Zwischen Himmel und Hölle

Mit „Platoon“ (1986) und „Geboren am 4. Juli“ (1989) hat Oliver Stone zwei extrem fesselnde und beunruhigende, wenn auch einseitige Anti-Kriegsfilme rund um das Kriegsgeschehen und die anschließende Behandlung der oft versehrten Kriegsheimkehrer durch die Öffentlichkeit präsentiert, um seine sogenannte Vietnam-Trilogie mit einem Film abzuschließen, der den Krieg aus der Sicht der vietnamesischen Bevölkerung schildert. Das ist für das US-amerikanische Mainstream-Publikum natürlich nicht so interessant, weshalb „Zwischen Himmel und Hölle“ (1993) in den USA nur gut sechs von den 33 Millionen Dollar einspielte, die der Film kostete, doch ist Stone nicht genug dafür zu loben, dass er überhaupt einen Blick auf die betroffene Bevölkerung geworfen hat. 

Inhalt: 

Als 1965 die ersten US-Soldaten in ihrem Dorf Ky La landen, ist das vietnamesische Mädchen Le Ly (Hiep Thi Le) gerade mal zwölf Jahre alt und schon mit ihrer Familie voll eingebunden in die Routine der Dorfgemeinschaft, Reis zu säen, umzupflanzen und zu ernten, während sie sich in ihrer Freizeit der Verehrung der Ahnen widmet. Als sich die kommunistischen Viet Cong dem Dorf nähern, gerät Le Ly zwischen die Fronten, denn nachdem sie von südvietnamesischen Regierungstruppen verhört und gefoltert wird, bezichtigen sie die Viet Cong des Verrats und vergewaltigen sie. Nachdem sie als Kindermädchen von dem Hausherren ein uneheliches Kind empfangen hat, schlägt sich Le Ly in Dan Nang als Schwarzmarkthändlerin durch und lernt in Saigon US-Sergeant Steve Butler (Tommy Lee Jones) kennen, der ihr den Hof macht und sie heiratet. 
Mit ihrem Mann und ihrem Sohn gelingt Le Ly 1970 nach San Diego, wo die junge Frau von dem Angebot an Konsumgütern und Lebensmitteln im Supermarkt überwältigt ist. Doch nach kurzer Zeit ihrer Ehe lernt Le Ly ganz neue Seiten an ihrem Mann kennen, der bei schwarzen Operationen viele Menschen gezielt und brutal getötet hat und nach seiner Dienstzeit in ein paar Jahren hofft, viel Geld im privaten Sektor als Waffenhändler verdienen zu können, um seine immensen Schulden tilgen zu können. Der alltägliche Rassismus und das unbewältigte Vietnam-Trauma ihres Mannes führen zur Scheidung, worauf er Selbstmord begeht und sie als mittlerweile wohlhabende Geschäftsfrau nach 16 Jahren zurück in ihre Heimat, zurück zu ihrer Mutter (Joan Chen) geht… 

Kritik: 

Um der Perspektive der vietnamesischen Bevölkerung eine glaubwürdige Grundlage zu verleihen, hat sich Drehbuchautor und Regisseur Oliver Stone bei „Zwischen und Hölle“ auf die beiden autobiographischen Romane „Geboren in Vietnam. Die Geschichte einer mutigen Frau“ von Le Ly Hayslip und Jay Wurts sowie „Geboren in Vietnam – leben in USA. Der Lebensweg einer tapferen Frau“ von Le Ly Hayslip und James Hayslip berufen. Ähnlich wie in seinen vorangegangenen Vietnam-Filmen, die auf Stones eigenen Erfahrungen an der Front und der Autobiographie des Vietnam-Veteranen Ron Kovic basierten, beschränkt sich Stone bei seinem Abschluss seiner Trilogie auf eine einzige Sichtweise, macht den Film dadurch zu einer sehr persönlichen Geschichte, die bewusst einen erweiterten Kontext ausklammert. Besonders eindringlich ist Stone dabei der erste Teil seines Films gelungen, in dem er auf fast schon romantisierende Weise das Dorfleben vor dem Hintergrund der Berge und eingebettet in eine satt grüne Landschaft darstellt, bis die fröhliche Routine des Dorflebens durch die Landung erster US-amerikanischer Hubschrauber empfindlich gestört wird und sich die junge Le Ly unversehens sowohl vor den Viet Cong rechtfertigen muss als auch vor den südvietnamesischen Soldaten, die den Vorwurf des Verrats gleich dazu nutzen, die junge Frau zu vergewaltigen. 
Im nächsten Akt folgt Stone seiner Protagonistin beim harten Überlebenskampf in der Großstadt und der schwierigen Anpassung in den USA, wo Vietnamesen gerade nicht zur beliebtesten Bevölkerungsgruppe zählen. Die Liebesbeziehung zwischen Steve Butler und der Vietnamesin ist schon recht kitschig wie in einem schlechten Liebesroman inszeniert und fügt der bis dahin gelungenen Dramaturgie einen schmerzlichen Bruch zu. Zudem wird Butlers Vietnam-Trauma kaum thematisiert, sondern bildet mit dem Selbstmord nur den Ausgangspunkt für Le Lys Rückkehr in ihre Heimat, wo ihre Mutter in einem ausführlichen Schlussmonolog noch mal die Bedeutung der Aussöhnung mit den Ahnen, des Lernens aus Fehlern und der Wege des Schicksals rekapituliert, um Le Ly wieder zu erden. 
Hier findet „Zwischen Himmel und Hölle“ einen versöhnlichen Abschluss, doch trotz der wieder einmal famosen Kameraarbeit von Robert Richardson und dem Golden-Globe-prämierten Score von Kitaro fällt „Zwischen Himmel und Hölle“ im Vergleich zu „Platoon“ und „Geboren am 4. Juli“ doch leicht ab. 

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