Der Regenmacher
In den 1970er Jahren avancierte der seit den 1960er Jahren von Roger Corman protegierte Francis Ford Coppola mit Meisterwerken wie „Der Pate“, „Der Dialog“ und „Apocalypse Now“ zu den meistgefeierten Filmemacher seiner Generation, und seine Rebellen-Filme „Outsider“ und „Rumble Fish“ (beide 1983) untermauerten seinen großartigen Ruf. Doch danach folgte eine lange Durststrecke mit kaum noch nennenswerten Filmen wie „Der Steinerne Garten“, „Tucker – Ein Mann und sein Traum“ und „Jack“. Allein „Peggy Sue hat geheiratet“ und die opulente „Dracula“-Adaption retteten Coppola vor dem Abdriften in die Bedeutungslosigkeit. Dass er aber immer noch großes Kino inszenieren kann, bewies er ausgerechnet mit der Auftragsarbeit zur Verfilmung von John Grishams Bestseller „Der Regenmacher“, der Matt Damon seine erste bedeutende Hauptrolle bescherte.
Rudy Baylor (Matt Damon) stammt eigentlich aus einer Familie, in der Anwälte verhasst gewesen sind, doch die Berichte über die Anwälte der Bürgerrechtsbewegung der 1950er Jahre brachten Rudy dazu, Jura zu studieren und eine Laufbahn als Strafverteidiger anzustreben. Sein Studium finanziert er sich durch einen Job als Kellner, doch reicht das Geld nicht mal für die Miete, weshalb Rudy seinen Hausstand in seinem klapprigen Kleinwagen mit sich führt. Rudy sammelt in der kostenlosen Rechtsberatung erste juristische Erfahrungen und heuert noch kurz vor dem ersten Staatsexamen in der Kanzlei des zwielichtigen Bruiser Stone (Mickey Rourke) an. Deck Shifflet (Danny DeVito), ein Anwalt ohne Zulassung, der bereits mehrere Male durch das Examen gerasselt ist und dessen Spezialgebiet die Leistungsverweigerung von Versicherungsgesellschaften ist, schleppt ihn in Krankenhäuser, um Unfall-Patienten mit offensichtlich langwierigen Verletzungen anzuheuern, ein hübsches Sümmchen an Schmerzensgeld bei den Versicherungen herauszuschinden. Rudy hat aber schon einen eigenen Fall in der Tasche, den er gern vor Gericht bringen würde:
Die Krankenversicherung Great Benefit Life Insurance verwehrte dem an Leukämie erkrankten Donny Ray (Johnny Whitworth) die Zahlung der Behandlungskosten für eine Knochenmarkstransplantation, obwohl Donny Rays Mutter Dot Black (Mary Kay Place) stets die Beiträge gezahlt hat. Als Rudy Anklage gegen Great Benefit einreicht, bekommt er es mit einer Übermacht von erfahrenen Anwälten zu tun, die von Staranwalt Leo F. Drummond (Jon Voight) angeführt werden. Der macht sich einen Spaß daraus, den unerfahrenen Anwalt vorzuführen, doch dann übernimmt der Richter Tyrone Kipler (Danny Glover) den Vorsitz und weist Drummond immer wieder in die Schranken. Derweil weiß sich Rudy immer besser in den Fall und vor Gericht zu bewähren…
Kritik:
„Der Regenmacher“ ist bereits die sechste Verfilmung eines John-Grisham-Bestsellers und zählt neben Sydney Pollacks „Die Firma“ und Alan J. Pakulas „Die Akte“ sicher zu den besten Adaptionen. In gewisser Weise bleibt sich Grisham in der Romanvorlage treu und schickt einen unerfahrenen jungen Anwalt in einen höchst heiklen Prozess, den er angesichts der Erfahrung und der finanziellen Mittel der Gegenseite eigentlich nicht gewinnen kann. Die Underdog-Thematik verleiht den Grisham-Geschichten ihren besonderen Reiz, ebenso wie die Message, dass sich mit Herz, Überzeugung und Leidenschaft auch schwierige Prozesse gewinnen lassen und der Gerechtigkeit zum Sieg verhelfen können.
Matt Damon („Good Will Hunting“, „Die Bourne Identität“) ist die ideale Besetzung in der Rolle des aufrecht für Recht und Ordnung einstehenden Jung-Anwalts, der sich nicht nur um das Testament der vermeintlich steinreichen Miss Birdie (Teresa Wright) kümmert, sondern sich im Krankenhaus auch der hilflosen Rudy Kelly (Claire Danes) annimmt, die von ihrem Ehemann immer wieder aufs Übelste verprügelt wird. Rudy kann sie nicht nur endlich zur Scheidung überreden, sondern verliebt sich auch in sie, was dem Film eine zarte romantische Note verleiht.
Das emotionale Herzstück bildet natürlich der erschütternde Fall des an Leukämie erkrankten Donny Ray, der durch eine Knochentransplantation eine echte Überlebenschance gehabt hätte. Grisham hat immer wieder ein gutes Gespür dafür bewiesen, auf Schwachstellen im amerikanischen Justizsystem hinzuweisen. Ob Rassismus, Todesstrafe oder eben gierige Unternehmen – Grisham hat in durchaus polarisierenden und klischeebehafteten Szenarien immer wieder eindrucksvoll vor Augen geführt, wie man sich aufopferungsvoll gegen die Ungerechtigkeiten im System zur Wehr setzen kann.
Bei „Der Regenmacher“ sorgen vor allem Danny De Vito und Danny Glover für komische Momente, so dass bei aller Tragik um Donny Rays Fall ein emotionaler Ausgleich geschaffen wird. Natürlich bedient sich auch Coppola, der es sich nicht nehmen ließ, selbst das Drehbuch zu schreiben, ganz konventioneller Mittel, um Betroffenheit beim Publikum auszulösen, doch der großartig bis in die Nebenrollen besetzte Cast und die souveräne Inszenierung machen „Der Regenmacher“ zu einem kurzweiligen Filmerlebnis.
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