Nosferatu - Phantom der Nacht

Werner Herzog hatte gute Gründe, seine 1978 realisierte Adaption von Bram Stokers Schauerliteratur-Klassiker "Dracula" nicht wie Francis Ford Coppola später "Bram Stoker's Dracula" zu nennen, sondern "Nosferatu - Phantom der Nacht". Denn mit diesem Film erwies Herzog einem seiner Lieblingsregisseure seine Ehrerbietung, Friedrich Wilhelm Murnau und seinem expressionistischen Meisterwerk "Nosferatu, eine Symphonie des Grauens"
Zur Biedermeier-Zeit erhält der Makler Jonathan Harker (Bruno Ganz) von seinem Vorgesetzten Renfield (Roland Topor) den Auftrag, noch am selben Tag von Wismar ins ferne Transsylvanien zu reisen, da ein gewisser Graf Dracula ein Haus in der schönen Hansestadt erwerben möchte. Nur widerwillig nimmt Harker die lange Reise auf sich, erhofft sich aber, seiner schönen Frau Lucy (Isabelle Adjani) mit dem Bonus ein größeres Haus kaufen zu können. Lucy ist von größter Angst um ihren Liebsten erfüllt, und Harker muss kurz vor dem Ziel von den Einheimischen erfahren, dass es um den Grafen nicht ganz geheuer ist. 
Tatsächlich entpuppt sich der mysteriöse Graf Dracula (Klaus Kinski) als Vampir, der seinen Gast durch einen Biss ebenfalls in einen verwandelt und ihn gefangen hält, während er selbst - nachdem er das Medaillon mit dem Bild von Harkers wunderschönen Frau erblickt hat - mit dem Schiff nach Wismar reist. Harker kann sich zwar befreien und macht sich ebenfalls auf den Weg zurück in die Heimat, doch dort hat Dracula schon längst Tod und Schrecken verbreitet. 
Wie schon in "Aguirre, der Zorn Gottes" und vor allem in seinem späteren Meisterwerk "Cobra Verde" brilliert "Nosferatu - Phantom der Nacht" durch grandiose Bilder, die den Liebreiz der Hansestadt Wismar (obwohl in Delft gefilmt) ebenso einfängt wie die wilde Natur Transsylvaniens. Doch darüber hinaus sind es natürlich einmal die vorzüglichen Darsteller, die die Verbeugung vor Murnaus Original so sehenswert machen, allen voran natürlich Klaus Kinski, der trotz der minimalen Leinwandzeit von gerade mal 17 Minuten eine Präsenz offenbart, die die Atmosphäre des gesamten Films mitträgt. Im Gegensatz zu den temperamentvollen Figuren des Aguirre und Fitzcarraldo stellt Kinski seinen Nosferatu als am Leben leidender Blutsauger dar, dessen Kummer und Einsamkeit in jeder Einstellung aus seinen müden Gesten und intensiv traurigen Augen sprüht. 
Daneben überzeugen aber auch Bruno Ganz ("Das Ende ist mein Anfang", "Der Untergang") als sorgender Ehemann, Isabelle Adjani ("Camille Claudel", "Subway") als zarte Schönheit und der Autor/Schauspieler Roland Topor ("Der Mieter") als wahnsinniger Renfield . 
Zusammen mit der düsteren Musik von Herzogs Hauskomponisten Florian Fricke alias Popol Vuh erweist sich "Nosferatu - Phantom der Nacht" als atmosphärisch dichtes Vampirdrama, das das Orginal ganz bewusst immer wieder zitiert, aber auch unverkennbar eigene Herzog-Züge aufweist. 

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