The Secret Man
Auch nach fünfzig Jahren zählt die Watergate-Affäre, die den gerade wiedergewählten Präsidenten Richard Nixon zum Rücktritt zwang, noch immer zu den weltweit berühmtesten Skandalen in der (US-)Politik. Was Alan J. Pakula 1976 in seinem vierfach Oscar-prämierten Meisterwerk „Die Unbestechlichen“ mit Dustin Hoffman und Robert Redford in den Hauptrollen der beiden „Washington Post“-Journalisten Carl Bernstein und Bob Woodward schilderte, hat Drehbuchautor und Regisseur Peter Landesman mit „The Secret Man“ aus der Perspektive von „Deep Throat“ rekapituliert. So nannte man den anonymen Informanten, der die beiden Journalisten mit den heiklen Details über den gescheiterten Einbruch versorgte, mit dem das Weiße Haus das Wahlkampfbüro der oppositionellen Demokratischen Partei abzuhören versuchte, aber erst 2005 wurde bekannt, dass sich hinter Deep Throat der langjährige leitende FBI-Beamte Mark Felt verbarg.
Inhalt:
Im Sommer 1972 laufen nicht nur Demonstranten gegen den Vietnam-Krieg und Mitglieder der Bürgerrechtsbewegung vor dem Weißen Haus auf und ab, auch der Einbruch in die Parteizentrale der Demokraten vertieft die Sorgenfalten von Vize-FBI-Chef Mark Felt (Liam Neeson). Nachdem er die ersten Ermittlungsergebnisse gesichtet hat, ist er überzeugt, dass die Nixon-Regierung ihre Finger im Spiel gehabt haben muss. Nicht von ungefähr wird Felt von Nixons Rechtsberater John Dean (Michael C. Hall) gefragt, was sie tun müssten, um Hoover loszuwerden. Doch Deputy Associate Director Felt lässt sich nicht ködern und verweist in seinem diplomatischen Statement, dass Hoovers Privatarchiv beispielsweise viele sensible Daten über außerehelichen Affären der Regierungsvertreter enthält. All diese Informationen gehen erst über Mark Felts Tisch. Die Situation verschärft sich allerdings, als Hoover stirbt. Während vor allem Felts Frau (Diane Lane) darauf spekuliert hat, dass Felt als Hoovers Stellvertreter dessen Posten erhält, benennt Nixon den in FBI-Belangen unbedarften ehemaligen Navy-Soldaten Patrick Gray (Marton Csokas) als Hoovers Nachfolger.
Als dieser Felt anweist, die Ermittlungen um den Einbruch in die Zentrale der Demokraten im Watergate-Hotel nach 48 Stunden einzustellen, bleibt dem langjährig loyalen FBI-Mann nur die Möglichkeit, der Presse brisante Informationen zuzuspielen, um Nixon das Genick zu brechen…
Kritik:
Der ehemalige New-York-Times-Journalist Peter Landesman hat bereits mit seinen ersten beiden Regiearbeiten „Parkland – Das Attentat auf John F. Kennedy“ (2013) und „Erschütternde Wahrheit“ (2015) demonstriert, dass er sich vor allem für reale Stoffe interessiert, die er für ein Kinopublikum ansprechend aufbereitet. Nachdem am 31. Mai 2005 das US-Magazin Vanity Fair einen Artikel veröffentlicht, in dem Deep Throat als Mark Felt identifiziert wurde, veröffentlichte der damals sterbenskranke Mark Felt zusammen mit John D. O’Connor die Biografie „A G-Man’s Life: The FBI, Being Deep Throat, and the Struggle for Honor in Washington“, die die Grundlage für Landesmans Film bildete. Landesman, der das Drehbuch zu „The Secret Man“ selbst verfasste, lässt die journalistische Seite der Geschichte, die Pakula so grandios in „Die Unbestechlichen“ thematisiert hatte, nahezu komplett außen vor. Stattdessen dreht sich alles um Mark Felt und seine Bemühungen, die Unabhängigkeit des FBI von dem geplanten Einfluss der Nixon-Regierung zu bewahren.
Liam Neeson, der seit dem Erfolg der von Luc Besson produzierten „96 Hours“-Trilogie fast nur noch in Action-Filmen wie „Non-Stop“, „Ruhet in Frieden – A Walk Among the Tombstones“ und „The Commuter“ prominent besetzt wurde, darf in „Mark Felt: The Man Who Brought Down the White House“ – so der Originaltitel – endlich wieder einen interessanten Charakter verkörpern, der zwischen der Loyalität zum FBI und dem Sinn für Gerechtigkeit hin- und hergerissen ist.
Das führt zwar dazu, dass sich Landesman meist nur mit den Anzugträgern beim FBI und der Nixon-Administration beschäftigt, dafür bleibt er in dem dialoglastigen Drama immer dicht bei den Fakten und lässt das Publikum nie darüber im Unklaren, worum es hier eigentlich geht. Landesmans Bemühungen, durch Mark Felts Suche nach seiner Tochter eine emotionale Komponente beizusteuern, schlagen allerdings fehl und trüben das sonst sehr aufgeräumte, wenn auch unspektakulär inszenierte, bis in die kleinsten Nebenrollen großartig besetzte und gespielte Polit-Drama.
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