GoodFellas - Drei Jahrzehnte in der Mafia

Bereits mit seinen frühen Filmen „Hexenkessel“ (1973) und „Wie ein wilder Stier“ (1980) hat sich der in New Yorks Viertel Little Italy aufgewachsene Martin Scorsese mit dem New Yorker Gangster-Milieu beschäftigt, doch die Verbindung seines Namens mit der Mafia in seiner Heimatstadt liegt vor allem in „GoodFellas – Drei Jahrzehnte in der Mafia“ (1990) begründet, der nicht nur sechs Oscar-Nominierungen einheimste, sondern als realistischer Gegenentwurf zu Coppolas „Der Pate“ Geschichte schrieb und bis heute zu den besten Gangsterfilmen aller Zeiten zählt. 

Inhalt: 

Henry Hill (Christopher Serrone) wächst in den 1950er Jahren in Brooklyn auf und ist von dem Lebensstil der lokalen Mafiosi so fasziniert, dass für ihn kein anderer Beruf in Frage kommt. Zunächst unbemerkt von seinen Eltern bleibt der Junge der Schule fern, um für den Capo der Lucchese-Familie, Paul „Paulie“ Cicero (Paul Sorvino), erste Botenjobs zu übernehmen und später die Cadillacs der Gangster einzuparken, obwohl er kaum über das Lenkrad gucken kann. So richtig ins Geschäft kommt Henry, als er dem legendären Gangster James „Jimmy the Gent“ Conway (Robert De Niro) vorgestellt wird. Zusammen mit Tommy DeVito (Joseph D'Onofrio) verkauft er auf der Straße gestohlene Zigaretten und setzt die Autos von Konkurrenten in Brand. Seine Feuerprobe besteht Henry, als er beim Verkauf der Zigaretten festgenommen wird, aber vor Gericht dichthält. In den 1960er Jahren ist Henry (nun: Ray Liotta) mit seinem Kumpel Tommy (nun: Joe Pesci) selbst ein angesehener Gangster in der Stadt und bringt der Familie vor allem durch lukrative Raubüberfälle ordentlich Geld ein. 
Als Henry die hübsche Karen (Lorraine Bracco) kennenlernt, ist sie von dem Respekt, den Henry auf seine Umgebung ausübt, ebenso wie von seinem Reichtum beeindruckt, ohne dass sie eine Ahnung davon bekommt, wie er sein Geld verdient. Als Jüdin bleibt ihr der innere Kreis von Henrys irisch-italienischen Freunden ohnehin verschlossen. Sie heiraten, bekommen zwei Kinder, doch die Ehe gerät in Schwierigkeiten, als Karen von der obligatorischen Geliebten erfährt. Da eine Scheidung nicht in Frage kommt, reden Henrys Freunde beschwichtigend auf Karen ein, schließlich sind Ehre und Familie das Wichtigste in Henrys Kreisen. Als Henry und Jimmy bei einem Schuldner etwas zu brutal Geld eintreiben, sorgt die beim FBI arbeitende Schwester des Opfers dafür, dass sie für mehrere Jahre ins Gefängnis müssen, wo Henry ins Geschäft mit illegalem Drogenhandel kommt. Nach seiner Entlassung verdient er weiterhin gut damit, obwohl Paulie ihm untersagt hat, in diesem Segment tätig zu bleiben. Da er selbst immer stärker vom Kokain abhängig wird und so seinen Reichtum verpulvert, wird er nachlässiger bei seiner Arbeit und gerät schließlich ins Visier der Polizei und wird verhaftet. Zwar kommt Henry auf Kaution frei, aber ihm ist bewusst, dass er nur überleben kann, wenn er als Kronzeuge vor Gericht gegen seine Freunde und Partner aussagt … 

Kritik: 

Martin Scorsese stieß während der Dreharbeiten zu „Die Farbe des Geldes“ auf eine Rezension zu Nicholas Pileggis Buch „Wiseguy“, der Lebensgeschichte des Mafia-Gangsters Henry Hill (1943-2012), doch riet ihm „Der Pate“-Hauptdarsteller Marlon Brando davon ab, noch einen Mafia-Film zu machen. Doch Scorsese erging es als Jungen ebenso wie Henry Hill: Er war von der Lebensart der Mafioso zu fasziniert, um diesen Film nicht zu machen. Im Gegensatz zu Coppolas Meisterwerk, das noch stärker auf Ehre, Familie und Katholizismus ausgerichtet war, ging es Scorsese vor allem darum, den Alltag in den Mafia-Familie zu zeigen. Mit Robert De Niro hatte Scorsese einen Star am Start, der Warner Bros. noch einmal das Budget aufstocken ließ, aber auch Newcomer Ray Liotta, Joe Pesci und Paul Sorvino sorgen neben vielen echten Mafiosi in den Statistenrollen für eine authentische Mafia-Atmosphäre, die Michael Ballhaus („Die letzte Versuchung Christi“, „Die Waffen der Frauen“) einmal mehr meisterhaft mit außergewöhnlichen Bildern und Kameraperspektiven zum Leben erweckte. Besonders eindrucksvoll ist zum Beispiel die Szene gelungen, in denen Henry mit seiner frischen Flamme durch die engen Gänge einer Restaurantküche geht und ihm in dem vollbesetzten Gastraum extra ein Tisch aufgestellt wird, an dem er von allen Seiten enthusiastisch begrüßt wird. Diese Szene macht deutlich, warum nicht nur Karen so fasziniert von dem Lebensstil der Gangster ist, sondern warum der Protagonist und Scorsese selbst von Kindesbeinen an ein Faible dafür entwickelten. 
Scorsese beschränkt sich aber eben nicht darauf, die schillernden Seite des Milieus zu beschreiben, sondern hält sich dicht an der Buchvorlage des Autors, mit dem Scorsese auch das Drehbuch zusammen verfasste. Der Film nimmt sich ausreichend Zeit, den Alltag eines Mobsters zu beschreiben, die Art, wie Geschäfte gemacht werden, wie sie sich kleiden und Essen zuzubereiten, wie sie ihre Geliebten am Freitagabend ausführen. Natürlich beschreibt „GoodFellas“ auch die brutale Gewalt, mit der Henry und Tommy Feinde von Paulie und Jimmy aus dem Weg räumen oder auch nur auf Beleidigungen reagieren. Aber sie sind nie Selbstzweck, sondern gehören einfach dazu, wenn die Geschäfte weiterhin reibungslos ablaufen sollen. Dass dieser fast zweieinhalbstündige Film nie langweilig wirkt, ist nicht nur den großartigen Darstellern zu verdanken, sondern auch dem rasanten Schnitt von Scorseses langjährigen Weggefährtin Thelma Schoonmaker und dem coolen Soundtrack mit den zur 30-jährigen Ära passenden Songs von The Who, The Rolling Stones, Cream, George Harrison, Muddy Waters, The Drifters, The Ronettes, Donovan, Dean Martin und The Crystals, wobei diese gelegentlich die dazugehörigen Szenen konterkarieren. 
Mit „GoodFellas“ hat Martin Scorsese eine realitätsnahe Darstellung des Mafia-Milieus in New York gezeichnet, das wenig mit dem romantisierenden Bild gemein hat, das Coppola in „Der Pate“ so stilisiert hat. Die detaillierte Milieustudie wurde zwar für sechs Oscars nominiert (u.a. für den besten Film, die beste Regie und das beste Drehbuch), doch konnte nur Joe Pesci als bester Nebendarsteller auch gewinnen, während der Film ansonsten gegen Kevin Costners „Der mit dem Wolf tanzt“ den Kürzeren ziehen musste.  

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