Wall Street: Geld schläft nicht

Mit seiner aus „Platoon“, „Geboren am 4. Juli“ und „Zwischen Himmel und Hölle“ bestehenden Trilogie zum Vietnamkrieg hat sich Oliver Stone als einer der politischsten Filmemacher seiner Generation etabliert, was er mit kontrovers diskutierten Filmen wie „Talk Radio“ und „JFK: Tatort Dallas“ eindrucksvoll untermauerte. 1987 nahm sich Stone mit „Wall Street“ den Finanzmarkt vor und präsentierte Michael Douglas in einer seiner besten Rollen als skrupellosen Wertpapierhändlers. 2010 kehrte der Oscar-prämierte Darsteller in der Fortsetzung „Wall Street: Geld schläft nicht“ als Gordon Gekko an die Börse zurück, wenn auch sichtlich gealtert und nicht mehr ganz so bissig wie im Original. 

Inhalt: 

Nach acht Jahren wird Gordon Gekko aus dem Gefängnis entlassen, wo er wegen Insiderhandels und Betrugs gesessen hatte. Im Gegensatz zu seinen Mitgefangenen, die nun die Freiheit genießen dürfen, wird Gekko allerdings nicht von Freunden oder Familienangehörigen abgeholt. Seine Tochter Winnie (Carey Mulligan) hat den Kontakt zu ihm abgebrochen, weil sie ihn für den Tod ihres Bruders Rudy verantwortlich macht, der an den Drogen, die er konsumierte, zugrunde ging. Umso überraschender fällt die Wahl ihres Freundes aus, denn Jake Moore (Shia LaBeouf) zählt zu den aufstrebenden Talenten bei Keller Zabel Investments in New York und wird von seinem Chef und Mentor Louis Zabel (Frank Langella) mit einem fetten Bonus belohnt, obwohl das Unternehmen bösartigen Gerüchten zufolge geradewegs auf eine Pleite zusteuert. Als Zabel sich schließlich vor eine U-Bahn wirft, macht Jake den skrupellosen Börsenhai Bretton James (Josh Brolin) dafür verantwortlich und setzt alles daran, sich an dessen Firma Churchill Schwartz zu rächen. Er nimmt Kontakt zu Winnies Vater auf, der nach der Veröffentlichung seines Buches „Is Greed Good?“ Vorträge hält, und bittet um Gekkos Unterstützung bei seinem Plan – im Gegenzug für sein Bemühen, dass Winnie sich mit ihrem Vater aussöhnt. 
Nachdem es Jake gelungen ist, Churchill Schwartz durch ein zwielichtiges Manöver 120 Millionen Dollar Verlust zu bescheren, zeigt sich James beeindruckt und bietet dem jetzt arbeitslosen Investmentbanker einen Job in seiner Firma an. Dort kann Jake einen chinesischen Großinvestor für ein Laserfusions-Technologieunternehmen interessieren, das er schon bei seinem alten Arbeitgeber gefördert hat. Diese Anbahnung verläuft zunächst vielversprechend, doch dann entscheidet James hinter seinem Rücken, das Geld der Chinesen in andere Anlagen umzulenken, die seine eigenen Beteiligungen im Bereich fossiler Energien weniger gefährden als die vielversprechende, aber risikoreichere Laserfusion. 
Jake hat von Gekko erfahren, dass dieser unter Winnies Namen 100 Millionen Dollar in der Schweiz versteckt hat, was genau dem Betrag entspricht, den Jake benötigt, um weiterhin Laserfusion als saubere Energiequelle der Zukunft zu unterstützen. Als Winnie zustimmt, die 100 Millionen Dollar, die ihr Vater ihr vermacht hat, in ein Laserfusion zu investieren, verschwindet Gekko allerdings mit dem Geld… 

Kritik: 

Eigentlich hatte Oliver Stone kein Interesse, eine Fortsetzung zu „Wall Street“ zu drehen, doch die zweite Weltfinanzkrise von 2008/2009 war ihm Anlass genug, das Thema doch noch einmal aufzugreifen. Dabei diente ihm Bear Stearns als Vorbild für die Firma Keller Zabel Investments, da sie sich wie im Film als einzige große Bank dem größten Rettungspaket vor 2007 (für die Long-Term Capital Management 1998) verweigerte und 2008 von der JPMorgan Chase & Co. übernommen wurde. Es waren eher Hauptdarsteller Michael Douglas und Produzent Edward R. Pressman, die die Idee zu einer Fortsetzung forcierten und Oliver Stone erst später ins Boot holen konnten. 
Allerdings fällt Oliver Stone zu dem Börsen-Crash-Thema wenig Neues ein. Seine Drehbuchautoren Allan Loeb („Eine neue Chance“, „Verborgene Schönheit“) und Stephen Schiff („Lolita“, „Ein wahres Verbrechen“) legen viel mehr Wert auf die privaten Beziehungen zwischen Jake, Winnie und Gordon Gekko, während sie die thematisierten Manöver an der Börse eher oberflächlich und ohne dramaturgische Finessen abwickeln. 
Michael Douglas hat seine stärkste Szene bei dem Vortrag zur Gier, die in den vergangenen Jahren noch gieriger geworden sei, doch wirkt selbst diese leidenschaftliche Präsentation nicht so bissig wie die kompromisslose Gier, die Douglas‘ Gekko noch in „Wall Street“ mit jeder Pore ausgestrahlt hat. Shia LaBeouf („Herz aus Stahl“, „Honey Boy“) überzeugt dagegen als aufstrebender Börsianer mit dem Herz am rechten Fleck. 
Einmal mehr ist „Wall Street: Geld schläft nicht“ auch bis in die kleinsten Neben- und Cameo-Rollen glänzend besetzt. So sind neben Frank Langella und Eli Wallach als Börsen-Dinosaurier auch Susan Sarandon als Jakes Mutter zu sehen, die ihre faulen Immobilien-Geschäfte immer wieder nur durch Finanzspritzen ihres Sohnes am Laufen halten kann, Oliver Stone als Investor und Charlie Sheen darf als Bud Fox noch mal kurz in seine Rolle aus „Wall Street“ zurückkehren. 
Die schöne Kameraarbeit von Rodrigo Prieto („Babel“, „The Wolf of Wall Street“), der coole Soundtrack von Craig Armstrong (Score) und David Byrne & Brian Eno (Songs) und die guten Darsteller können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass „Wall Street: Geld schläft nicht“ nie die Klasse des ersten Films erreicht und dem Aspekt der unermesslichen Gier an den Finanzmärkten, wo Geld einfach durch Steroide aufgepumpt zu mehr Geld gemacht wird, nichts Neues hinzufügen kann. 
Stattdessen wird der Film zum Ende hin unnötig sentimental. So ist „Wall Street: Geld schläft nicht“ ein weiteres Beispiel dafür, wie Oliver Stone in den 2000er Jahren – mit Werken wie „Alexander“, „W.“ und „World Trade Center“ – nicht mehr die Klasse seiner früheren Arbeiten erreicht.  

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