Die Macht des Bösen

Als prominentestes Mitglied jener Gruppe, auf die das Komitee für unamerikanische Umtriebe (HUAC) nach dem Zweiten Weltkrieg unter Senator McCarthy Jagd auf mutmaßliche Kommunisten in Hollywood machte, war es dem überaus talentierten Drehbuchautor und Regisseur Abraham Lincoln Polonsky (1910-1999) nur für kurze Zeit vergönnt, sein Können unter Beweis zu stellen, bevor er mit sich mit seiner Weigerung, vor besagtem Komitee auszusagen, ein jahrelanges Berufsverbot einhandelte. Nachdem er das Drehbuch für Robert Rossens Film noir „Jagd nach Millionen“ (1947) geschrieben hatte, hinterließ er ein Jahr darauf mit „Die Macht des Bösen“ auch als Regisseur großen Eindruck. Es sollte leider bis 1969, als er das Western-Drama „Blutige Spur“ mit Robert Redford in der Hauptrolle inszenierte, auch schon der letzte Film für lange Zeit sein, an dem Polonsky mitwirken durfte. 

Inhalt: 

Der Unabhängigkeitstag soll der Tag sein, an dem der ehrgeizige Wall-Street-Anwalt Joe Morse (John Garfield) seine erste Million macht. Als Anwalt des ehemaligen Prohibitionsgangsters Ben Tucker, der mittlerweile ins Geschäft mit dem Geld umgesattelt ist, ist er Teil eines perfiden Plans: Durch Manipulation der Zahlenlotterie will Tucker erreichen, dass die meistgewettete Zahl 776 (für 1776, das Jahr der Unabhängigkeit) gewinnt, was die unzähligen kleinen Wettbanken in New York in den Ruin treiben würde, worauf sie gezwungen wären, sich in Tuckers Abhängigkeit zu begeben. Um seinen Bruder Leo (Thomas Gomez), der eines dieser kleinen illegalen Wettbanken betreibt, nicht ebenfalls unters Messer kommen zu lassen, beschwört er ihn, sich vorher Tucker anzuschließen. 
Doch Leo ist ein ganz anderer Typ als Joe, will sich – obwohl er sich selbst am Rande der Legalität bewegt – nicht auf krumme Geschäfte einlassen. Also gibt Joe der Polizei einen Tipp, die das Büro von Leo Morse stürmt und alle Angestellten mit aufs Revier nimmt, auch Leos junge Sekretärin Doris Lowry (Beatrice Pearson), die zuvor noch ihre Kündigung ausgesprochen und nun das Interesse von Joe geweckt hat. Mit dieser Aktion will Joe verhindern, dass sein Bruder den Zahlungsverpflichtungen gegenüber den Lotteriegewinnen nachkommen muss. 
Derweil versucht Tuckers Konkurrent Bill Ficco (Paul Fix), ebenfalls seinen Schnitt bei dem Lotteriebetrug zu machen und einige der Wettbanken unter seine Kontrolle zu bringen. Dazu bringen seine Handlanger Leos Buchhalter Freddie Bauer (Howard Chamberlain) in ihre Gewalt und zwingen ihn, Leo an Ficco auszuliefern … 

Kritik: 

Polonsky inszenierte sein Regiedebüt „Die Macht des Bösen“ nach dem Roman „Tucker’s People“ von Ira Wolfert für Roberts Productions, der gemeinsamen Filmproduktionsgesellschaft von Bob Roberts und Hauptdarsteller John Garfield, die zuvor den von Polonsky geschriebenen Film noir „Jagd nach Millionen“ produziert hatte. In beiden Filmen macht das Mitglied der kommunistischen Partei keinen Hehl aus seiner Verachtung für das kapitalistische Streben nach Geld und Macht auf dem Rücken der kleinen Leute. Schon die erste Einstellung, als Joe Morse ebenso wie die Trinity Church zwischen zwei riesigen Wall-Street-Wolkenkratzern zu verschwinden scheint, macht deutlich, dass die Gier nach Geld längst menschliche Tugenden und christliche Werte abgelöst hat. 
„Force of Evil“ erzählt in nicht mal 80 Minuten die packende Geschichte zweier Brüder, die gegensätzlicher nicht sein könnten. Dabei scheint Joe Morse zwar zunächst vor allem seine erste Million im Sinn zu haben, aber verfügt er doch noch über so viel Familiensinn, dass er seinen Bruder vor der unweigerlichen Katastrophe, an der er selbst maßgeblich beteiligt ist, retten will. Das führt zwar auch dazu, dass er sich in die unschuldige und gutherzige Doris verliebt, aber eben auch zu Verrat und Mord. 
Polonsky muss sich für diesen Strudel aus Korruption, Gier und Verrat keiner besonderen filmischen Mittel, wie sie für den Film noir typisch sind, bedienen. Seine düstere Geschichte lebt vor allem von den teils etwas dick aufgetragenen Dialogen und dem grandiosen Schauspiel des mit 39 Jahren viel zu jung verstorbenen John Garfield („Humoreske“, „Tabu der Gerechten“) und Thomas Gomez („Hafen des Lasters“, „Zeuge gesucht“). 
Großartige Bilder schenkt uns Kameramann George Barnes („Rebecca“, „Kampf der Welten“) aber in der Schlusssequenz mit grandiosen Aufnahmen von New York, als Joe sich auf die Suche nach seinem Bruder begibt.  

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