Donnie Brasco
Mit seinen unvergesslichen Auftritten in Francis Ford Coppolas „Der Pate“-Trilogie (1972-1990) und Brian De Palmas „Scarface“ (1983) hat sich Al Pacino vor allem einen Namen als Gangster-Darsteller gemacht, was er durch weitere bemerkenswerte Auftritte in Filmen wie De Palmas „Carlito’s Way“ und Mike Newells „Donnie Brasco“ untermauerte. Pacinos Rolle in Newells auf dem Joseph D. Pistones autobiografischen Buch „Donnie Brasco: My Undercover Life in the Mafia“ basierenden Drama ist deshalb so interessant, weil Pacino mal nicht den übermächtigen Gangster, sondern nur eine kleine Nummer innerhalb der italienischen Mafia in New York verkörpert.
FBI-Agent Joe Pistone (Johnny Depp) gibt sich im Rahmen einer groß angelegten Aktion, mit der das FBI die Mafia in New York zu infiltrieren versucht, als kleinkrimineller Juwelenhändler Donnie Brasco aus und macht so die Bekanntschaft des in die Jahre gekommenen Mafia-Laufburschen Benjamin „Lefty“ Ruggiero (Al Pacino). Lefty erledigt zwar seit dreißig Jahren zuverlässig die Drecksarbeit für die Bonanno-Familie, kann sich und seine Frau aber kaum über Wasser halten. Während er selbst auf der Stelle tritt, muss er mit ansehen, wie jüngere und aggressivere Kandidaten in den Führungsrollen platziert werden. Wie Donnie mit einem Porsche fahrenden Typen umgeht, der Lefty einen gefälschten Diamanten angedreht hat, imponiert dem alten Hasen, so dass er beschließt, den jungen Mann unter seine Fittiche zu nehmen und sich sogar vor seinen Bossen für ihn verbürgt. Um aber wirklich in den inneren Zirkel des Mobs eingelassen zu werden, muss Donnie erst einmal richtig ausgestattet werden und sich von seinem Schnurrbart trennen. Er lernt den skrupellosen Sonny Black (Michael Madsen) kennen, der nach der – wahrscheinlich von ihm selbst durchgeführten - Ermordung des örtlichen Mafiabosses die Macht im Viertel übernimmt. Black stützt sich auf Lefty und Donnie, vor allem aber auf Paulie (James Russo) und Nicky (Bruno Kirby), um seine Machtposition zu festigen.
Währenddessen berichtet Donnie über einen Verbindungsmann dem FBI ständig über seine Erkenntnisse und übergibt ihnen zur Auswertung mit einem Minirecorder aufgenommenen Gespräche der Mafiosi. Als der FBI-Ermittler Blandford (Gerry Becker) auftaucht und verlangt, dass Donnie sich nach Miami begibt, um sich für einen dort tätigen verdeckten Ermittler namens Gazzo (Rocco Sisto) zu verbürgen, reagiert der verdeckte Ermittler zunächst ablehnend, da er glaubt, man wolle ihm ins Handwerk pfuschen. Trotzdem nimmt Donnie Kontakt zu Gazzo auf und lanciert in den Mafiakreisen, in Miami könne man ein großes Geschäft machen. Für Donnie wird die Situation zunehmend brenzliger, als es zu einem Krieg zwischen Black und dem konkurrierenden Mafiosi Sonny Red (Robert Miano) kommt. Währenddessen entfremdet er sich von seiner Frau Maggie (Anne Heche), weil er wegen der verdeckten Ermittlungen wochenlang nicht zu Hause erscheint und sich nicht um die drei gemeinsamen Kinder kümmert...
Kritik:
Zunächst wirkt „Donnie Brasco“ wie ein klassisches Mafia-Drama, das vor allem zeigt, wie sich ein langgedienter Laufbursche vergeblich abstrampelt, die Karriereleiter hinaufzuklettern. Zwar thematisiert der Brite Mike Newell („Vier Hochzeiten und ein Todesfall“, „Harry Potter und der Feuerkelch“) auch das Tagesgeschäft der in New Yorks Manhattan ansässigen Mafia, indem er skizzenhaft die von brutaler Gewalt begleiteten Raubzüge präsentiert, aber der Fokus seines Films liegt auf der ungewöhnlichen Beziehung zwischen dem alternden Mafia-Laufburschen Lefty und dem undercover wirkenden FBI-Agenten Joe Pistone alias Donnie Brasco, der für ihn mehr einen Sohn darstellt als sein eigen Fleisch und Blut, einem nutzlosen Junkie.
Während Lefty mit Donnies tatkräftiger Unterstützung endlich den Respekt der Bosse zu verdienen hofft, übernimmt Donnie so sehr die Lebensgewohnheiten der Mafiosi, dass er sich immer mehr von seiner Frau entfremdet, der er bekanntermaßen nicht sagen kann, in welcher Mission er gerade unterwegs ist. Dabei ist ihm sehr wohl bewusst, dass er durch seine Arbeit dafür sorgen könnte, dass Lefty den Fischen zum Fraß vorgeworfen wird. Dabei weiß Lefty, der sein Leben ganz der Mafia verschrieben hat, dass er aus der Sache wahrscheinlich nicht lebend herauskommt.
Al Pacino („Scarface“, „Der Duft der Frauen“) und Johnny Depp („Die neun Pforten“, „Blow“) agieren hier durchaus auf Augenhöhe, dürfen ihre Figuren temperamentvoll und ambivalent gestalten. Die stimmungsvolle Kameraarbeit von Peter Sova („Lucky Number Slevin“, „Sehnsüchtig“), der getragene Score von Patrick Doyle („Große Erwartungen“, „Needful Things“) und nicht zuletzt die bis in die Nebenrollen großartig besetzten Darsteller machen „Donnie Brasco“ zu einem kleinen Juwel unter den Gangsterfilmen.
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