Die Kammer

Die 1990er Jahre waren ein Fest für John-Grisham-Fans. Der ehemalige Anwalt und demokratische Politiker veröffentlichte seit 1989 im Jahrestakt Bestseller und etablierte den Justiz-Thriller nahezu im Alleingang als literarisches Genre. Hollywood ließ nie lange auf sich warten, die in 42 Sprachen erschienenen Romane mit Staraufgebot zu verfilmen, so dass teilweise zwei Grisham-Verfilmungen pro Jahr im Kino zu sehen waren. So liefen 1993 sowohl Sydney Pollacks „Die Firma“ als auch Alan J. Pakulas „Die Akte“ auf der großen Leinwand, 1996 Joel Schumachers Adaption von Grishams Debüt „Die Jury“ und James Foleys „Die Kammer“. Während „Die Jury“ mit der emotional aufgeladenen Verteidigung von Selbstjustiz kontrovers aufgenommen wurde, leitete „Die Kammer“ das nachlassende Interesse an Grisham-Verfilmungen ein. 

Inhalt: 

Der junge Anwalt Adam Hall (Chris O'Donnell) hat es sich in den Kopf gesetzt, seinen Großvater Sam Cayhall (Gene Hackman) zu verteidigen, der in dritter Generation Mitglied des Ku-Klux-Klans ist und wegen eines Bombenanschlags auf eine jüdische Kanzlei, bei der zwei Kinder getötet wurden, zum Tode verurteilt worden ist. Im Todeszellentrakt des Parchman-Gefängnisses in Mississippi begegnet Adam seinem Großvater zum ersten Mal. Adam hat berechtigte Zweifel, dass sein Großvater allein für den Bombenanschlag verantwortlich gewesen ist, und setzt alles daran, wenigstens das Strafmaß zu verringern und die Hinrichtung in der Gaskammer abzuwenden. Doch die Voraussetzungen sind alles andere als günstig, denn nachdem Cayhalls erster Anwalt durch Verschleppung des Prozesses und die Auswahl weißer, dem Angeklagten potentiell wohlgesinnter Geschworener, anfangs eine Verurteilung vermeiden konnte, gelang es im dritten Prozess ausgerechnet dem profilierungssüchtigen Staatsanwalt David McAllister (David Marshall Grant) eine Verurteilung. Der mittlerweile zum Gouverneur aufgestiegene McAllister ist der einzige, der noch eine Begnadigung gewähren könnte. Allerdings würde er damit auch seine politische Karriere aufs Spiel setzen. Unterstützung erhält Adam ausgerechnet von McAllisters attraktiven schwarzen Assistentin Nora Stark (Lela Rochon), doch die Zeit läuft Adam davon, denn der Hinrichtungstermin ist in 28 Tagen. Adams Großvater verweigert jede Mithilfe bei der Aufarbeitung der genauen Umstände des Bombenattentats, aber Adam arbeitet zusammen mit seiner Mutter Lee (Faye Dunaway) nicht nur seine Familiengeschichte auf, sondern nimmt auch Kontakt zu Cayhalls mutmaßlichen Mitstreitern vom Klan auf, die darauf hoffen, dass Sam standhaft bliebt… 

Kritik: 

Wie schon in „Die Jury“ thematisiert „Die Kammer“ die Todesstrafe, auch diesmal im Zusammenhang mit rassistischen Motiven. Musste sich in Grishams Debütroman „Die Jury“ der schwarze Angeklagte noch wegen des Doppelmordes an den weißen Vergewaltigern seiner zehnjährigen Tochter vor einer weißen Jury verantworten, wurde in „Die Kammer“ ein Weißer wegen des Doppelmordes an zwei Kindern verurteilt, deren Vater sich für die Rechte der Juden eingesetzt hatte.
Im Gegensatz zu den vorangegangenen Grisham-Verfilmungen plätschert „Die Kammer“ allerdings ohne große Spannungsmomente recht unaufgeregt dahin. Was an Action fehlt, hätten hier eine umfangreichere Auseinandersetzung mit den Themen Rassismus und Todesstrafe ersetzen können, zumal Adam in seiner Verteidigung geltend machen will, dass sein Großvater in einer Atmosphäre von Hass und Gewalt aufgewachsen sei, so dass er für die Morde an den beiden Kindern nicht allein verantwortlich gemacht werden könne. Doch dieses Potenzial wird ebenso verschenkt wie die Aufarbeitung der Familiengeschichte. 
Faye Dunaway („Thomas Crown ist nicht zu fassen“, „Chinatown“) trägt mit ihrem aufgesetzten Spiel als alkoholsüchtige Tochter des Todeskandidaten nicht viel zur psychologischen Tiefe des Films bei, während Chris O'Donnell („Der Duft der Frauen“, „Batman & Robin“) nicht über das Charisma verfügt, um so eine Hauptrolle zu schultern. So bleibt es allein an Hauptdarsteller Gene Hackman („Die Firma“, „Erbarmungslos“), als zwar nicht reumütiger, doch durchaus menschlicher Todeskandidat den Film vor einem totalen Absturz zu bewahren. 

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