The Missing

Seit Clint Eastwood mit seinem Spätwestern „Erbarmungslos“ (1992) so erfolgreich bei der Oscar-Verleihung gewesen ist, haben sich auch andere prominente Hollywood-Regisseure immer wieder an der Aufarbeitung des seit den 1970er Jahren eigentlich totgesagten Genres versucht, so Lawrence Kasdan mit dem epischen „Wyatt Earp – Das Leben einer Legende“ (1994) und Kevin Costner, der bereits mit seinem ebenfalls Oscar-prämierten Epos „Der mit dem Wolf tanzt“ (1990) maßgeblich zur Wiederbelebung des Westerns beigetragen hat und 2003 mit „Open Range“ einen weiteren Western inszenierte. Auch Blockbuster-Regisseur Ron Howard lieferte 2003 mit „The Missing“ seinen ersten Beitrag zum Genre ab, konnte aber Kritiker und Publikum – trotz Tommy Lee Jones und Cate Blanchett in den Hauptrollen - nicht so sehr überzeugen. 

Inhalt: 

Die alleinerziehende Maggie Gilkeson (Cate Blanchett) hält sich auf einer kleinen Farm mit ihren beiden Töchtern Lilly (Evan Rachel Wood) und Dot (Jenna Boyd) anno 1885 in New Mexico als Farmerin und Heilerin gerade so über Wasser und lässt als gute Christin ihren Geliebten Brake (Aaron Eckhart) nur unbeobachtet in ihr Schlafzimmer. Dann steht völlig überraschend ihr Vater Samuel Jones (Tommy Lee Jones) vor der Tür. Er hatte die Familie bereits verlassen, als Maggie noch ein Kind war, und schloss sich einem Indianerstamm an. Nach dem Biss einer Klappenschlange soll Samuel ein Jahr lang kein Kalbfleisch essen und sich um seine Familie kümmern. Doch Maggie ist nach wie vor so bitter von dem Verhalten ihres Vaters enttäuscht, dass sie den Mann, der die Indianersprache spricht und mit seinen langen Haaren auch wie ein Indianer aussieht, wieder fortschickt. 
Als Brake Maggies Töchter zum Brandmarken der Rinder mitnimmt, kehrt er nicht wie versprochen bis zum Einbruch der Dämmerung zurück. Maggie, die die Nacht auf der Veranda verbracht hat, bemerkt im Morgengrauen, wie eines der Pferde allein zur Farm zurückgekehrt ist. Maggie schnappt sich das Pferd und macht sich auf die Suche nach ihrer Familie, findet schließlich die völlig verängstigte Dot und erfährt von ihr, dass Indianer sie überfallen und Lilly verschleppt hätten. Brake wurde auf bestialische Weise getötet. Maggie sucht zunächst Sheriff Purdy (Clint Howard) auf, doch der verweist auf die Armee, die ohnehin auf der Suche nach abtrünnigen Indianern sei. Da die Armee unter Führung von Lieutenant Jim Ducharme (Val Kilmer) aber in der falschen Richtung unterwegs ist, bleibt Maggie nichts anderes übrig, als sich hilfesuchend an ihren Vater zu wenden, der nicht nur ein guter Jäger, sondern auch ein großartiger Spurenleser ist. Die Zeit drängt, denn der grausame indianische Zauberer Chidin (Eric Schweig) will mit seiner Bande die eingefangenen Mädchen und Frauen über die mexikanische Grenze bringen, um sie dort zu verkaufen… 

Kritik: 

Es ist eine interessante Familienkonstellation, die Ron Howards „The Missing“ mit der alleinerziehenden Farmerin und Heilerin Maggie, ihren beiden Töchtern und dem Geliebten Brake vorstellt, der bislang vergeblich um Maggies Hand angehalten hat und nur unbeobachtet die nächtliche Schlafstatt seiner strenggläubigen christlichen Geliebten aufsuchen darf. Das Konzept geht immerhin so lange auf, bis eine marodierende Bande von skrupellosen Indianern und weißen Menschenhändlern Brake abschlachtet und die fast erwachsene Lilly entführt. Dann muss sich die auf sich allein gestellte Maggie zwangsläufig mit ihrem Vater aussöhnen, der es einst vorgezogen hat, seine junge Familie zu verlassen, um bei den Indianern weiterhin ein unstetes Leben zu führen. 
Die Jagd nach Lillys Entführern wird allerdings kaum genutzt, um den innerfamiliären Konflikt aufzulösen, sondern fokussiert sich vor allem auf die Schilderung der brutalen Behandlung der menschlichen Ware durch Chidins Bande einerseits und der Suche nach Lillys Entführern durch Maggie und ihren Vater andererseits, wobei dieser von seinen früheren Indianerfreunden begleitet wird, die er unterwegs trifft. Howard bleibt dabei den klischeehaften Rollenbildern in den letzten Tagen des Wilden Westens ebenso treu wie den Konventionen des Genres, so dass dem Zuschauer wenig Neues geboten wird. 
Zum Glück hat Howard mit Tommy Lee Jones („Auf der Flucht“, „The Homesman“) und Cate Blanchett („Blue Jasmine“, „Die Journalistin“) zwei charismatische Hauptdarsteller, die den klischeehaften Figuren etwas Profil verleihen. Und die stimmungsvolle Kameraarbeit von Salvatore Totino („Spurwechsel“, „An jedem verdammten Sonntag“) sowie der atmosphärisch dichte Score von James Horner („A Beautiful Mind“, „Avatar“) sorgen dafür, dass „The Missing“ bei aller Vorhersehbarkeit, überzogener Brutalität und einem faden Finale zumindest in audiovisueller Hinsicht großartig unterhält.  

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