „The Ballad of Buster Scruggs“ haben Joel und Ethan Coen ein sehr langlebiges Projekt verwirklicht, denn immerhin haben sie 25 Jahre gebraucht, um die Geschichten ihrer gleichnamigen Western-Anthologie zu schreiben. Dabei sind vor allem die ersten beiden Geschichten, in denen ein übermütiger Revolverheld und ein unbedarfter Bankräuber im Zentrum stehen, nicht nur ungewöhnlich brutal, sondern auch mit jenem schwarzen Humor gespickt, der zum Erfolgskonzept der besten Coen-Filme gehört, wohingegen die Geschichten über den stark gehandicapten Künstler und die schließlich allein reisende junge Dame tragische Züge annehmen.
So sind die sechs Geschichten, die einzig durch das zugrundeliegende Buch zusammengehalten werden, deren Seiten zu Beginn einer neuen Geschichte umgeblättert werden, in Stimmung und leider auch in der Qualität sehr unterschiedlich, auch wenn Coen-Stammkomponist Carter Burwell („Mildred Pierce“, „Legend“) und Kameramann Bruno Delbonnel („Harry Potter und der Halbblutprinz“, „Die dunkelste Stunde“) für ein beständiges Qualitätsniveau sorgen. Sie können aber nicht verhindern, dass sich so einige Längen innerhalb der einzelnen Geschichten einschleichen. Das Experiment dieser ungewöhnlichen Anthologie mag vielleicht nicht gänzlich geglückt sein, aber es immerhin ein Coen-Produkt und allein deshalb schon sehenswert.

"The Ballad of Buster Scruggs" in der IMDb

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