Little Crusader

Der tschechische Filmemacher Václav Kadrnka hat 2011 mit seinem Debüt „Eight Letters“ nicht nur auf der damaligen Berlinale für Furore gesorgt, sondern auch etliche internationale Filmpreise eingeheimst. Nun präsentierte er im Rahmen des 31. Braunschweig International Film Festivals seinen neuen Film „Little Crusader“, der hoffentlich auch bald regulär in deutschen Filmtheatern zu sehen sein wird.
Am frühen Morgen legt der kleine Jan (Matous John) seine kindliche Rüstung an und verlässt ohne ein Wort sein Zuhause, um das Heilige Land zu suchen. Als sein Vater, der Ritter Bořek (Karel Roden), das Verschwinden seines einzigen Kindes bemerkt, macht er sich mit dem Portrait, das seine Frau (Jana Semerádová) schnell von den Jungen angefertigt hat, auf die Suche. Zwar begegnet er unterwegs immer wieder Menschen wie einem Geistlichen und Gastwirten, die den Jungen beherbergt oder zumindest gesehen haben, aber er scheint immer einen Tick zu spät zu kommen. Erst als er einem jungen Ritter (Ales Bílík) begegnet, der ebenfalls am Kreuzzug teilnehmen will, naht sich seine verzweifelte Suche dem Ende zu …
Für seinen zweiten Film hat sich Václav Kadrnka von einem Gedicht Jaroslav Vrchlickýs aus dem 19. Jahrhundert inspirieren lassen und den christlichen Kreuzzug gegen die Muslime im Heiligen Land zu einem entschleunigten Filmgedicht transformiert, das den Kreuzzug an sich nicht weiter vertieft, sondern als Grundlage für ein außergewöhnlich kontemplatives Road Movie nimmt, in dem ein Vater sich auf die Suche nach dem verlorenen Sohn macht.
In den wenigen Dialogen wird interessanterweise auch nie der Kreuzzug und die Motivation des Jungen, daran teilzunehmen, thematisiert, sondern vor allem um das Verhältnis zwischen Vater und Sohn. In einer Schlüsselszene am Lagerfeuer versucht der junge Kreuzritter, der den Vater bei seiner Suche begleitet, davon zu überzeugen, dass der Junge immer klein bleiben wird, wenn der Vater ihn immer unter Beobachtung behält. Es geht also letztlich um Fürsorge und Emanzipierung, um Festhalten, Vertrauen und Loslassen, natürlich auch um den Glauben, um Verzweiflung, Hoffnung, Wut und Trauer.
Immer wieder bricht aus dem Vater die Gewalt hervor, wenn er auf Abbilder seines Sohnes in Theateraufführungen und Skulpturen stößt, immer wieder befreit ihn der besonnene Kreuzritter aus den Handgemengen, so dass aus der Fürsorge des Alten für den Jungen die Fürsorge der nachgewachsenen Generation für die Alten wird. Während der Sohn während der Reise seine Orientierung verliert, gehen dem Vater die Kräfte aus.
Diese metaphysischen Ebenen haben Kadrnka und sein Kameramann Jan Baset Stritezsky in sonnengebleichten Bildern und langen Einstellungen eingefangen, die sporadisch von Vojtech Havel repetitiven Streicherklängen untermalt werden. Es ist eine Filmerfahrung, die zum Nachdenken und Träumen anregt und stilistisch so ganz anders fesselt als es das Mainstream-Kino je könnte. 
"Little Crusader" in der IMDb

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