Zelle R 17

Jules Dassin inszenierte mit „Die Ratte von Soho“ (1950) und „Rififi“ (1955) zwei Film-noir-Klassiker, bewies aber schon vorher sein Können in diesem Bereich mit dem harten Gefängnis-Drama „Zelle R 17“ (1947), in dem Hauptdarsteller Burt Lancaster nach seinem Debüt in „Rächer der Unterwelt/Die Killer“ erneut eine starke Leistung präsentierte. 

Inhalt: 

Es regnet in Strömen, als Joe Collins (Burt Lancaster) aus der Einzelhaft entlassen wird und von dem sadistischen Gefängnisaufseher Captain Munsey (Hume Cronyn) in seine Zelle R 17 zu seinen Mitgefangenen in der Westgate-Haftanstalt zurückgebracht wird. Sie alle leiden unter der menschenunwürdigen Behandlung durch Munsey und seine Leute. Immer wieder sind Todesfälle zu beklagen, die auf das Konto der brutalen Wärter gehen und den Druck auf den schwächlichen Gefängnisdirektor A.J. Barnes (Roman Bohnen) erhöhen, so dass Munsey seine Chance kommen sieht, selbst die Leitung des Staatsgefängnisses übertragen zu bekommen. Derweil erfährt Collins von seinem Anwalt, dass seine an Krebs schwer erkrankte Frau Ruth (Ann Blyth) sich noch immer nicht operieren lassen will. Sie weiß nicht, dass Collins im Gefängnis sitzt. Um das Leben seiner Frau zu retten, beschließt Collins, mit seinen Zellengenossen die zeitnahe Flucht aus dem Gefängnis. Da sie zur Arbeit in den Abwasserkanälen abgeordnet werden, scheint die Gelegenheit günstig. 
Doch Munsey hat unter den Gefangenen seine Spitzel, die er mit Folter und Drohungen zur Mitarbeit zwingt. Obwohl Collins mitbekommt, dass Munsey offensichtlich sogar über die genaue Uhrzeit des Fluchtversuchs informiert ist, verfolgen Collins und seine Leute weiterhin ihren Plan … 

Kritik: 

Nach der Story von Robert Patterson und dem Drehbuch des Oscar-prämierten Autors und Regisseurs Richard Brooks („Elmer Gantry“, „Die gefürchteten Vier“, „Die Katze auf dem heißen Blechdach“) hat Dassin einen von der ersten Einstellung an beklemmendes Gefängnis-Drama geschaffen, das für viele spätere Klassiker des Genres wie „Der Gefangene von Alcatraz“ (1962), „Papillon“ (1973), „Flucht von Alcatraz“ (1979) oder „Brubaker“ (1980) Pate gestanden haben dürfte, aber längst nicht deren Popularität erreichen konnte. 
„Brute Force“ – so der viel aussagekräftigere Originaltitel – besticht durch die absolut düstere Atmosphäre, die Kameramann William H. Daniels („Die Katze auf dem heißen Blechdach“, „Stadt ohne Maske“) mit seinen schonungslosen Bildern eingefangen hat, wobei er stets dicht bei den Figuren bleibt und die verzweifelten und gepeinigten Gesichter in Nahaufnahmen ebenso einfängt wie die sadistisch-lustvolle Visage von Munsey. 
Der Kontrast zwischen unmenschlich agierenden Wärtern und den hilflosen Gefangenen wird noch dadurch verstärkt, dass Munsey jede menschliche Wärme abgeht und seine aufgesetzte Freundlichkeit nur manipulativen Zwecken dient, während die Gefangenen ein Kalenderbild mit einem Frauengesicht als Projektionsfläche für ihre Sehnsüchte betrachten. In Rückblenden wird deutlich, warum Collins und seine Zellengenossen zu Kriminellen wurden. Während Collins seiner Frau die lebensverlängernde oder sogar -rettende Operation ermöglichen wollte, stahl einer seiner Mitgefangenen einen Pelzmantel, um seiner Freundin das Leben zu bieten, das sie sich erträumt hat. Der Fluchtversuch erscheint ihnen allen als letzter Ausweg aus diesen Mauern, in denen alle - auch der desillusionierte, alkoholsüchtige Gefängnisarzt Dr. Walters (Art Smith) – unter der Brutalität eines einzelnen, allein von seinen sadistischen Obsessionen getriebener Mann zu leiden haben. 
Dass auch diese letzte Hoffnung in einem furiosen Finale zerstört wird, macht „Zelle R 17“ zu einem der härtesten, aber auch kompromisslosesten Filme der 1940er Jahre. Dassin geriet allerdings später in die Fänge des Komitees für unamerikanische Umtriebe und wurde wie die beiden Darsteller Art Smith und Roman Bohnen mit einem Berufsverbot belegt. 
„Die Ratte von Soho“ sollte 1950 vorerst sein letzter Film für ein Hollywood-Studio sein (wobei der Film in London gedreht wurde und Dassin bei der Postproduktion schon nicht mehr anwesend sein durfte), fünf Jahre später entstand in Frankreich mit „Rififi“ ein weiterer Meilenstein in Dassins Werksbiografie.  

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