Delicatessen

Die triste Szenerie lässt nichts Gutes vermuten. Irgendeine Katastrophe hat Not und Elend über eine nicht näher beschriebene Gegend abseits urbanen Lebens gebracht. Mitten in diesem apokalyptischen Nirgendwo steht ein heruntergekommenes Mietshaus, in dessen Erdgeschoss ein „Delicatessen“-Laden untergebracht ist. Tatsächlich verarbeitet Metzger Clapet (Jean-Claude Dreyfus) das Fleisch ahnungsloser Streuner oder Mieter, die er mit einer Stellenanzeige anlockt. 
Mit dem arbeitslosen Clown Louison (Dominique Pinon) steht schon die nächste potenzielle Mahlzeit vor der Tür. Für den ausgeschriebenen Hausmeisterposten ist der etwas kurz geratene Mann zwar etwas schmächtig, aber Clapet gibt Louison eine Chance - schließlich soll er bald zu leckerem Frischfleisch verarbeitet werden. Doch Clapet hat die Rechnung ohne seine musikalische Tochter Julie (Marie-Laure Dougnac) gemacht. Bei Tee, Keksen und einem Cello-Singende-Säge-Duett kommen sich die beiden Außenseiter langsam näher. 
Doch damit sind sie nicht einzigen skurrilen Bewohner des abbruchreifen Gebäudes: Eine Frau versucht sich immer wieder erfolglos mit den ausgefallensten Apparaturen das Leben zu nehmen, ein älterer Mann lebt in einer sumpfigen Wohnung voller Frösche und Schnecken, der Metzger selbst lässt sich sein Menschenfleisch mit Naturalien und Liebesdiensten bezahlen. Um ihren Geliebten vor dem Fleischerbeil ihres Vaters zu retten, verbündet sich Julie mit den vegetarischen Rebellen aus der Kanalisation, aber auch Louison selbst hat immer wieder neue Ideen, Julie und sich aus brenzligen Situationen zu befreien. 
Mit ihrem Spielfilmdebüt „Delicatessen“ aus dem Jahre 1991 haben die beiden Regisseure Jean-Pierre Jeunet („Alien - Die Wiedergeburt“, „Mathilde – Eine große Liebe“) und Marc Caro („Dante 01“) eine optisch virtuose Fantasy-Groteske inszeniert, die vor einfallsreicher Komik nur so strotzt. Ein Haufen skurrilerFiguren bewegt sich in einer nicht immer unbedingt geradlinigen Geschichte und sorgt für ein stets fasziniertes Staunen beim Publikum. In der ihr eigenen Bildersprache, die das Regie-Duo auch beim nächsten gemeinsamen Projekt „Die Stadt der verlorenen Kinder“ und Jeunet im Alleingang bei „Die fabelhafte Welt der Amelie“, „Mathilde“ und „Micmacs - Uns gehört Paris“ eindrucksvoll zelebrieren, verzaubern Jeunet und Caro in ihrem Debüt mit außergewöhnlichen Kameraperspektiven, einer spektakulären Farbgebung und warmherzigen, amüsanten und grotesken Anekdoten, die dem an sich tristen, depressiven Ambiente, in dem die Mieter zu leben gezwungen sind, eine hoffnungsvolle Botschaft entgegensetzen. Selten wurde eine Liebesgeschichte so lebendig, witzig und fantasievoll umgesetzt.  

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