Faustrecht der Großstadt

Mit „Laura“ (1944), „Mord in der Hochzeitsnacht“ (1945) und „Frau am Abgrund“ (1950) hat Otto Preminger dem Film-noir-Genre seinen Stempel aufgedrückt. Ebenfalls 1950 entstand mit „Faustrecht der Großstadt“ seine letzte Auftragsarbeit für 20th Century Fox, für die er das „Laura“-Darsteller-Duo Gene Tierney und Dana Andrews erneut vor der Kamera und etliche Oscar-Preisträger wie Kameramann LaShelle, Set-Decorator Thomas Little, Spezial-Effekt-Kameramann Fred Sersen, Art-Director Lyle R. Wheeler und Set-Decorator Walter M. Scott hinter der Kamera vereinte. 

Inhalt: 

Als bei einem Handgemenge unter Beteiligung des Gangsters Tommy Scalise (Gary Merrill) ein Würfelspieler ums Leben kommt, übernimmt das 16. Polizeirevier in New York die Ermittlungen. Inspector Foley (Robert F. Simon) befördert Detective Thomas (Karl Malden) gerade zum Lieutenant, während er dessen Kollegen Mark Dixon (Dana Andrews) mal wieder wegen seiner rauen Methoden zurechtweisen muss. Dixon wird damit beauftragt, Scalises Handlanger und Hauptverdächtigen Ken Paine (Craig Stevens) zu dem Vorfall zu befragen, doch als der bereits angetrunkene Paine Andrews angreift, schlägt er so unglücklich zurück, dass Paine beim Sturz tödlich verunglückt. 
Da er sich bei seiner Vorgeschichte ausrechnen kann, dass dieser Zwischenfall das Ende seiner Polizeikarriere bedeutet, lässt Dixon die Leiche verschwinden und präpariert Paines Zimmer so, als wäre er überstürzt abgereist, und zwar mit dem Zug nach Pittsburgh. 
Während seine Kollegen fieberhaft nach Paine suchen, findet Dixon Gefallen an Paines Ex-Frau Morgan (Gene Tierney) und verliebt sich in sie. Als Paines Leiche aus dem Fluss gefischt wird, gerät ausgerechnet Morgans Vater, der Taxifahrer Jiggs Taylor (Tom Tully), ins Fadenkreuz der Ermittler, während Dixon alles versucht, Scalise für den Mord zur Rechenschaft zu ziehen … 

Kritik: 

Premingers atmosphärisch dichtes Cop-Drama „Where the Sidewalk Ends“ basiert auf dem Roman „Night Cry“ von William L. Stuart und konzentriert sich ganz auf die Figur des ebenso engagierten wie temperamentvollen Detective Mark Dixon, der einen abgrundtiefen Hass gegen alle Gauner und Verbrecher verspürt, mit denen er es tagtäglich zu tun hat. Später wird deutlich, warum er auch vor Gewalt nicht zurechtschreckt, um die Ganoven aus dem Verkehr zu ziehen. 
Dixons Vater war nämlich selbst ein Dieb, und sein Sohn versucht seit jeher, bloß nicht in die Fußstapfen seines Vaters zu treten. Durch die Liebe zu Morgan Paine, die nach der Trennung von ihrem Mann bei ihrem gutmütigen Vater lebt, kommen aber auch die besseren Seite in Dixons Persönlichkeit zum Vorschein. Doch bis dahin inszeniert Preminger seinen Film als harten Polizeifilm, der deutlich zu machen versucht, wie geschickt sich selbstgerechte Ganoven wie Scalise stets der Strafverfolgung zu entziehen verstehen und Cops frustriert verfolgen müssen, wie ihre harte Arbeit nicht dazu führt, die schwarzen Schafe der Gesellschaft aus dem Verkehr zu ziehen. 
„Faustrecht der Großstadt“ bezieht seine Spannung vor allem aus Dixons Gewissenskonflikt. Durch die tödliche Auseinandersetzung mit Paine wird der Cop auf einmal doch so wie sein Vater, entwickelt ein gehöriges Maß an krimineller Energie, um die Leiche aus dem Weg zu schaffen, aber später ebenso viel Elan, um Morgans unschuldigem Vater den bestmöglichen Verteidiger zu besorgen. Die romantische Beziehung mit Paines Witwe bringt schließlich die besten Seiten in Dixons Persönlichkeit hervor. Hier sorgt gerade der witzige Schlagabtausch in Marthas (Ruth Donnelly) Restaurant für leichtere Töne in dem sonst sehr düsteren Drama, das zum Finale hin seine dramatische Wirkung etwas verliert. 
Aber davon abgesehen bietet „Faustrecht der Großstadt“ schnörkellose Krimi-Drama-Unterhaltung, die souverän gespielt und so wunderbar fotografiert ist, dass die Gosse, in der Dixon seine Arbeit verrichten muss, für das Publikum fast spürbar wird.  

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