Die Unschuldigen mit den schmutzigen Händen

Claude Chabrol hat sich seit den 1960er Jahren mit Filmen wie „Zwei Freundinnen“, „Die untreue Frau“, „Das Biest muss sterben“, „Der Schlachter“ und „Blutige Hochzeit“ auch international einen veritablen Ruf als Regisseur erarbeitet, der auf äußerst provokante Weise gesellschaftliche Zwänge demaskiert. Für seinen 1975 entstandenen Film „Die Unschuldigen mit den schmutzigen Händen“ vereinte Chabrol Hollywood-Star Rod Steiger („In der Hitze der Nacht“, „Der Pfandleiher“) und Romy Schneider („Mado“, „Die Liebe einer Frau“) vor der Kamera. 

Inhalt: 

Nach einem Herzinfarkt hat Louis Wormser (Rod Steiger) sein Unternehmen verkauft und ist mit seiner viel jüngeren Frau Julie (Romy Schneider) nach Saint Tropez gezogen, wo sie in einem abgelegenen Luxus-Anwesen am Meer leben. Doch Julie ist alles andere als glücklich, ist ihr Mann nicht nur impotent, sondern auch Gewohnheitstrinker mit ausgeprägtem Hang zu aggressivem Verhalten. Da kommt ihr der attraktive Nachbar Jeff Marle (Paolo Giusti) gerade recht. 
Hals über Kopf stürzt sie sich in eine Affäre mit dem erfolglosen Schriftsteller und plant mit ihm, ihren ungeliebten Ehemann zu beseitigen. Nachdem sie Louis in ihrem Bett mit einem Holzknüppel erschlagen hat, bringt Jeff den leblosen Körper zu Louis‘ Boot. Am nächsten Tag ruft die vermeintlich besorgte Julie bei der Polizei an und lässt die Beamten nach ihrem Mann suchen. Tatsächlich finden der aus Paris zu Besuch gekommene Lamy (François Maistre) und Kommissar Villon (Pierre Santini) nur das herrenlose Boot vor, entdecken auf dem Deck aber einen Blutfleck, aber keine Leiche. Jeff verschwindet mit Julies Luxuswagen für die Zeit der Ermittlungen nach Italien, während Julie immer mehr verdächtigt wird, etwas mit dem Verschwinden ihres Mannes zu tun zu haben. 
Doch dann nehmen die Dinge eine unerwartete Wendung: Louis hat vor seinem Verschwinden sein Konto leergeräumt und das Haus verkauft. Dann steht er auf einmal quicklebendig vor Julie und beginnt, sich für die erlittenen Demütigungen an seiner Frau zu rächen… 

Kritik: 

Dass Claude Chabrol von Richard Neelys Roman „Unschuldig wie eine Schlange“ (Original: The Damned Innocents) fasziniert gewesen ist, lässt sich leicht nachvollziehen, denn die Geschichte stellt nicht nur einen vertrackten Kriminalfall dar, sondern thematisiert auf abgründige Weise die Abhängigkeit einer Frau von gleich mehreren Männern. Romy Schneider überzeugt dabei als verführerische Femme fatale, deren Begegnung mit dem mittellosen, aber jungen wie potenten Jeff eine schwer zu durchscheinende Spirale aus Gewalt, Lügen und Missbrauch in Gang setzt. Als einzige Frau in dem Film sieht sich Julie den Interessen ganz unterschiedlicher Männer ausgesetzt. 
Chabrol zeichnet mit „Die Unschuldigen mit den schmutzigen Händen“ das Portrait einer patriarchalischen Gesellschaft, in der Männer ihren Wohlstand und ihre Stellung dazu missbrauchen, das zu bekommen, was sie begehren. Der mittellose Schriftsteller begehrt Julie als Frau, nutzt ihre Schwäche aber aus, um vor allem an den Reichtum ihres Mannes zu gelangen, während Louis sehr schnell dahinterkommt, was Julie mit Jeff plant, und entsprechende Gegenmaßnahmen ergreift. 
Und dann sind da noch die beiden Kommissare, die ihre Gedankenspielereien vor allem um Julie kreisen lassen und sie als Hauptverdächtige ins Visier nehmen. Selbst Louis‘ Anwalt versucht, Julie für sich zu gewinnen, indem er ihr finanzielle Unterstützung als Gegenleistung für ihre Hingabe anbietet. Während die psychologischen Abhängigkeiten hervorragend herausgearbeitet sind, leidet die Kriminalhandlung leider unter der zunehmenden Komplexität und den überraschenden Wendungen, die den Plot zum Ende sehr unglaubwürdig erscheinen lassen. Doch das famose Psychoduell zwischen Romy Schneider und Rod Steiger lässt diese Schwächen weitgehend verblassen. 

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