Verräter wie wir

Als ehemaliger Mitarbeiter des britischen Geheimdienstes MI6 weiß John Le Carré recht genau, worüber er schreibt. Wie gut er das auch kann, beweisen nicht nur die unzähligen Bestseller-Platzierungen und internationalen Auszeichnungen, sondern auch die fast zwanzig Verfilmungen von Werken wie „Der Spion, der aus der Kälte kam“ über „Das Russland-Haus“ und „Der Schneider von Panama“ bis zu „Der ewige Gärtner“, „Dame, König, As, Spion“ und „A Most Wanted Man“.
Mit „Verräter wie wir“ ist ein Spätwerk des Autors aus dem Jahre 2010 veröffentlicht worden, das nun nicht mehr vor der Kulisse des Kalten Krieges inszeniert worden ist, sondern vor dem Hintergrund fragwürdiger Wirtschaftspolitik.
Nach einer Affäre mit einer Studentin setzt der Oxforder Literaturprofessor Perry (Ewan McGregor) alles daran, die ramponierte Ehe mit seiner erfolgreichen Anwaltsfrau Gail (Naomie Harris) in einem Kurzurlaub wieder auf Vordermann zu bringen. Doch die romantische Annäherung in Marrakesch verläuft schleppend. Als bei einem gemeinsamen Abendessen Gail wegen eines Geschäftstermins den Tisch verlässt, macht der zurückgelassene Perry die Bekanntschaft mit dem bereits angetrunkenen und laut herumpolternden russischen Geschäftsmann Dima (Stellan Skarsgård) und schließt sich seiner feiernden Gesellschaft an.
Wie Perry schnell herausfindet, ist Dima als hochrangiger Geldwäscher für einen wohlhabenden russischen Mafiaclan tätig und einen Deal mit der britischen Regierung aushandeln. Als Gegenleistung für hochbrisante Kontodaten, die Dima dem britischen Geheimdienst übergibt, will er mit seiner Familie ins Zeugenschutzprogramm überführt werden – allerdings nur unter der Bedingung, dass Perry an den Verhandlungen mit MI6-Agent Hector (Damian Lewis) teilnimmt. Doch die britischen Minister sind viel zu sehr auf die lukrativen Geschäfte mit den Russen fixiert, als dass sie Interesse an einer Aufdeckung dubioser Geschäfte haben. Also entwickeln Perry und Hector auf eigene Faust einen Plan, Dima und seine Familie in Sicherheit zu bringen …
Sieht man einmal von der unglaubwürdig konstruierten Rekrutierung des Oxforder Professors als Vermittler zwischen dem MI6 und einem russischen Mafia-Buchhalter ab, versteht es die bislang nur durch Fernsehserien wie „Bleak House“, „Teachers“ und „Parade's End - Der letzte Gentleman“ sowie den Kinofilm „Eine zauberhafte Nanny - Knall auf Fall in ein neues Abenteuer“ (2010) bekannte englische Regisseurin Susanna White von Beginn an, den Zuschauer zu fesseln. Das liegt nicht nur an der interessanten Problemsituation bei Perry und Gail, sondern auch an dem famos exaltiert aufspielenden Stellan Skarsgård („Melancholia“, „Verblendung“), der nicht nur einen interessanten Kontrast zu dem eher ruhigen Professor darstellt, sondern mit seinem Aktionismus einfach die Handlung vorantreibt.
Von Marrakesch aus wirbelt das Geschehen weiter nach Paris, London, Bern bis in die Alpen, wobei unvorhergesehene Planänderungen, Konflikte und Kampfeinsätze immer wieder für spannungsreiche Wendungen sorgen. Dass dabei die Logik gelegentlich auf der Strecke bleibt, ist bei dem hohen Tempo und der feinen Kameraarbeit von Anthony Dod Mantle („127 Hours“, „Snowden“) leicht zu verschmerzen. Dazu sorgen neben Skarsgård auch Ewan McGregor („Lachsfischen im Jemen“, „Männer, die auf Ziegen starren“) als Agent wider Willen und Damian Lewis („Homeland“, „Ein ungezähmtes Leben“) als MI6-Agent auf verlorenem Posten für großen Unterhaltungswert in einem Agenten-Thriller, der sicher nicht an andere Le-Carré-Adaptionen heranreicht, aber starke Darsteller in einem rasanten, schick inszenierten Plot bietet.
"Verräter wie wir" in der IMDb

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