Vidocq - Herrscher der Unterwelt

Das Leben und Wirken des französischen Kriminellen und Kriminalisten Eugène François Vidocq (1775-1857) hat nicht nur zahlreiche Schriftsteller wie Victor Hugo, Alexandre Dumas und Honoré de Balzac inspiriert, sondern wurde auch vielfach verfilmt, beginnend 1909 mit dem Kurz-Stummfilm „La Jeunesse de Vidocq ou Comment on devient policier“ über den ersten, 1938 veröffentlichten Tonfilm „Vidocq. Der Film“ und Douglas Sirks „Vidocq – Ein eleganter Gauner“ (1946) bis zu Pitofs „Vidocq“ (2001) mit Gérard Depardieu in der Hauptrolle. Jean-François Richet lieferte 2018 mit „Vidocq – Herrscher der Unterwelt“ die bislang jüngste, blutigste und aufwändigste Verfilmung des umstrittenen Meisterdiebs, Ausbrechers und Detektivs. 

Inhalt: 

Im Jahre 1805 gelingt es Vidocq (Vincent Cassel) mit Hilfe der Unterstützung des Kleinkriminellen Nathanaël de Wenger (August Diehl), aus einer auf einem Schiff angelegten Strafkolonie zu fliehen, und rettet seinem Retter dabei das Leben, worauf sich die Wege von Vidocq und de Wenger erst einmal trennen. Vidocq hat sich nach einigen Jahren in Paris fernab der Kriminalität eine neue Identität als Stoff-Händler aufgebaut, begegnet aber bald seinem früheren Peiniger Maillard (Denis Lavant), der mittlerweile zu einer Untergrundgröße im von Napoleon Bonaparte regierten republikanischen Frankreich geworden ist. Als Maillard Vidocq enttarnt, schiebt er ihm gleich ein Mord in die Schuhe, womit Vidocq nach seiner Verhaftung die Guillotine droht. Aus der Not heraus bietet der Meisterdieb dem Pariser Polizeichef Jean Henry (Patrick Chesnais) eine Zusammenarbeit an: Für eine Begnadigung will er ihm dabei helfen, bisher ungeklärte Kriminalfälle aufzuklären. 
Vidocqs Arbeit trägt schnell Früchte. Das weckt auch das Interesse von Vidocqs einstigem Weggefährten Nathanaël, der ebenfalls nach Paris zurückgekehrt ist, um die Herrschaft über die dortige Unterwelt zu übernehmen. Trotz Verbündeter wie der Taschendiebin Annette (Freya Mavor), in die sich Vidocq verliebt, und einer Baronin (Olga Kurylenko) muss Vidocq jederzeit um sein Leben fürchten… 

Kritik: 

Jean-François Richet („Blood Father“) legt in „Vidocq – Herrscher der Unterwelt“ viel Wert auf die Thematisierung des gesellschaftspolitischen Umfelds, in dem Vidocq ein Frankreich zu Beginn des 19. Jahrhunderts zeigt, das vor allem von politischen Ränkeleien zerrüttet wirkt. Mit einem guten Gespür vor allem für die Welt der Kleinkriminellen und Unterweltgrößen mit Kontakten zu den führenden Spitzen der besseren Gesellschaft begleitet der zweistündige Film dem Aufstieg Vidocqs vom legendären „König der Ausbrecher“ zum Meisterdetektiv, der mit seinen Gefolgsleuten weit mehr Erfolge bei der Verbrecherjagd aufweist als der leitende Kommissar Dubillard (Denis Ménochet), weil er eben die Gepflogenheiten seiner früheren Kollegen kennt, wie sie aussehen, wie sie ihre Verbrechen ausüben und wo sie sich aufhalten. 
So actionreich, dramatisch und imposant Kulissen und Handlung zunächst wirken, so geht „Vidocq – Herrscher der Unterwelt“ in der zweiten Hälfte spürbar die Luft aus. Zwar bringt Olga Kurylenko („Oblivion“, „James Bond 007: Ein Quantum Trost“) etwas erotischen wie zwielichtigen Chic ins Geschehen, doch geraten die politischen Intrigen viel zu sehr in den Vordergrund, um die Spannung konsequent aufrechtzuerhalten. Bei allen Schwächen in der Dramaturgie sorgen die üppige Ausstattung, der gut inszenierte Kontrast zwischen dreckiger Unterwelt und glänzender Schloss-Ästhetik sowie die starken Darsteller für ein berauschendes Sehvergnügen, dem zum Schluss leider die Spannung ausgeht. 

Kommentare

Beliebte Posts