Das Urteil - Jeder ist käuflich

John Grisham ist definitiv ein Phänomen. Seit seinem 1989 veröffentlichten Debüt mit „Die Jury“ schrieb er nicht nur nahezu im Jahrestakt einen weiteren, in mittlerweile 42 Sprachen erschienenen Bestseller, sondern durfte auch verfolgen, wie jeder seiner bis 1997 veröffentlichten Justiz-Thriller auch noch – von meist renommierten – Filmemachern wie Sydney Pollack, Joel Schumacher, Alan J. Pakula und Francis Ford Coppola mit großem Staraufgebot auf die große Leinwand gebracht wurde. Nach Coppolas geglückter Adaption von „Der Regenmacher“ (1997) wurde es in Hollywood allerdings ruhig um John Grisham. Mit Gary Fleders „Das Urteil“ war 2003 das vorläufige Ende der Verfilmungen seiner Stoffe angesagt. Dabei zählt der Film zu den besseren Umsetzungen der literarischen Vorlagen. 

Inhalt: 

Als der Börsenmakler Jacob Wood (Dylan McDermott) durch einen Amokschützen in seinem Büro getötet wird, strengt seine zur Witwe gewordene Frau Celeste (Joanna Going) einen Prozess gegen die Waffenindustrie an. Durch ihren Anwalt Wendell Rohr (Dustin Hoffman) verklagt sie den Hersteller der illegalen Handfeuerwaffe, da dieser aus Profitgier nicht sichergestellt habe, dass Schusswaffen nicht in unbefugte Hände gelangen. Das Medieninteresse an diesem Zivilprozess ist entsprechend groß, denn ein Schuldspruch würde einen Präzedenzfall schaffen, der eine Vielzahl weiterer Klagen zur Folge hätte. Um sich vor den befürchteten Milliardenverlusten zu schützen und ein für sie günstiges Urteil zu erwirken, engagieren die Waffenproduzenten den skrupellosen, aber brillanten Juryberater Rankin Fitch (Gene Hackman), der mit seinem spezialisierten Team auch Rechercheuren und Observierern die Lebensgeschichte jedes potenziellen Geschworenen und jede ihrer Schwächen ans Tageslicht bringt. Noch während der Geschworenenauswahl bekommt Durwood Cable (Bruce Davidson), der Anwalt der beklagten Vicksburg Firearms, über Funk von Fitch die Ansagen zur Annahme oder Verweigerung der zur Auswahl stehenden Geschworenen übermittelt, so dass sich Fitch und seine Auftraggeber sicher sein können, dass das Urteil zu ihren Gunsten ausfällt. Nur Nicolas Easter (John Cusack), Geschworener Nummer 9, bereitet Fitch etwas Kopfzerbrechen, da kaum etwas über ihn bekannt ist. 
Tatsächlich sind Easter und seine Freundin Marlee (Rachel Weisz) bestens mit den Praktiken der Beeinflussung bei der Geschworenenauswahl vertraut und versuchen, aus diesem Umstand das Geschäft ihres Lebens zu machen. Marlee nimmt Kontakt sowohl zu Rohr als auch Fitch auf und versucht, das Urteil für zehn Millionen zu „verkaufen“. Sowohl Fitch als auch Rohr beginnen daran zu zweifeln, dass ihnen der Sieg vor Gericht sicher ist, und zumindest Fitch greift schließlich zu drastischeren Methoden, die Jury und damit das Urteil in seinem Sinne zu beeinflussen… 

Kritik: 

Eigentlich steht in Grishams Romanvorlage die Tabakindustrie vor Gericht, doch die hat zuvor bereits Michael Mann eindrucksvoll in „Insider“ zur Rechenschaft gezogen. Stattdessen gerät in Gary Fleders Verfilmung von „Das Urteil“ die Waffenindustrie und der 2. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten ins Visier, der das Recht, Waffen zu besitzen, garantiert. Nicht zuletzt durch die in den letzten Jahren auch an High Schools verübten Massaker ist die Diskussion um den rechtmäßigen Besitz von Waffen für quasi Jedermann immer wieder angeheizt worden. 
Im Mittelpunkt des Films steht allerdings ein Aspekt der Rechtsprechung, den Grisham bereits in seinem Debütroman „Die Jury“ thematisiert hat, nämlich die Bedeutung der Zusammensetzung der Geschworenen für das Urteil. Für besonders relevante und potenziell folgenschwere Prozesse werden auch keine Kosten und Mühen gescheut, die Geschworenen auf Herz und Nieren zu überprüfen und sie durch ihre Schwachstellen erpressbar zu machen. 
In Gary Fleders („Sag‘ kein Wort“, „Das Leben nach dem Tod in Denver“) Verfilmung sorgen allein die großartigen Darsteller dafür, dass das Konzept des Kampfes um die Gunst der Geschworenen spannend bis zum Schluss bleibt. Die Schauspiel-Legenden Dustin Hoffman („Tootsie“, „Rain Man“) und Gene Hackman („Erbarmungslos“, „Die Firma“) stehen hier erstmals in ihrer Karriere gemeinsam vor der Kamera und liefern sich ein packendes Duell hinter den Kulissen des Prozesses. Hier agiert John Cusack („High Fidelity“, „Identität“) als Zünglein an der Waage, wenn er als undurchsichtiger Geschworener mit verdeckter Vergangenheit von innen heraus als Geschworener die Jury in eine Richtung zu lenken versucht. 
Im Gegensatz zu „Der Regenmacher“, wo Francis Ford Coppola noch einige Nebenschauplätze beackert, fokussiert sich „Das Urteil“ ganz auf diesen einen Prozess und das knallharte Geschäft mit der Beeinflussung von Geschworenen. Das ist packend inszeniert, wunderbar von Robert Elswit („Good Night, and Good Luck.“, „There Will Be Blood“) fotografiert und vor allem toll gespielt.  

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