An jedem verdammten Sonntag

Oliver Stone ist bekannt dafür, mit seiner kritischen Sicht auf politische, kulturelle oder gesellschaftliche Phänomene immer wieder anzuecken. Das trifft auf seine Vietnamkrieg-Trilogie („Platoon“, „Geboren am 4. Juli“, „Zwischen Himmel und Hölle“) ebenso zu wie auf seine Abrechnung mit skrupellosen Spekulanten („Wall Street“) oder auf seine Mediensatiren „Talk Radio“ und „Natural Born Killers“. 1999 nahm er sich mit „An jedem verdammten Sonntag“ ein Thema vor, das den Amerikanern besonders am Herzen liegt: den Football. Dass Stone mit seinem provozierenden Blick auf den unbedingten Siegeswillen um jeden Preis auf die Unterstützung der NFL verzichten musste, überrascht kaum. 

Inhalt: 

Nach drei Niederlagen in Folge steht Football-Trainer-Veteran Tony D‘Amato (Al Pacino) enorm unter Druck, denn die Play-off-Teilnahme ist gefährdet und damit auch die Einnahmen durch die Fernsehausstrahlung. Als beim nächsten Spiel der Miami Sharks sowohl sein langjähriger Star-Quarterback Cap (Dennis Quaid) mit einer schweren Verletzung vom Feld getragen werden muss und auch sein Ersatzmann verletzungsbedingt ausscheidet, muss D’Amato zwangsläufig auf den talentierten, aber noch unerfahrenen Afroamerikaner Willie Beamen (Jamie Foxx) zurückgreifen. 
Beamen kann trotz seines beherzten Spiels zwar die vierte Niederlage in Folge nicht verhindern, entpuppt sich aber schnell als eigensinniger Matchwinner. Seine überhebliche Art sowohl seinem Team und Trainer als auch seiner Freundin Vanessa (Lela Rochon) gegenüber bringt ihn aber immer wieder in Schwierigkeiten. Schließlich weigert er sich, sich dem Team unterzuordnen, missachtet Traineranweisungen und verprellt mit seinen eigenmächtig initiierten Spielzügen auch seine Mitspieler. Die Medien aber lieben Beamens Auftreten. Für Sportreporter Jack Rose (John C. McGinley) stellt das Wunderkind ein gutes Beispiel dar, um D’Amatos Spielführung als überholt anzuprangern. Für D’Amato wird die Situation noch durch die neue Teameignerin Christina Pagniacci (Cameron Diaz), die Tochter des verstorbenen Präsidenten und treuen Freundes von D’Amato, erschwert, die vor allem eine Wertsteigerung ihres Teams vor Augen hat, um es gewinnbringend verkaufen zu können. Während D’Amato in Pagniaccis Zukunftsplänen keine Rolle mehr spielt, hat auch Quarterback Willy Beamen nun den Rückhalt seiner Mitspieler verloren, die ihn vor den Tacklings der gegnerischen Spieler nicht mehr schützen und seine Anweisungen nicht umsetzen. 
Vor dem entscheidenden Spiel gegen die Dallas Knights appelliert D’Amato an das zerstrittene Team, wieder zusammenzufinden, denn nur gemeinsam kann die Mannschaft gegen die beste Verteidigung der Liga bestehen… 

Kritik: 

Während der Dreharbeiten an „Nixon“ traf der bekennende San-Francisco-49ers-Fan Oliver Stone den Journalisten Richard Weiner, der an einem Buch zusammen mit dem ehemaligen Quarterback der San Francisco 49ers arbeitete, so dass Stone die Idee verfolgte, einen Film über American Football zu machen. Dabei verarbeitete Stone u.a. nicht nur das Drehbuch über einen schwarzen Quarterback, an dem Richard Weiner mitgearbeitet hatte, sondern auch die Drehbücher „On Any Given Sunday“ von John Logan und „Playing Hurt“ von Daniel Pyne sowie das Buch „You’re Okay, It’s Just a Bruise“ des ehemaligen Mannschaftsarztes John Huizenga, in dem dieser schockierende Details über den American Football enthüllte.  
„An jedem verdammten Sonntag“ wirft einen kritischen Blick sowohl auf die unbedingte, egoistische Siegermentalität einzelner Football-Superstars und auf die gewinnorientierten Machtstrukturen ebenso wie auf die menschverachtenden Kniffe, mit denen an sich Schwerverletzte unwissend auf das Feld geschickt werden. Auch wenn sich der Film vor allem an ein US-amerikanisches Publikum richtet, für das Football nicht nur einfach eine beliebte Sportart, sondern ein gesellschaftliches Ereignis, eine Religion darstellt, erfordert „Any Given Sunday“ – so der treffendere Originaltitel – vom Football-unkundigen Zuschauer keine besondere Regelkenntnisse. 
Stone (der in einer Nebenrolle selbst als Radio-Moderator zu sehen ist) fokussiert sich ganz auf den Kampf Mann gegen Mann auf dem Feld, auf die oft schwerwiegenden Zusammenstöße, die punktgenauen, in Zeitlupe festgehaltenen Würfe, das Schwitzen, Bluten und Kotzen mit all den Schmerzen, dem Jubel und dem Feiern. Das ist so furios inszeniert und von einem rhythmischen Soundtrack unterlegt, dass man sich bei den Spielen mitten im Geschehen fühlt. Dabei kann Stone nicht nur auf Superstar Al Pacino in einer Paraderolle zählen, sondern auch auf einen bis in die Nebenrollen toll besetzten Cast mit Jamie Foxx, Dennis Quaid, Matthew Modine, Aaron Eckhart, James Woods, LL Cool J und Altstar Charlton Heston als AFFA Football Commissioner, der zuvor in einer starken Montage in „Ben Hur“ im Fernsehen zu sehen gewesen ist, als D’Amato seinen Schützling Beamen bei einem privaten Essen auf die Bedeutung des Teamgeistes einzuschwören versucht hat. 
Selbst Cameron Diaz besteht locker in einer ungewohnt ernsten Rolle als ambitionierte Teameignerin. Auch wenn „An jedem verdammten Sonntag“ hierzulande zu den weniger bekannten Werken von Oliver Stone zählt, fesselt der zweieinhalbstündige Film durch sein rasantes Tempo, seine brisante Thematik und seinen furios aufspielenden Cast.  

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