Adam und Evelyn
Im Jahre 2008 veröffentlichte Ingo Schulze mit „Adam und Evelyn“ einen ungewöhnlich dialoglastigen, aber auch in anderer Hinsicht unkonventionellen Wende-Roman. Denn die Ereignisse, in deren Strudel die innerdeutsche Grenze aufgehoben wurde und zunächst Hunderttausende Ostdeutsche in den Westen strömten, werden nicht aus dem innerdeutschen Zentrum heraus thematisiert, sondern anhand einer Urlaubsreise von zwei Liebespaaren, die ihren Urlaub im heißen Sommer 1989 am ungarischen Plattensee verbringen wollen. Zehn Jahre später hat der Berliner Filmemacher Andreas Goldstein sich Schulzes Romanvorlage angenommen, als Road Movie über Liebe, Heimat, Hoffnungen und Selbstverwirklichung umgesetzt und ihn als Wettbewerbsbeitrag für „Der Heinrich“ beim 32. Braunschweig International Film Festival präsentiert.
Seit Adam (Florian Teichtmeister) den staatlichen Textilbetrieb verlassen hat, ist er als Damenschneider und Fotograf sein eigener Herr im Haus. Dass sich die Frauen für Adam, der eigentlich Lutz heißt, auch vor seiner Kamera nackt ausziehen und dass Adam auch sonst für sinnliche Eskapaden empfänglich ist, wird ihm erst zum Verhängnis, als seine Freundin Evelyn (Anne Kanis) ihn in flagranti dabei erwischt, wie er die Hand in den Schoß einer seiner Kundinnen legt.
Den gemeinsam geplanten Urlaub am Balaton verbringt Evi kurzerhand mit ihrer Freundin und Arbeitskollegin Simone (Christin Alexandrow), die von ihrem in Hamburg lebenden Freund, den Zellbiologen Michael (Milian Zerzawy), abgeholt wird. Doch so leicht will Adam seine Freundin nicht davonkommen lassen und fährt dem Trio in seinem himmelblauen 61er Wartburg hinterher. Unterwegs greift er Katja (Lena Lauzemis) auf, die auch nach Ungarn will, aber nicht über das entsprechende Visum verfügt. Also schmuggelt Adam seine neue Bekanntschaft im Kofferraum über die ungarische Grenze und setzt sie auf einem Zeltplatz ab.
Als er das vertraute Feriendomizil bei der befreundeten Angyal-Familie erreicht, überschlagen sich die Ereignisse. Während Evelyn ihrer Freundin den Freund ausgespannt hat und Simone entsprechend aufgebracht wieder nach Hause will, Adam aber immer noch darum kämpft, mit Evelyn wieder ins Reine zu kommen, werden die Nachrichten von dem Ansturm ostdeutscher Urlauber auf die westdeutschen Botschaften in Prag, Warschau und Budapest bestimmt.
Während Michael seinen Reisegefährten den Westen schmackhaft machen will und Evelyn sich danach sehnt, ihre Träume von einem kunstgeschichtlichen Studium oder einem eigenen Café Wirklichkeit werden zu lassen, ist Adam eigentlich ganz zufrieden mit dem, was er in seiner ostdeutschen Heimat hat. Doch Evi zuliebe lässt er sich auf den Plan ein, nach Westdeutschland zu gehen …
Ebenso wie Ingo Schulzes Romanvorlage ist auch die Filmadaption von Andreas Goldstein („Detektive oder Die glücklosen Engel der inneren Sicherheit“, 2006) davon geprägt, dass die Turbulenzen um die Ereignisse, die schließlich zum Mauerfall und zur deutschen Wiedervereinigung geführt haben, nicht nur aus der Ferne erzählt, sondern auch ganz konzentriert auf das Schicksal von letztlich fünf jungen Menschen heruntergebrochen wird. Wie der biblisch anmutende Titel „Adam und Evelyn“ schon andeutet, lockt dabei nicht nur der Westen in Person des gut situierten Hamburger Wissenschaftlers mit grenzenloser Freiheit bei der Wahl von Beruf, Konsumgütern und Aufhaltsorten, worauf besonders Evelyn anspringt, sondern auch Evi versucht Adam dazu zu verführen, mit ihr in den Westen zu gehen. Dass Adam gerade dann im Nachtschrank eines Hotels eine Bibel entdeckt und daraus die Geschichte von Adams Verführung durch Eva vorträgt, mag vielleicht etwas plump zur Verdeutlichung wirken, was sich die Ostdeutschen von einem Leben im Westen erhofft haben, aber es macht zumindest das Dilemma deutlich, in dem vor allem Adam steckt. Soll er sein glückliches Leben als selbstständiger Damenschneider und Fotograf mit allen damit verbundenen – auch amourösen – Freiheiten für ein ungewisses Leben in der Freiheit des Westens aufgeben? Ist er denn nicht schon im Osten frei genug in dem, was er in seinem Leben erreichen will?
Mit dieser lethargisch wirkenden Genügsamkeit will sich die einundzwanzigjährige Evelyn aber nicht zufriedengeben. Die Lehre als Kellnerin, die sie mit ihrer Freundin absolviert, ist längst nicht das, was sich die Abiturientin vom Leben erträumt. Doch so viel Goldstein auch seine Figuren miteinander reden lässt über Hoffnungen, Träume, Sehnsüchte und Möglichkeiten, wirkt die Konstellation der Figuren letztlich nicht glaubwürdig genug. So unsicher wie Evelyn und Adam in ihren Beziehungen zueinander und zu anderen Partnern wirken, so bleiben sowohl Simone als auch Katja erschreckend blass in dem Quintett, während Michael den für einen Wissenschaftler auf der Suche nach dem Grund für die Sterblichkeit des Menschen ungewöhnlich eindimensional als Botschafter für die wunderbare Lebensvielfalt des Westens gezeichnet wird. So bleiben nur die titelgebenden Adam und Evelyn als Identifikationsfiguren für die gegensätzliche Lebensentwürfe, die sich den ehemaligen DDR-Bürgern nach der Öffnung der Grenzen eröffneten. Hier wird zwar soviel ausgespart, dass sich die Zuschauer selbst die Projektionsflächen füllen können, was die Eröffnung neuer Freiheiten an Chancen und Risiken mit sich bringt, aber auch genug erzählt, um Adam und Evelyn ihre Hoffnungen und Wünsche abnehmen zu können.
"Adam und Evelyn" in der IMDb
Seit Adam (Florian Teichtmeister) den staatlichen Textilbetrieb verlassen hat, ist er als Damenschneider und Fotograf sein eigener Herr im Haus. Dass sich die Frauen für Adam, der eigentlich Lutz heißt, auch vor seiner Kamera nackt ausziehen und dass Adam auch sonst für sinnliche Eskapaden empfänglich ist, wird ihm erst zum Verhängnis, als seine Freundin Evelyn (Anne Kanis) ihn in flagranti dabei erwischt, wie er die Hand in den Schoß einer seiner Kundinnen legt.
Den gemeinsam geplanten Urlaub am Balaton verbringt Evi kurzerhand mit ihrer Freundin und Arbeitskollegin Simone (Christin Alexandrow), die von ihrem in Hamburg lebenden Freund, den Zellbiologen Michael (Milian Zerzawy), abgeholt wird. Doch so leicht will Adam seine Freundin nicht davonkommen lassen und fährt dem Trio in seinem himmelblauen 61er Wartburg hinterher. Unterwegs greift er Katja (Lena Lauzemis) auf, die auch nach Ungarn will, aber nicht über das entsprechende Visum verfügt. Also schmuggelt Adam seine neue Bekanntschaft im Kofferraum über die ungarische Grenze und setzt sie auf einem Zeltplatz ab.
Als er das vertraute Feriendomizil bei der befreundeten Angyal-Familie erreicht, überschlagen sich die Ereignisse. Während Evelyn ihrer Freundin den Freund ausgespannt hat und Simone entsprechend aufgebracht wieder nach Hause will, Adam aber immer noch darum kämpft, mit Evelyn wieder ins Reine zu kommen, werden die Nachrichten von dem Ansturm ostdeutscher Urlauber auf die westdeutschen Botschaften in Prag, Warschau und Budapest bestimmt.
Während Michael seinen Reisegefährten den Westen schmackhaft machen will und Evelyn sich danach sehnt, ihre Träume von einem kunstgeschichtlichen Studium oder einem eigenen Café Wirklichkeit werden zu lassen, ist Adam eigentlich ganz zufrieden mit dem, was er in seiner ostdeutschen Heimat hat. Doch Evi zuliebe lässt er sich auf den Plan ein, nach Westdeutschland zu gehen …
Ebenso wie Ingo Schulzes Romanvorlage ist auch die Filmadaption von Andreas Goldstein („Detektive oder Die glücklosen Engel der inneren Sicherheit“, 2006) davon geprägt, dass die Turbulenzen um die Ereignisse, die schließlich zum Mauerfall und zur deutschen Wiedervereinigung geführt haben, nicht nur aus der Ferne erzählt, sondern auch ganz konzentriert auf das Schicksal von letztlich fünf jungen Menschen heruntergebrochen wird. Wie der biblisch anmutende Titel „Adam und Evelyn“ schon andeutet, lockt dabei nicht nur der Westen in Person des gut situierten Hamburger Wissenschaftlers mit grenzenloser Freiheit bei der Wahl von Beruf, Konsumgütern und Aufhaltsorten, worauf besonders Evelyn anspringt, sondern auch Evi versucht Adam dazu zu verführen, mit ihr in den Westen zu gehen. Dass Adam gerade dann im Nachtschrank eines Hotels eine Bibel entdeckt und daraus die Geschichte von Adams Verführung durch Eva vorträgt, mag vielleicht etwas plump zur Verdeutlichung wirken, was sich die Ostdeutschen von einem Leben im Westen erhofft haben, aber es macht zumindest das Dilemma deutlich, in dem vor allem Adam steckt. Soll er sein glückliches Leben als selbstständiger Damenschneider und Fotograf mit allen damit verbundenen – auch amourösen – Freiheiten für ein ungewisses Leben in der Freiheit des Westens aufgeben? Ist er denn nicht schon im Osten frei genug in dem, was er in seinem Leben erreichen will?
Mit dieser lethargisch wirkenden Genügsamkeit will sich die einundzwanzigjährige Evelyn aber nicht zufriedengeben. Die Lehre als Kellnerin, die sie mit ihrer Freundin absolviert, ist längst nicht das, was sich die Abiturientin vom Leben erträumt. Doch so viel Goldstein auch seine Figuren miteinander reden lässt über Hoffnungen, Träume, Sehnsüchte und Möglichkeiten, wirkt die Konstellation der Figuren letztlich nicht glaubwürdig genug. So unsicher wie Evelyn und Adam in ihren Beziehungen zueinander und zu anderen Partnern wirken, so bleiben sowohl Simone als auch Katja erschreckend blass in dem Quintett, während Michael den für einen Wissenschaftler auf der Suche nach dem Grund für die Sterblichkeit des Menschen ungewöhnlich eindimensional als Botschafter für die wunderbare Lebensvielfalt des Westens gezeichnet wird. So bleiben nur die titelgebenden Adam und Evelyn als Identifikationsfiguren für die gegensätzliche Lebensentwürfe, die sich den ehemaligen DDR-Bürgern nach der Öffnung der Grenzen eröffneten. Hier wird zwar soviel ausgespart, dass sich die Zuschauer selbst die Projektionsflächen füllen können, was die Eröffnung neuer Freiheiten an Chancen und Risiken mit sich bringt, aber auch genug erzählt, um Adam und Evelyn ihre Hoffnungen und Wünsche abnehmen zu können.
"Adam und Evelyn" in der IMDb
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