Sicario 2

Mit dem dreifach Oscar-nominierten Drogenkriegs-Drama „Sicario“ schuf Meisterregisseur Denis Villeneuve („Prisoners“, „Enemy“) 2015 einen nicht nur handwerklich brillant gemachten, sondern auch emotional aufrüttelnden Film, der genügend Stoff für weitere Fortsetzungen bot. Da Villeneuve selbst mit seinen nachfolgenden Projekten „Arrival“ und „Blade Runner 2049“ gebunden war, übernahm der Italiener Stefano Sollima („Suburra“, „Gomorrha“) bei „Sicario 2“ den Regiestuhl und inszenierte einen wiederum packenden, aber auch extrem gewalttätigen Thriller, der von den beiden „Sicario“-Hauptdarstellern Josh Brolin und Benicio Del Toro getragen wird.
Nach seinem Einsatz in Somalia wird FBI-Agent Matt Graver (Josh Brolin) von Verteidigungsminister James Riley (Matthew Modine) und seiner Vorgesetzten Cynthia Foards (Catherine Keener) wieder an die mexikanische Grenze geschickt, über die in letzter Zeit nicht nur illegale Einwanderer in die USA, sondern auch Terroristen geschleust werden. Schließlich haben die Kartelle erkannt, dass der Handel mit Menschen mehr einbringt als mit Drogen. Da jüngst aber aus Mexiko eingeschleuste Terroristen durch ein Selbstmordattentat ein Einkaufszentrum in Schutt und Asche legten und dabei unzählige Zivilisten töteten, ist das FBI zum Handeln gezwungen. Graver schlägt vor, einen Krieg zwischen den Kartellen anzuzetteln, und leitet schließlich eine Mission, bei der auch der Auftragskiller Alejandro Gillick (Benicio Del Toro) wieder an Bord ist.
Indem der stark bewaffnete Trupp die Tochter (Isabela Moner) des Kartellbosses und Terroristenschleusers Carlos Reyes entführt, will Gillick auch eine persönliche Rechnung mit Reyes begleichen. Doch auf dem Weg zurück zur Grenze wird Gravers Konvoi angegriffen, Isabela kann flüchten und der mit der Suche nach ihr beauftragte Gillick kann nicht mehr auf die Unterstützung des FBI rechnen …
In seiner italienischen Heimat hat Stefano Sollima als Regisseur für Fernsehserien wie „La squadra“, „Crimini“ und „Romanzo Criminale – Der Pate von Rom“ bereits viele Erfahrungen im Genre des Krimi-Dramas sammeln können. Mit „Suburra“ und der Serien-Adaption von Roberto Savianos Bestseller „Gomorrha – Reise in das Reich der Camorra“ hat Sollima schließlich auch Hollywood auf sich aufmerksam gemacht. Sein „Sicario 2“ ist dabei noch düsterer als Villeneuves Film ausgefallen. Während in „Sicario“ Emily Blunt als idealistische FBI-Agentin noch für die Aufrechterhaltung von Moral und Menschlichkeit einstand, liegt die Verantwortung für das Geschehen in „Sicario 2“ ganz bei den Männern, die nur ihrem Auftrag verpflichtet sind.
Wie skrupellos vor allem der abgebrühte Graver dabei vorgeht, wird gleich in der Eröffnungssequenz deutlich, als er einem Verdächtigen die gewünschten Informationen dadurch entlockt, dass er ihn dabei auf dem Bildschirm zusehen lässt, wie dessen Zuhause zerbombt wird. Im Gegensatz zu Graver, der den unnachgiebigen Teamleader verkörpert, darf sich sein Freund Gillick durchaus menschlichere Züge erlauben, als er ganz auf sich allein gestellt ist, das entführte Mädchen zu retten. Besonders eindringlich ist hier die Szene gelungen, in der Gillick und Isabel das Haus eines taubstummen Mexikaners erreichen und Gillick ihn mit Hilfe von Gebärdensprache um Nahrung und einen Schlafplatz bittet. Auf Nachfrage erklärt Gillick ihm auch, dass er die Sprache wegen seiner verstorbenen Tochter erlernt hat.
Überhaupt zählen die Szenen mit der jungen Isabel Moner als ebenso verängstigte wie taffe Kartellboss-Tochter zu den Höhepunkten des Thriller-Dramas. Die junge Schauspielerin lässt die Gefühle ihrer Figur wie Angst und Mut ebenso für den Zuschauer spürbar werden wie Sollima die zerstörende Wucht der Bombenexplosionen und Schießereien. Bei all der zur Schau gestellten Brutalität entwickelt Drehbuchautor Taylor Sheridan („Hell or High Water“, „Wind River“) aber auch die komplexe Verflechtung zwischen US-Geheimdiensten und mexikanischen Kartellen weiter, was immer wieder zu überraschenden Wendungen bei Gravers Mission führt.
Wenn auf dem Weg zurück zur US-amerikanischen Grenze die asphaltierte Straße endet und die Militärfahrzeuge im aufgewirbelten Wüstensand keine Sicht auf die Umgebung mehr erlauben, sind Gravers Männer ebenso wie die Zuschauer den kommenden Ereignissen schutzlos ausgeliefert. Dieses Spannungsmoment hält Sollima bis zum Ende konsequent hoch, was durch den dröhnend-düsteren Score der isländischen Komponistin Hildur Guðnadóttir („Maria Magdalena“) eindringlich verstärkt wird.
„Sicario 2“ ist sicher brutaler und pessimistischer als sein Vorgänger ausgefallen, reflektiert aber ebenso schonungslos den unüberschaubaren Krieg an den Fronten zwischen mexikanischen Kartellen und US-amerikanischen Geheimdiensten.
"Sicario 2" in der IMDb

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