Der Duft der Frauen

Al Pacino hatte bereits eine eindrucksvolle Schauspielkarriere hinter sich und dabei Oscar-Nominierungen für seine Leistungen in „Der Pate“, „Serpico“ und „Hundstage“ erhalten, doch erst seine wiederum grandiose Darstellung als blinder Kriegsheld in Martin Brests Neuverfilmung des italienischen Films „Der Duft der Frauen“ brachte dem aus der Bronx stammenden Hollywood-Star den ersten Oscar ein. Darüber hinaus fesselt das Drama mit einem eindrucksvollen Produktionsdesign, einer packenden Geschichte und weiteren gut aufgelegten Darstellern. 

Inhalt: 

Während seine wohlhabenden Kommilitonen am renommierten Internat Baird überlegen, wo sie die Thanksgiving-Feiertage zum Skifahren verbringen wollen, sucht der Stipendiat Charlie Simms (Chris O'Donnell) einen Job und wird bei einer jungen Familie fündig, die über das Wochenende einen Betreuer für ihren blinden Onkel, Colonel Frank Slade (Al Pacino), suchen. Das erste Kennenlernen mit dem raubeinigen Trinker verläuft allerdings so desaströs, dass Charlie schon hinschmeißen möchte. Sorge bereitet ihm zudem ein Zwischenfall auf dem Campus, bei dem er zusammen mit seinem Mitschüler George Willis (Philip Seymour Hoffman) beobachtet, wie drei ihrer Kommilitonen am späten Abend einen Streich vorbereiten, mit dem die vom Kuratorium bereitgestellte nagelneue Luxuskarosse von Schuldirektor Mr. Trask (James Rebhorn) einen neuen Farbanstrich erhalten soll. Trask beruft daraufhin für Montag eine Schulversammlung ein, bei der George und Charlie die Gelegenheit bekommen sollen, die Täter zu identifizieren. 
Während George sich keine Sorgen um seine berufliche Zukunft machen muss, steht Charlie unter enormen Druck, denn Trask wollte ihn eigentlich für den einen Platz in Harvard vorschlagen, der von Baird Jahr für Jahr für finanziell nicht so privilegierte Absolventen besetzt wird. Als hätte Charlie über das Wochenende nicht genug zu bedenken, birgt auch der Job beim Colonel seine Herausforderungen, denn kaum ist dessen Nichte mit ihrem Mann und den Kindern aus dem Haus, lässt er Charlie seinen Koffer mit seiner militärischen Ausgehuniform packen und fliegt mit ihm erster Klasse nach New York. Dort quartiert sich der Kriegsveteran im Waldorf-Astoria ein, bestellt einen Tisch in einem Nobel-Restaurant und plant, anschließend noch mit einer wunderschönen Frau zu schlafen. Charlie lernt den anfänglich so herrisch wirkenden Offizier a.D. in New York von einer ganz anderen Seite kennen, als Tango-Liebhaber und Parfüm-Kenner ebenso wie als schwermütigen Mann, den seine Schuldgefühle zu erdrücken drohen… 

Kritik: 

Martin Brest hat seit seinem Regiedebüt mit „Hot Tomorrows“ (1977) zwar bis zu dem Flop mit der romantischen Gaunerkomödie „Liebe mit Risiko – Gigli“ (2003) zwar nur sechs Filme gedreht, doch sind diese vor allem von ungleichen Paarbeziehungen geprägt. Die Diskrepanz zwischen den Persönlichkeiten bot dem Filmemacher stets die Möglichkeit zu faszinierenden Charakterstudien, die wichtiger waren als die eigentliche Handlung. Während Eddie Murphy und Judge Reinhold in „Beverly Hills Cop“ zwei nicht nur in der Hautfarbe, sondern auch in Temperament und Berufsauffassung ungleiche Cops darstellten, bekam es Robert De Niro in „Midnight Run“ als wortkarger Kopfgeldjäger mit Charles Grodin als enervierenden Mafia-Buchhalter zu tun, Anthony Hopkins in „Rendezvous mit Joe Black“ mit Brad Pitt als personifizierten Tod. 
Mit Al Pacino hat Brest einen weiteren charismatischen Hauptdarsteller für einen seiner Filme gefunden. Und Pacino ist fraglos der Dreh- und Angelpunkt von „Der Duft der Frauen“, der nach der Romanvorlage von Giovanni Arpino und der darauf basierenden Verfilmung von Dino Risi (1974) entstanden ist. Brests Adaption lebt von dem Scheideweg, an dem sowohl Al Pacinos blinder Kriegsheld als auch der junge Stipendiat Charlie Simms in ihrem Leben stehen. Während Frank seine Schuldgefühle über den unbedachten Umgang mit einer Handgranate und dessen Folgen mit einem ruppigen Umgangston überspielt und seine Lebensmüdigkeit mit „John Daniels“ ertränkt, muss sich Charlie überlegen, ob er seine Mitschüler verraten soll, um sich nicht den Weg in eine vielversprechende Zukunft in Harvard zu verbauen. 
In New York kommen sich die beiden sowohl in Lebenserfahrung als auch Temperament unterschiedlichen Männer durch einige bemerkenswerte Ereignisse näher. Unvergessen bleibt die Szene, in der Slade der schönen Donna (Gabrielle Anwar) in einem Restaurant das Tangotanzen beibringt, aber auch Franks wilde Fahrt mit einem roten Ferrari-Cabriolet durch New Yorks Straßen.  
Al Pacino poltert, schreit, pöbelt und beleidigt in seiner dankbaren Rolle des von Stimmungsschwankungen geprägten depressiven Ex-Soldaten ebenso, wie er die empathischen und feinfühligen Charakterzüge seiner Figur verkörpert. Chris O’Donnell („Vertical Limit“, „Batman & Robin“) steht da natürlich nur in zweiter Reihe, macht aber das Beste aus seiner gar nicht mal so unbedeutenden Rolle. Brest legt aber auch viel Wert auf die dekorativen Elemente. Die altehrwürdigen Gebäude des Baird Internats geben dabei ebenso eine prachtvolle Kulisse ab wie die exklusiven Lokalitäten in New York. Dazu steuert Thomas Newman („Little Women“, „The Help“) einen verspielten, mal dramatisch akzentuierten, mal luftig-leichten Score bei, so dass „Der Duft der Frauen“ neben den schauspielerischen Top-Leistungen auch jede Menge fürs Auge und Ohr zu bieten hat. 

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