Der Mann mit der Stahlkralle

Vietnam-Heimkehrer haben es nicht leicht. Das ist der gemeinsame Tenor, den Oliver Stone in seiner Vietnam-Trilogie ("Platoon", "Geboren am 4. Juli", "Zwischen Himmel und Hölle") ebenso verlautbarte wie Ted Kotcheff in "Rambo". Doch selten ist das Trauma, das der Krieg bei den Soldaten hinterließ, mit solch leisen Tönen und so ruhig inszeniert worden wie in John Flynns "Der Mann mit der Stahlkralle" (1977), der jetzt in ungeschnittener Fassung auf Blu-ray veröffentlicht worden ist. 
Als Major Charles Rane (William Devane) nach sieben Jahren aus Vietnam zurückkehrt, landet er nur scheinbar im Schoss seiner geliebten Familie. Seine Frau offenbart ihm, dass sie ein Verhältnis mit dem Sheriff (Lawrason Driscoll) eingegangen ist und seine Frau werden will, sein Sohn kann sich nicht mehr an ihn erinnern. Selbst die Willkommenszeremonie, bei der Rane eine Schatulle mit Silberdollars überreicht bekommt, nimmt ein böses Ende: Gangster stehlen nicht nur das Geld, sondern bringen seine Familie um, foltern ihn und lassen ihn angeschossen zurück. Mit einer Stahlkralle statt der im Müllzerkleinerer zerfetzten Hand und der sympathischen Kellnerin Linda (Linda Haynes) versucht Rane, sich in seinem neuen Leben zurechtzufinden, was ihm einfach nicht gelingen will. Immer wieder wird er von den Foltererlebnissen im Krieg heimgesucht und flüchtet sich in Rituale, die er aus der Gefangenschaft übernommen hat. Schließlich zieht Rane mit seinem Veteranenfreund Johnny (Tommy Lee Jones) in einen eigenen Krieg. In der vertrauten Militäruniform machen sie Jagd auf die Männer, die Ranes Familie getötet haben. 
Drehbuchautor Paul Schrader hat schon in "Taxi Driver" (1976) und später in "Hardcore" (1979) von Männern geschrieben, die nach heftigen Schicksalsschlägen Erlösung in Gewaltausbrüchen zu finden suchten. Für das Entsetzen, das Rane in Vietnam widerfuhr, gibt es letztlich keine Worte, aber Rane ist auch nach seiner Heimkehr zu keinen Worten fähig. Das Geständnis seiner Frau nimmt er ganz stoisch auf, er will weder darüber reden noch mehr davon hören. Stattdessen zieht er sich in sich selbst zurück und durchlebt die Leiden des Krieges von neuem. 
John Flynn inszeniert das Drama eines gebrochenen Mannes mit ruhiger Hand und ohne Effekthascherei. Wie kompliziert das neue Leben ist, wird auch in der Beziehung zwischen Rane und Linda thematisiert. Beide haben Schlimmes erlebt und können sich nur bedingt auf ihre Zuneigung zueinander verlassen. Erst zum Finale nimmt der Film Tempo und Action auf, doch Erlösung finden die Kriegshelden keine. 

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