Alexander

Der Monumentalfilm hatte in den 1950er- und 1960er-Jahren seine Blütezeit mit kassenträchtigen Produktionen wie „Cleopatra“, „Ben Hur“, „Das Gewand“, „Quo Vadis?“, „Spartacus“ sowie „Der Untergang des Römischen Reiches“ und wurde nach dem Niedergang erst durch Ridley Scotts Oscar-prämiertes Meisterwerk „Gladiator“ (2000) wiederbelebt. Seither haben sich weitere prominente Filmemacher an der Neuverfilmung antiker Stoffe versucht, neben Wolfgang Petersen mit „Troja“ (2004) auch Oliver Stone mit „Alexander“, der leider längst nicht an die Qualität der beiden anderen Werke von Scott und Petersen anknüpfen kann, zumal Colin Farrell nicht die physisch beeindruckenden Starqualitäten von Russell Crowe und Brad Pitt besitzt. 

Inhalt: 

Obwohl der junge Alexander (Jessie Kamm, Connor Paolo) ca. 300 v. Chr. in einem makedonischen Königshaus aufwächst, wird seine Erziehung von zwei unterschiedlichen Polen bestimmt, wird mitten in den Kleinkrieg seiner Eltern hineingezogen. Während seine Mutter Olympias (Angelina Jolie) ihren Jungen für ein gottgleiches Geschöpf hält, der Großes bewirken wird, ist sein einäugiger Vater Philipp II. (Val Kilmer) zwar ein hervorragender Kriegsherr, aber auch über die Maßen trinkfreudig. Im Gegensatz zu Alexanders Mutter macht Philipp keinen Hehl daraus, dass er seinen Sohn für einen Schwächling hält. Als Zwanzigjähriger bekommt Alexander (Colin Farrell) jedoch vorzeitig die Gelegenheit, das Gegenteil zu beweisen, denn Philipp fällt einem Mordanschlag, bei dem Olympias mutmaßlich ihre Finger mit im Spiel hatte, zum Opfer, so dass Alexander rechtmäßig zum König von Makedonien ernannt wird. Von der Vision erfüllt, die bekannten Völker und Stämme der Erde zu vereinen, startet Alexander einen gewaltigen Eroberungsfeldzug, bei dem nicht nur Persien fällt, sondern auch Ägypten und Indien in Alexanders Hände fallen. Doch je weiter Alexander mit seiner Armee bis zum Hindukusch vorrückt, desto unzufriedener werden seine Soldaten, sehnen sie sich doch nach ihren Familien und ihrer Heimat zurück. Hephaistion (Jared Leto) scheint weit mehr als nur ein treuer Freund für Alexander zu sein, doch um einen Erben zu zeugen, heiratet er die Asiatin Roxane (Rosario Dawson). Als die Ehe jedoch zunächst kinderlos bleibt, wird Alexanders Welt durch den Tod seines besten Freundes tief erschüttert… 

Kritik: 

So wie sich Oliver Stone bei „JFK – Tatort Dallas“ vor allem auf das Buch „Wer erschoss John F. Kennedy? – Auf den Spuren der Mörder von Dallas“ des New Orleanser, im Film von Kevin Costner dargestellten Staatsanwalts Jim Garrison stützte und mit „Geboren am 4. Juli“ die gleichnamige Autobiografie des von Tom Cruise verkörperten Vietnam-Veteranen Ron Kovic verfilmte, diente ihm für „Alexander“ die populäre Alexander-Biografie des Althistorikers Robin Lane Fox von der Oxford University aus dem Jahr 1973 als Blaupause für sein Historien-Epos, das in verschiedenen Schnittversionen vorliegt und im Final Cut beispielsweise 214 Minuten umfasst. 
Natürlich nahm sich der Filmemacher entsprechende künstlerische und historische Freiheiten heraus. Die bei Fox viel stärker herausgestellte Homosexualität des jungen Kriegshelden wird bei Stone – wenn auch recht deutlich - nur angedeutet, womit er drohenden Klagen aus Griechenland wegen der Diffamierung ihres Volkshelden von vornherein aus dem Weg ging. Wie es sich für einen modernen Monumentalfilm gehört, fesselt auch „Alexander“ mit großartigen Schauwerten. Rodrigo Prieto („Frida“, „21 Gramm“) fängt die Massen- und Kampfszenen ebenso spektakulär ein wie die intimen Momente zwischen Alexander und seinen beiden so unterschiedlichen Elternteilen sowie seinem treuen Gefährten Hephaistion. Dem Umstand, dass Alexander der Große (356 – 323 v. Chr.) schon jung im Alter von nur 32 Jahren im Palast von Nebukadnezar II. in Babylon am Fieber nach einem Schwächeanfall verstarb, trägt Stone insofern Rechnung, als er die Stationen im Leben seines Protagonisten von der Kindheit bis zu seinem Tod rekapituliert, wobei Ptolemaios (Anthony Hopkins), ein früherer Weggefährte Alexanders, als Erzähler die einzelnen Teile der Geschichte zusammenfügt. Allerdings gelingt es Stone auf diese Weise nicht, einen homogenen Erzählfluss, noch große Spannung zu erzeugen. 
Es ist vor allem der unglücklichen Besetzung von Colin Farrell („Nicht auflegen!“, „The Banshees of Inisherin“) mit wallender blonder Mähne in der Rolle des Alexander geschuldet, dass „Alexander“ dem Publikum keine funktionierenden Identifikationsfiguren präsentiert. Sowohl Angelina Jolie als auch Rosario Dawson punkten eher durch ihr beeindruckendes äußeres Erscheinungsbild als durch ihre Schauspielkunst, Val Kilmer poltert einfach exaltiert durch die Szenerie und Jared Leto bleibt vor allem durch das imponierend fette Augen-Make-up in Erinnerung, schauspielerische Schwergewichte wie Anthony Hopkins und Christopher Plummer bekommen kaum eine Möglichkeit, in ihren Mini-Rollen Akzente zu setzen. 
So bleibt „Alexander“ ein etwas holprig inszeniertes, wenn auch großartig fotografiertes und von Vangelis glänzend musikalisch untermaltes Historien-Epos, das leider zu den schwächeren Werken von Oliver Stone zählt und an den Kinokassen fürchterlich baden ging.  

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