Gattaca
Bevor der neuseeländische Drehbuchautor Andrew Niccol
1998 mit seinem Skript zu Peter Weirs Blockbuster „The Truman Show“ in
aller Munde war, überzeugte er bereits ein Jahr zuvor mit seinem Drehbuch- und
Regiedebüt „Gattaca“, mit dem er einen düsteren, aber nicht allzu
unrealistischen Blick in die Zukunft warf. Für sein Science-Fiction-Krimi-Drama
gewann er nicht nur ein hochkarätiges Darsteller-Ensemble mit Ethan Hawke,
Uma Thurman, Jude Law, Alan Arkin und Loren Dean, sondern auch Peter
Greenaways Hauskomponisten Michael Nyman.
Inhalt:
In einer nicht allzu entfernten Zukunft machen Marie Freeman
(Jayne Brook) und ihr Mann Antonio (Elias Koteas) nur zu gern von
der Möglichkeit Gebrauch, mittels DNS-Analyse des menschlichen
Erbguts Veranlagungen für alle erdenklichen Krankheiten, für geistige
und physische Fähigkeiten sowie die Lebenserwartung zu ermitteln.
Nachwuchs wird fast nur noch per In-vitro-Fertilisation gezeugt und
anschließend mittels Präimplantationsdiagnostik selektiert. Die
wenigen noch auf natürliche Weise Gezeugten nennt man zwar euphemistisch
„Gotteskinder“, in Wahrheit hält man sie jedoch für „invalid“, d. h. in
jeder Hinsicht minderbemittelt. Diskriminierung aus genetischen Gründen ist
zwar offiziell verboten, doch die „Invaliden“ werden von der modernen
Hochleistungsgesellschaft gnadenlos ausgegrenzt und bilden die neue Unterschicht.
Das trifft auch auf Maries und Antonios ersten Sohn Vincent (Ethan Hawke)
zu, der mit seiner starken Kurzsichtigkeit und schweren Herzproblemen gerade
mal mit einer Lebenserwartung von nicht mal dreißig Jahren rechnen darf. Sein
jüngerer Bruder Anton (Loren Dean) dagegen gehört zu den in jeder
Hinsicht optimierten Retortenkindern. Schon als Kind wollte Vincent sein
Schicksal aber nicht einfach hinnehmen. Im Wettschwimmen mit seinem Bruder
verlor er zwar regelmäßig, doch eines Tages war er kraftvoller als Anton und
rettete ihm das Leben. Als Erwachsener ist Vincent Mitglied einer Putzkolonne
in den Räumen der Gattaca Aerospace Corporation. Sein Traum ist es, mit dem
ersten bemannten Raumschiff zum Saturn, genauer zu einem seiner Monde zu
fahren: Titan. Über einem kriminellen Mittelsmann bekommt er Kontakt zu Jerome
(Jude Law), der zwar genetisch perfekt konstruiert, durch einen missglückten
Selbstmordversuch aber an den Rollstuhl gefesselt ist. Jerome verkauft Vincent
seine Identität, einschließlich Urin und Blut, soweit Vincent dies für die
Kontrolluntersuchungen bei Gattaca benötigt, Fingerabdrücke, Haare und anderes.
Von jetzt an scheinen sich Vincents Träume zu erfüllen. Er wird zum
respektierten Mitarbeiter bei der Firma, steigt vom Programmierer auf zum
Kandidaten für den Weltraumflug zum Saturn.
Als aber eine Woche vor dem Start zu Titan einer der
Direktoren der Gattaca Corporation ermordet aufgefunden wird, finden Polizisten
unter Leitung des ermittelnden Inspektors Hugo (Alan Arkin) eine Wimper,
die einem Invaliden zugeordnet werden kann. Für Vincent, der sich gerade mit
der ebenfalls bei Gattaca arbeitenden Irene (Uma Thurman) angefreundet
hat, beginnt ein Kampf nicht nur um die Teilnahme am Start, sondern um sein
Leben. Wenn seine wahre Identität entdeckt wird, wird er als Mörder für eine
Tat verurteilt, die er nicht begangen hat...
Kritik:
Andrew Niccol hat mit „Gattaca“ ein beunruhigendes
Szenario entworfen, in dem auf „natürlichem“ Wege und mit genetischen Defekten
behaftete Geborene abfällig als „Invaliden“ bezeichnet werden und nur für niedere
Jobs in Frage kommen. Da die Wissenschaft es hergibt, gehen Paare mit
Kinderwunsch in der nahen Zukunft dazu über, perfekte genetische Codes aus
ihren DNS erstellen zu lassen, um damit in jeder Hinsicht „perfekte“ Menschen
aufzuziehen, denen alle Möglichkeiten offenstehen. In Niccols Vision
werden diese beiden Gruppierungen strikt voneinander getrennt und entsprechend
überwacht, so dass die Spannung in „Gattaca“ aus Vincents
Herausforderung besteht, dass seine Tricks, mit denen er in das Reich der „Perfekten“
übergesiedelt ist, von der Polizei unentdeckt bleiben. Leider fokussiert sich
die Geschichte damit zunehmend auf den Kriminalfall, sodass die gesellschaftliche
Komponente der künstlich generierten genetischen Überlegenheit in den
Hintergrund gerät. Auch die Liaison zwischen Vincent und Irene trägt wenig zur
Geschichte bei. Stattdessen hätte die Beziehung zwischen Vincent und Jerome
noch intensiver ausgestaltet werden können, denn Jerome ermöglicht schließlich
Vincent das Leben, das er selbst nicht mehr führen kann. „Gattaca“ fährt
nicht nur mit einem imponierenden Cast auf, sondern überzeugt vor allem durch
die ruhige Inszenierung und die kühl stilisierten Bilder von Slawomir Idziak
(„Drei Farben – Blau“, „Black Hawk Down“).
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