Garden Lane

Der schwedische Filmemacher Olof Spaak ist viel herumgekommen, seit er in frühen Jahren seine Heimat zunächst in Richtung London verlassen hatte, dann in Madrid und Barcelona studierte und in Mexico City arbeitete, bevor er nach Schweden zurückkehrte, um an der Stockholmer Universität Film zu studieren. Nach verschiedenen Jobs beim Fernsehen inszenierte er 2015 den Kurzfilm „Beginning Of The End“ und präsentierte beim diesjährigen Braunschweiger Filmfest sein Langfilmdebüt „Garden Lane“. Die Geschichte beruht dabei auf Kindheitserlebnissen von Produzentin Sofie Palage und erweist sich ebenso als einfühlsames Coming-of-Age-Drama wie als geschicktes Spiel mit den Erinnerungen.
Der junge Eric (Emil Algpeus) lebt bei seiner Mutter und ihrem neuen Mann und wird an den Wochenenden von seinem Vater Peter (Simon J Berger) abgeholt, der ebenso wie seine Freundin Linda (Karin Franz Körlof) heroinabhängig ist und als Lindas Aufpasser agiert, wenn sie ihre Freier im Wohnwagen bedient.
Als Peter wieder einmal seinen Sohn abholt, lernt Eric Lindas Tochter Elin (Nike Ringqvist) kennen und freundet sich schnell mit dem Mädchen an. Peter bekommt den Job, einen alten Gutshof zu restaurieren, bevor dieser verkauft wird, und so verbringen Peter und Linda mit den beiden Kindern dort einen fast unbeschwerten Sommer, doch die Drogensucht droht der Idylle immer wieder zu zerstören.
Als sich Elin und Eric als Erwachsene bei der Beerdigung von Linda wiederbegegnen, müssen sie feststellen, dass sie ganz unterschiedliche Erinnerungen an ihre gemeinsamen Kindheitstage haben …
Die „Trädgårdsgatan“, so der schwedische Originaltitel von „Garden Lane“, ist der Name der Straße, in der Produzentin Sofie Palage aufgewachsen ist. Ihre Kindheitserinnerungen hat Gunnar A.K Järvstad zu einem Drehbuch geformt, das von den Schwierigkeiten erzählt, die Eric und Elin während ihrer Kindheit erlebt haben. So leidet Eric vor allem unter der strengen Erziehung seines Stiefvaters, der als Zeuge Jehovas nichts mit dem Jungen durchgehen lässt. So sehnt er sich zunehmend nach seinem Vater und der Idylle auf dem alten Gutshof, auf dem die Patchwork-Familie so lange leben darf, wie die Arbeiten daran andauern. Doch die Drogensucht steht einem bürgerlichen Leben, nach dem sich vor allem Linda sehnt, immer wieder entgegen.
Olof Spaak nimmt sich viel Zeit, in seinem Langfilmdebüt die prekären Verhältnisse aufzuzeigen, in denen Linda zunächst als Prostituierte und Peter als ihr Aufpasser leben, ohne Zuhause, ohne richtige Jobs. Die Kinder empfinden dies zunächst nicht als tragisch, zumal der Gutshof dann tatsächlich wie ein echtes Zuhause wirkt, in dem sich Peter und Linda viel Zeit für die Kinder nehmen, wenn sie nicht gerade mit ihren eigenen Problemen beschäftigt sind.
Der Film widmet aber auch Linda und Peter viel Aufmerksamkeit, vor allem dem schwierigen Verhältnis zwischen Linda und ihrer Mutter, die ihr schließlich einen Job in der Pflege besorgt und darauf drängt, dass ihre Tochter zu ihr zieht. Was den Film jenseits der familiären Bindungen und Probleme aber besonders auszeichnet, sind die unterschiedlichen Erinnerungen an bestimmte Erlebnisse, über die sich Eric und Elin als Erwachsene austauschen. Hier genügen dem Filmemacher nur wenige Beispiele, um aufzuzeigen, wie sehr die Erinnerungen der beiden an damals auseinanderdriften. Der Film lebt dabei nicht nur von der feinfühligen Inszenierung, die die psychologischen Tiefen der Figuren wunderbar auslotet, sondern auch von dem tiefsinnigen Drehbuch und den ausdrucksstarken Leistungen des Ensembles.
"Garden Lane" in der IMDb

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