Gefahr in Frisco
Mit seinen beiden Film noirs „Zelle R 17“ (1947) und „Stadt ohne Maske“ (1948) hat sich Jules Dassin, amerikanischer Regisseur mit russisch-jüdischen Wurzeln, als Vertreter einer besonders realistischen Darstellung seiner Stoffe erwiesen. Davon zeugt auch sein nachfolgender Film „Gefahr in Frisco“ mit Richard Conte und Lee J. Cobb in den Hauptrollen.
Als Maschinist war Nick Garcos (Richard Conte), Sohn griechischer Einwanderer, jahrelang in der ganzen Welt auf See unterwegs. Als er nach seiner Heimkehr seine Familie überraschen will, bringt er seinen Eltern und seiner Verlobten Polly (Barbara Lawrence) viele Geschenke mit. Bei der ganzen Wiedersehensfreude trübt sich die Stimmung erst, als er seinem Vater (Morris Carnovsky) ein Paar neuer Slipper überreicht, denn wie Nick auf Nachfrage erfährt, hat sein Vater bei einem Unfall mit seinem Laster beide Beine verloren. Als Nick nachbohrt, wie es zu diesem Unfall gekommen sei, druckst sein Vater zunächst herum, aber seiner Erzählung zufolge wurde der Lastwagenfahrer nach seiner Gemüselieferung bei dem Großhändler Mike Figlia (Lee J. Cobb) zunächst mit Alkohol abgefüllt und – falls er überhaupt das Geld für die Ware erhalten hat – von dessen Handlangern beraubt und in den tragischen Unfall verwickelt. Seinen Laster hat an Ed Prentiss (Millard Mitchell), seinen Partner, verkauft, aber dafür auch noch nicht das Geld erhalten.
Nick will es dem skrupellosen Großhändler heimzahlen, beteiligt sich mit Prentiss an dem Kauf einer Lieferung von Äpfeln, die Nick und Prentiss mit zwei Lastwagen nach San Francisco bringen will. Nick bleibt zunächst mit einer Reifenpanne nachts liegen, verletzt sich beim Reifenwechsel und wird von Prentiss, der kurz hinter ihm fuhr, wieder auf die Beine gebracht. Nach einer langen Nachtfahrt trifft Nick endlich auf dem Großmarkt in Frisco ein, wo er vergeblich versucht, bei Figlia einen guten Preis für die Äpfel auszuhandeln. Der setzt wiederum die Prostituierte Rica (Valentina Cortese) darauf an, sich des erschöpften Fahrers anzunehmen, damit er in der Zwischenzeit die Äpfel von dem liegengebliebenen LKW zu einem guten Preis weiterverkaufen kann. Doch so leicht sich Nick nicht von Figlia übervorteilen …
Kritik:
Drehbuchautor A.I. Bezzerides bewies bereits mit seiner Romanvorlage zu Raoul Walshs Trucker-Drama „Nachts unterwegs“ (1940) mit George Raft, Ida Lupino und Humphrey Bogart in den Hauptrollen und zu Lewis Allens „Desert Fury – Liebe gewinnt“ (1947) als Spezialist für realistische Stoffe. Dassin inszenierte Bezzerides‘ Roman „Thieves‘ Market“ als sozialkritisches Drama, das schildert, wie der amerikanische Traum nur mit List und Gewalt verwirklicht werden kann, dass die Mühen harter Arbeit schnell durch Unfälle oder Betrügereien zunichte gemacht werden können. Während Nicks Vater sich mit seinem Schicksal ausgesöhnt hat, ist Nick selbst bereit, für das Glück mit seiner Verlobten hart zu arbeiten, zuvor aber für Gerechtigkeit für seinen Vater zu sorgen.
Dassin und sein auf Außenaufnahmen spezialisierter Kameramann Norbert Brodine („Millionärin auf Abwegen“, „Von Mäusen und Menschen“) haben vor allem die Strapazen der nächtlichen Tour der Fahrer nach San Francisco eindrucksvoll eingefangen, wobei die klapprigen Lastwagen mit ihrer gewichtigen Ladung über schwierige Landstriche bewegt werden müssen und Prentiss auch noch von den beiden hämischen LKW-Fahrern Slob (Jack Oakie) und Pete (Jospeh Pevney) verfolgt wird, die ihre Chance wittern, Prentiss das Obst billig abkaufen können, wenn ihr Konkurrent erst einmal mit seinem rauchenden und knatternden LKW liegengeblieben ist.
Besonders beeindruckend sind aber die Szenen an Originalschauplätzen auf dem Großmarkt von San Francisco ausgefallen. Hier überzeugen Lee J. Cobb („Die Faust im Nacken“, „Exodus“) als gerissener Gauner und die italienische Schauspielerin Valentina Cortese als seine bezahlte Gehilfin und damit als klassische Femme fatale, die sich allerdings in ihr Opfer verliebt und entsprechend einen Gesinnungswandel durchmacht.
Das versöhnliche Ende ist den strengen Zensurauflagen ebenso zu verdanken wie die von Fox-Produzent Zanuck ohne Wissen des Regisseurs eingefügte Szene, in der Polizisten eine Kneipenschlägerei auflösen und Nick darauf hinweisen, dass es ihre Aufgabe sei, für Recht und Ordnung zu sorgen.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen