Aguirre, der Zorn Gottes

Als Werner Herzog Klaus Kinski in einer Nebenrolle in dem Kriegsdrama "Kinder, Mütter und ein General" (1955) gesehen hatte, war er sofort elektrisiert von Kinskis Schauspielkunst und sah sich einen Traum erfüllt, als Kinski begeistert sein Drehbuch zu "Aguirre - Der Zorn Gottes" verschlang und unbedingt den Aguirre spielen wollte. Es sollte der Beginn einer äußerst fruchtbaren wie konfliktreichen Beziehung werden, in der sich die beiden besessenen Visionäre ebenso aufrieben wie zu Höchstleistungen anstachelten. Bereits das 1972 inszenierte Abenteuer-Drama "Aguirre - Der Zorn Gottes" verlangte allen Beteiligten viel ab, zählt aber zu den frühen Höhepunkten unter den fünf Filmen (außerdem "Nosferatu", "Cobra Verde", "Woyzeck" und "Fitzcarraldo") umfassenden Zusammenarbeit, die jetzt erstmals auf Blu-ray in der "Klaus Kinski/Werner Herzog"-Edition von StudioCanal veröffentlicht wurde. 
Auf der Suche nach dem sagenhaften El Dorado führt Gonzalo Pizarro (Alejandro Repulles) 1561 eine Expedition durch die peruanischen Anden an. Das an Goldschätzen reiche Land soll der spanischen Krone einverleibt und das heidnische Urvolk christianisiert werden. Doch der beschwerliche Weg durch den dichten Dschungel, den reißenden Fluss und die steilen Berge fordert schnell die ersten Menschenleben. Sobald sich der Verdacht erhärtet, dass die Indianer die Truppe mit ihren Fallen und Giftpfeilen dezimieren, will Pizarro die Expedition umkehren lassen. Doch der Unterführer Don Lope de Aguirre (Klaus Kinski) denkt gar nicht an Kapitulation, sondern nur an den unermesslichen Reichtum, der vor ihm liegt. Mit blutiger Entschlossenheit übernimmt er das Kommando und setzt mit seinen Anhängern die lebensgefährliche Fahrt auf dem Amazonas fort. 
Es ist Klaus Kinski sichtlich schwer gefallen, nicht von Anfang an im Mittelpunkt des Films zu stehen. Die der Blu-ray als Bonus beigefügte Dokumentation "Mein liebster Feind", in der Werner Herzog in Spielfilmlänge über die schwierige Zusammenarbeit mit Klaus Kinski referiert, legt beredtes Zeugnis ab über Kinskis Exzentrizität, die sich oft genug in mächtigen Wutausbrüchen manifestierte. Zunächst ist Aguirre wenig mehr als ein Statist, ein einfacher Soldat, der die Anweisungen des Expeditionsleiters kritisch, aber stumm beobachtet, aber es genügt ein Blick in sein Gesicht, um zu erahnen, was sich hier anbahnt. Klaus Kinski ist seit jeher ein Schauspieler gewesen, der fast mehr mit seiner Mimik und Gestik mitzuteilen verstand als mit Worten, und "Aguirre - Der Zorn Gottes" ist ein wundervolles Beispiel für diese Kunst. Je mehr sich Aguirre in die Führerrolle hineinsteigert, umso mehr lässt Kinski sein eigenes Ich sprechen, wie es scheint. Kaum einer hätte Aguirres ausbrechenden Wahnsinn derart authentisch darstellen können. 
Der Film lebt von Kinskis überbordender Energie, von seiner stets omnipräsenten Gewaltbereitschaft und seinem grenzenlosen Willen nach Macht und Reichtum. Ebenso mächtig stellt sich aber die monumentale Naturkulisse dar, die Herzog in majestätischen Bildern festgehalten hat. Zusammen mit dem hypnotischen Score von Herzogs Hauskomponisten Popol Vuh ist so ein hypnotisches Meisterwerk entstanden, wie es nur das Gespann Kinski/Herzog hervorbringen konnte. 

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