Aviator
Eigentlich war es an Michael Mann, das Drehbuch von John Logan zu „Aviator“ mit Leonardo DiCaprio in der Hauptrolle zu verfilmen, doch nach „Insider“ und „Ali“ war ihm die Lust an auf realen Begebenheiten basierenden Stoffen vergangen, so dass er das Projekt Martin Scorsese anbot und selbst nur noch als Produzent fungierte. Nachdem DiCaprio in Scorseses „Gangs of New York“ gegen den großartig aufspielenden Daniel Day-Lewis kaum Akzente setzen konnte, wurde „Aviator“ ganz auf den „Titanic“-Star zugeschnitten und am Ende mit fünf Oscars belohnt.
Als junger Erbe eines Millionen-Vermögens steht dem 1905 geborenen Howard Hughes (Leonardo DiCaprio) buchstäblich die Welt offen. Statt sich nur auf die Geschäfte seiner Firma Hughes Tool Company zu konzentrieren, begeistert er sich für das Filmemachen und strebt mit seinem ersten Film „Hell’s Angels“ gleich nach Superlativen. Für den Fliegerfilm lässt er nicht nur etliche Doppeldecker-Flugzeuge besorgen, sondern versucht die Action in der Luft mit zwei zusätzlichen Kameras zu den bereits 24 eingesetzten möglichst spektakulär in Szene zu setzen. Immer wieder wird das Budget überzogen, vor allem, als Hughes feststellt, dass der neue Tonfilm mehr Zuschauer begeistert als der Stummfilm, so dass er den kompletten Film noch einmal als Tonfilm dreht. Der Erfolg gibt ihm schließlich recht. Hughes wird nicht nur mit dem weiblichen Star des Films, Jean Harlow (Gwen Stefani), an seiner Seite gesehen, sondern zieht auch die Aufmerksamkeit von Filmstars wie Ava Gardner (Kate Beckinsale) und Katharine Hepburn (Cate Blanchett) auf sich, doch mit seinem neurotischen Reinlichkeitsfimmel und der Sucht nach Anerkennung fallen ihm enge Beziehungen schwer. Während ihn das Blitzlichtgewitter auf dem roten Teppich aber eher verstört, fühlt er sich im von der Außenwelt abgeriegelten Cockpit seiner neu konstruierten Flugzeuge wirklich zuhause. Nachdem er mit einem seiner Maschinen bereits einen Geschwindigkeitsrekord aufgestellt hat, plant er nicht nur das größte Flugzeug, sondern auch eines mit einer besonders großen Reichweite für interkontinentale Flüge. Doch da versucht ihm PanAm-Boss Juan Trippe (Alec Baldwin) durch seine enge Verbindung mit Senator Brewster (Alan Alda) einen Strich durch die Rechnung zu ziehen …
Kritik:
Als Martin Scorsese das Drehbuch zu „Aviator“ las, war er von der Figur Howard Hughes so fasziniert, weil er als visionärer Multimillionär alle Dinge tun konnte, nach dem ihm zumute war, und doch mit dem ihm anerzogenen Reinlichkeitswahn einem tragischen Schicksal entgegenging. Drehbuchautor John Logan („Gladiator“, „James Bond 007: Skyfall“) und Scorsese konzentrieren sich in dem knapp dreistündigen Biopic über den schwerreichen Geschäftsmann, Filmemacher, Luftfahrtpionier und Womanizer auf die Jahre zwischen seinem frisch angetretenen Erbe und den Anfang seines Niedergangs. Mit einer kurzen Rückblende auf seine Kindheit, als der kleine Howard durch seine Mutter indoktriniert wurde, was für Keime und Parasiten einem das Leben schwermachen würden, blendet Scorsese gleich auf die alle Dimensionen sprengende Produktion seines ersten Films „Hell’s Angels“ (1930) über, bei der Hughes – koste es, was es wolle – keine Zweifel daran lässt, dass jede seiner Vorstellungen auch umgesetzt werden müsse. Dabei scheut Hughes auch das Gelächter konkurrierender Studiobosse nicht, als er zwei weitere Kameras ausleihen möchte.
Ähnlich ergeht es seinen Mitarbeitern bei der Flugzeugkonstruktion. Indem Scorsese immer wieder geschickt zwischen Hughes‘ Filmen, Flugzeugen und Frauen hin- und herschwenkt, kommt nie Langeweile auf, allerdings auch keine Sympathien zu den Figuren. Leonardo DiCapri („Catch Me If You Can“, „The Beach“) verkörpert den übertrieben reinlichen, leidenschaftlichen und kompromisslosen Howard Hughes ganz wundervoll. Die seelischen Nöte seiner Figur transportiert er ebenso überzeugend wie seine Leidenschaft für das Fliegen. Nie lässt er es sich nehmen, selbst die Probeflüge mit seinen neu konstruierten Maschinen zu übernehmen – schweren Abstürzen zum Trotz. Während seine Liebe zur Fliegerei tiefgründig ausgelotet wird, werden die Beziehungen zu den Frauen leider nur oberflächlich angerissen.
Cate Blanchett („Blue Jasmine“, „Carol“) gelingt es hier noch am ehesten, unter den weiblichen Nebenfiguren als Katherine Hepburn Akzente zu setzen, darüber hinaus eigentlich nur noch Kate Beckinsale („Underworld“, „Van Helsing“), die neben ihren großartigen Schauwerten auch als Darstellerin überzeugt. Davon abgesehen erweist sich Martin Scorsese als gewohnt detailverliebter Regisseur, dessen Visionen von Kameramann Robert Richardson („Kill Bill“, „Der Pferdeflüsterer“) kongenial umgesetzt und von Howard Shore („Der Herr der Ringe“-Trilogie, „Ed Wood“) mit elegischen, großorchestralen Klängen packend musikalisch untermalt wurde.
Am Ende wurde „Aviator“ mit Oscars für Cate Blanchett als Beste Nebendarstellerin sowie in den Kategorien Bestes Szenenbild, Beste Kamera, Beste Kostüme, Bester Schnitt ausgezeichnet.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen