In einem fernen Land

Nachdem der ehemalige Kinder-Darsteller Ron Howard Ende der 1960er Jahre mit einigen Kurzfilmen seine Regiefertigkeiten erprobt hatte, gelang ihm 1984 mit der Fantasy-Liebeskomödie „Splash: Jungfrau am Haken“ ein erster Erfolg an den Kinokassen, worauf der Regisseur mit „Cocoon“, „Willow“, „Eine Wahnsinnsfamilie“ und „Backdraft – Männer, die durchs Feuer gehen“ weitere Beispiele seiner Fähigkeiten präsentierte. Weniger erfolgreich erwies sich allerdings sein Siedler-Epos „In einem fernen Land“ – trotz der jungen Stars Tom Cruise und Nicole Kidman in den Hauptrollen. 

Inhalt: 

Der arme irische Bauernbursche Joseph Donelly (Tom Cruise) träumt im Jahr 1892 davon, sein eigenes Land bewirtschaften zu können. Bei einem Aufstand der Bauern gegen die Großgrundbesitzer, denen sie die geforderte Pacht nicht mehr zahlen können, wird Josephs Vater so schwer verletzt, dass er wenig später sein Leben aushaucht. Außerdem fackelt der Verwalter der verhassten Christies, Stephen Chase (Thomas Gibbs), den Hof der Donellys ab. Joseph schwört Rache und macht sich auf den Weg zum luxuriösen Anwesen von Großgrundbesitzer Daniel Christie (Robert Prosky), wird aber durch die in seiner Hand explodierende, alte Büchse selbst schwer verletzt. Als er von Christies Frau und ihrer schönen Tochter Shannon (Nicole Kidman) gesundgepflegt worden ist, muss sich Joseph eigentlich im Duell mit Stephen behaupten, flieht aber im entscheidenden Moment, um mit Shannon eine Schiffspassage nach Amerika zu buchen, wo offensichtlich in Oklahoma Land verschenkt wird. In Boston wird Shannon jedoch gleich ihr wertvollster Besitz, ein Set von Silberlöffeln, gestohlen, während Joseph durch seine Boxfertigkeiten die Aufmerksamkeit des einflussreichen Iren Kelly (Colm Meaney) gewinnt und so an ein kleines Zimmer in einem Bordell kommt, in das er mit seiner „Schwester“ Shannon einzieht.
Joseph verdient als Profiboxer bald sehr viel mehr als Shannon in der Hühnerfabrik. Doch als sich Joseph den Zorn von Kelly zuzieht, verliert das Paar seine Unterkunft und das angesparte Geld. Auf der Suche nach einer warmen Unterkunft und etwas zu essen brechen Joseph und Shannon in eine Villa ein, wo sie allerdings entdeckt werden und Shannon angeschossen wird. Während Shannon im Schoß ihrer ebenfalls nach Boston ausgewanderten Familie gesundgepflegt wird, verdingt sich Joseph beim Bau der Eisenbahn, bis er sich einem Trail nach Oklahoma anschließt, um am „Oklahoma Land Rush“ teilzunehmen, einem Wettrennen um die letzten noch unbesetzten Ländereien im Westen. Dort begegnet er Shannon wieder, die mit ihrem zukünftigen Gemahl Stephen ebenfalls am Wettrennen teilnimmt...

Kritik: 

Die Besiedlung des Westens war schon im klassischen Western der 1950er Jahre ein weit verbreitetes Thema und gerade durch Meister wie John Ford und Howard Hawks erfolgreich umgesetzt. Viel Neues hat Ron Howard, der mit Bob Dolman („Willow“, „Groupies Forever“) auch das Drehbuch schrieb, dem Thema nicht hinzuzufügen. Vielmehr fokussiert er sich nach dem in Irland spielenden Prolog auf die schwierige Anpassung der europäischen Einwanderer an den großstädtischen Trubel in Amerika. Anfänglich sorgt die Tatsache, dass der Bauernjunge Joseph und Shannon als reiche Tochter eines Großgrundbesitzers aus gänzlich unterschiedlichen Gesellschaftsschichten stammen, natürlich für einige komische Szenen, aber bald hat sich auch Shannon an die neuen Lebensumstände in Boston gewöhnt. 
Hier überrascht Tom Cruise als geschickter, wendiger Boxer, der im Nu auch die Damenwelt verzückt, während Nicole Kidman erst nach und nach ihre weiblichen Reize ausspielen darf. Die von Dreck, Schweiß und Blut getränkte Atmosphäre im irischen Teil von Boston fängt Howard ebenso wunderbar ein wie die Landschaftsbilder des noch nicht besiedelten Westens. 
Allerdings sind die Figuren allesamt oberflächlich gezeichnet und greifen nur die Klischees trinkfester und rauflustiger Iren, unnachgiebiger Großgrundbesitzer und nervender Frauen auf. „In einem fernen Land“ punktet dabei mit John Williams‘ gefälligen, irisch angehauchten Score, prächtigen Panoramabildern und eindrucksvollen Massenszenen, doch weist die knapp zweieinhalbstündige Handlung auch einige Längen auf, die durch die Boxszenen und das Wettrennen nicht wettgemacht werden, zumal auch die Dialoge recht simpel gestrickt sind. Unter diesen Umständen machen Tom Cruise und Nicole Kidman als Liebespaar wider den Konventionen ihre Sache gut, doch reicht ihre stimmige Chemie nicht aus, um aus „In einem fernen Land“ einen nachhaltig eindrucksvollen Spätwestern zu machen.  

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