Big Eyes

Das Filmuniversum von Regie-Exzentriker Tim Burton lebt nicht nur von seinen einzigartigen Kulissen, sondern vor allem von seinen skurrilen Figuren. Gerade Johnny Depp schlüpfte immer wieder in Rollen wie in die von Trash-Regisseur Ed Wood, Schokoladen-Fabrikant Willy Wonka oder des diabolischen Friseurs Sweeney Todd. Für seinen Film „Big Eyes“ greift Burton nicht nur auf eine wahre Geschichte über das Künstlerpaar Walter und Margaret Keane zurück, sondern auch auf die Oscar-prämierte Darstellungskunst von Christoph Waltz („Inglourious Basterds“).
Nachdem sie sich von ihrem Mann getrennt hat, flüchtet Margaret (Amy Adams) 1958 mit ihrer Tochter Jane (Delaney Raye, später: Madeleine Arthur) nach San Francisco, wo die passionierte Malerin einen Job in einer Möbelfabrik annimmt und an den Wochenende ihre Bilder auf Märkten zu verkaufen versucht. Ihre Kinderportraits mit den auffallend großen, traurigen Augen verkaufe sie allerdings unter Wert, wie ihr Kollege Walter Keane (Christoph Waltz) beteuert. Seine Pariser Straßenszenen wechseln für ein Vielfaches dessen, was Margaret einnimmt, ihren Besitzer. Nichtsdestotrotz verdient Walter seinen Lebensunterhalt als Immobilienmakler und nimmt Margaret zur Frau, als sie das Sorgerecht für ihre Tochter zu verlieren droht. Um ihre Bilder zu verkaufen, mietet Walter Wände in einem angesagten Club, wo vor allem Margarets Bilder für Aufmerksamkeit sorgen. Darauf angesprochen, ob die Kinderportraits von ihm seien, bejaht Walter die Frage und zeigt sich im Umgang mit den Medien und den Stars so geschickt, dass Margarets Bilder sich im Namen von Walter hervorragend verkaufen. Das hat leider auch zur Folge, dass Margaret ihre Werke nur noch in einem kleinen Kämmerchen produzieren kann, damit niemand erfährt, dass sie die Urheberin der populären Bilder ist. Doch irgendwann ist für sie der Punkt erreicht, als sie selbst die Lorbeeren für ihre Kunst ernten will, was weit mehr als nur eine Ehekrise auslöst.
Nachdem seine letzten Filme von den großen Studios Warner Bros. und Walt Disney Pictures produziert worden sind, legt Tim Burton mit „Big Eyes“ ein Biopic vor, das eigentlich nur eine unbedeutende Episode in der Kunstgeschichte darstellt, das Burton und seine beiden Biopic-erfahrenen Drehbuchautoren Scott Alexander und Larry Karaszewski („Ed Wood“, „Der Mondmann“) aber vor allem als Ehe-Farce und Emanzipationsdrama entwickelt haben. Im Vergleich zu seinen opulent ausgestatteten Märchenfilmen „Alice im Wunderland“, „Charlie und die Schokoladenfabrik“ oder auch sein frühes Meisterwerk „Edward mit den Scherenhänden“ fällt das Produktionsdesign in „Big Eyes“ längst nicht so deutlich ins Auge und ist ungewöhnlich dezent ausgefallen. Stattdessen stellt der Film das Künstlerpaar Keane in den Mittelpunkt seiner Geschichte und darf dabei auf das geballte Charisma sowohl von Christoph Waltz („Der Gott des Gemetzels“, „Django Unchained“) als auch der fünffach Oscar-nominierten Amy Adams (u.a. für „American Hustle“, „The Master“ und „The Fighter“) bauen. Doch hier liegt zugleich auch die Schwäche der Inszenierung, denn die Parts der beiden Ehepartner und Künstler sind so antagonistisch angelegt, dass kaum nachzuvollziehen ist, warum die beiden überhaupt geheiratet haben. Vor allem Christoph Waltz' Performance ist fast schon im Bereich Overacting angesiedelt, während Amy Adams als zurückhaltende Künstlerin mit individuellem Ausdruck die ganzen Sympathien auf sich zieht. Die Diskussion, inwieweit die Keane-Bilder überhaupt als Kunst anzusehen sind oder nur publikumswirksamen Kitsch darstellen, kann bei der Beantwortung der Frage, ob „Big Eyes“ eher ein Künstler-Farce oder ein Ehe-Drama ist, kaum Hilfestellung leisten. So lässt sich der Film zwar durchaus als Burton-Werk identifizieren, aber von einer überzeugenden Erzählung einer stimmigen Geschichte ist er weiter entfernt als frühere Produktionen des außergewöhnlichen Filmemachers.
"Big Eyes" in der IMDb

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