Die Bounty
Die Geschichte der Meuterei, die sich im Jahr 1789 auf der HMS Bounty, einem Dreimaster der britischen Admiralität, auf der Reise in die Südsee ereignete, bei der der Kapitän, Lieutenant William Bligh, zusammen mit 18 weiteren Männern auf einem offenen Boot von den Meuterern ausgesetzt worden ist, war nicht nur Thema zahlreicher Romane, Sachbücher, Theaterstücke und Hörspiele, sondern wurde auch mehrfach verfilmt. Am bekanntesten wurden Frank Lloyds „Meuterei auf der Bounty“ (1935) mit Clark Gable und Charles Laughton in den Hauptrollen sowie Lewis Milestones gleichnamiges Remake (1962) mit Marlon Brando und Trevor Howard, doch bemühten sich diese Produktionen wenig um historische Genauigkeit. Erst die 1984 von Roger Donaldson inszenierte Version mit dem Titel „Die Bounty“ kam den Ereignissen, die zur Meuterei führten, etwas näher.
Lieutenant William Bligh (Anthony Hopkins) erhält von der britischen Admiralität den Auftrag, Brotfruchtbäume von Tahiti nach Jamaika zu liefern, weil deren Früchte als billige Nahrungsquelle für die Sklaven auf den dortigen Plantagen dienen sollen. Für Bligh bietet dieser Auftrag die ideale Möglichkeit, seine Karriere in der königlichen Marine voranzutreiben, denn er will die Reise mit einer Weltumsegelung in kürzester Zeit verbinden. Er heuert den von ihm geschätzten Freund Fletcher Christian (Mel Gibson) an, doch als Erster Offizier wird der ehrgeizige John Fryer (Daniel Day-Lewis) eingesetzt, der sich mit seinen harten Disziplinarmaßnahmen nicht nur bei der Mannschaft unbeliebt macht, sondern auch den Missmut des Kapitäns hervorruft, der Fryer nach der gescheiterten Umschiffung von Kap Hoorn degradiert und Christian zum Ersten Offizier ernennt.
Bei der Ankunft auf Tahiti werden Bligh und seine Mannschaft sehr freundlich vom Häuptling und den Inselbewohnern aufgenommen, doch durch die verspätete Ankunft verzögert sich auch das Wachstum der ihnen überlassenen Brotbaum-Pflanzen, weshalb die Crew länger auf der Insel verbleiben muss als angedacht. Die Männer sind allerdings bereits der Verlockungen der barbusigen Frauen erlegen; Christian hat sich sogar in die Häuptlingstochter verguckt. Das Leben ohne die Zwänge und Einschränkungen auf See sagt den Männern so sehr zu, dass sich Bligh verständlicherweise um die Moral und Disziplin seiner Mannschaft sorgt. Churchill (Liam Neeson) und zwei weitere Männer fliehen sogar vom Schiff, bevor die Bounty die Reise fortsetzt. Zwar steht auf dieses Verbrechen die Todesstrafe, doch Bligh belässt es beim Auspeitschen, als er die Deserteure auf der Insel festsetzt.
Auf dem Rückweg von Tahiti drangsaliert Bligh die Mannschaft mit übertriebenen Säuberungsaktionen auf dem Schiff und Beschimpfungen, dass die Stimmung auf dem Schiff kippt. Die Ankündigung eines erneuten Ansteuern Kap Hoorns bringt auch bei Christian das Fass zum Überlaufen. Er nimmt Bligh fest, übernimmt die Führung der Bounty und lässt Bligh und dessen Gefolgsleute auf einem offenen Boot auf dem Meer aus. Christian führt die Bounty nach Tahiti zurück, doch das Wiedersehen mit dem Häuptling fällt anders aus als erwartet…
Kritik:
Basierend auf dem Roman „Captain Bligh and Mr Christian“ von Richard Hough hat der zweifache Oscar-Preisträger Robert Bolt („Lawrence von Arabien“, „Doktor Schiwago“) ein Drehbuch verfasst, das die komplexen Beziehungen zwischen Lieutenant Bligh und der Mannschaft seines Schiffes mehr in den Vordergrund rückt als die vorangegangenen Verfilmungen, in denen Bligh eher eindimensional als sadistischer Kapitän portraitiert und die Meuterei seiner Mannschaft als eine allzu verständliche Reaktion interpretiert worden waren. Eingebettet in die Verhandlung, bei der sich Bligh vor dem Kriegsgericht wegen des Verlusts der Bounty durch Meuterei verantworten muss, schildert Donaldsons Film die freundschaftliche Beziehung zwischen Bligh und Christian, wobei dieser schnell durchschaut, dass Bligh die Reise vor allem zur Verwirklichung seiner Karrierepläne nutzen will.
Tatsächlich ist Blighs persönlicher Ehrgeiz eine maßgebliche Triebfeder für die nachfolgenden Ereignisse, doch „Die Bounty“ verzichtet auf eine eindimensionale Schwarzweiß-Malerei. Bligh wird anfangs als Mann portraitiert, der seine Mannschaft durchaus bei Laune halten will, weshalb er bewusst einen Musiker engagiert hat, der die Moral der Männer stärkt. Auf der anderen Seite sind nicht nur die Mannschafts-Dienstgrade von den paradiesischen Verlockungen auf Tahiti verzaubert, auch Christian vernachlässigt seine Pflichten im Angesicht des müßigen Lebens auf der Insel spürbar.
„Die Bounty“ funktioniert aber nicht nur als psychologisch fein austariertes Drama über zwischenmenschliche Ambivalenzen, sondern ist darüber hinaus spannend inszeniert und mit grandiosen Schauwerten ausgestattet, die sich nicht nur in dem originalgetreuen Nachbau der Bounty ausdrückt, sondern vor allem in den bunten Szenen des Insellebens mit den halbnackten Schönen, die um die Gunst der Seemänner buhlen. Dazu hat Vangelis nach „Die Stunde des Siegers“ und „Blade Runner“ einen weiteren großartigen elektronischen Soundtrack geschaffen, der das Geschehen perfekt untermalt.
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