Where Danger Lives

John Farrow hat mit „Spiel mit dem Tode“ (1948) und dem im selben Jahr produzierten „Die Nacht hat tausend Augen“ (nach einem Roman von Cornell Woolrich) bereits zwei hervorragende Film-noir-Beiträge abgeliefert. Mit „Where Danger Lives“ (1950) präsentierte er das Schauspieldebüt von Faith Domergue als Femme fatale an der Seite des bereits Noir-erfahrenen Robert Mitchum („Der unbekannte Geliebte“, „Goldenes Gift“). 

Inhalt: 

Der junge Arzt Jeff Cameron (Robert Mitchum) will gerade nach einem langen Arbeitstag Feierabend machen, als eine junge Frau eingeliefert wird, die sich das Leben nehmen wollte. Als die schöne Margo (Faith Domergue) ihre Augen aufschlägt, funkt es sofort zwischen Arzt und Patientin, was die Krankenschwester Julie (Maureen O’Sullivan) mit Bedauern zur Kenntnis nimmt, hat sie sich doch ebenfalls in den charmanten Arzt verliebt. Sie erzählt ihm, dass sie nach dem Tod ihrer Mutter eine innere Leere verspürt habe, während ihr Vater in Kanada weile. 
Als Cameron seine Geliebte zuhause besucht, erlebt er allerdings eine böse Überraschung. Er trifft Margo dort nämlich nicht allein an, sondern in Gesellschaft eines älteren Mannes, den er für ihren Vater hält. Doch Frederick Lannington (Claude Rains) stellt sich als Margos Ehemann vor. Das ganze Lügenkonstrukt, das Margo ihrem Geliebten aufgetischt hat, fällt in sich zusammen. Lannington gibt zu, dass er Margo wegen ihrer Jugend geheiratet habe, sie ihn wegen seines Geldes. Von Liebe sei nie die Rede gewesen. Als Lannington Margo schlägt, greift Cameron ein, doch Margos Mann verletzt Cameron mit einem Feuerhaken so schwer, dass er benommen ins Bad torkelt, um sich zu erfrischen. Als er ins Wohnzimmer zurückkehrt, ist Lannington allerdings tot. 
Während Cameron die Polizei rufen will, drängt Margo zur Flucht in Richtung Mexiko. Cameron weiß, dass seine Kopfverletzung so schwer ist, dass er innerhalb der nächsten zwei Tage ins Koma fallen und sterben könnte, doch hält ihn nichts davon ab, mit Margo in Mexiko ein neues Leben anzufangen, wo sie auf einer Bank über die Jahre ein Vermögen angespart hat. Doch die Polizei ist den beiden längst auf den Fersen … 

Kritik: 

„Where Danger Lives“ präsentiert sich als ganz klassischer Film noir mit einer für das Genre typischen Femme fatale, die einen aufrechten und charmanten Mann ins Unglück stürzt, sobald er ihr verfallen ist. Das Drehbuch von Charles Bennett, der für Hitchcock bereits Klassiker wie „Die 39 Stufen“, „Der Auslandskorrespondent“ und „Der Mann, der zuviel wusste“ geschrieben hatte, fokussiert sich ganz auf die leidenschaftliche Affäre, in die sich die junge Margo und ihr Arzt noch am Krankenbett stürzen. Dabei wird Margos angeschlagene Psycho auf der einen und Camerons lädierter Schädel auf der anderen Seite zur dramaturgisch pointierten Herausforderung in dem ansonsten klassisch und leider auch vorhersehbar inszenierten Flucht-Road-Trip. 
Sowohl Margo als auch Cameron sind mental nicht ganz auf der Höhe, stürzen sich von ihrer Liebe zueinander geblendet ins Abenteuer, das kein gutes Ende nehmen kann, allerdings auch wenig glaubwürdig wirkt. Dazu wirkt die Love-Story zu aufgesetzt und hastig entwickelt. Kameramann Nicholas Musuraca („Katzenmenschen“, „Die Wendeltreppe“) arbeitet das Krimi-Drama mit interessanten Kontrasten aus. Die hellen High-Key-Bilder zu Anfang weichen zunehmend harten Schatten, die vor allem bei den nächtlichen, von Übermüdung und Erschöpfung geprägten Fahrten und bei den Versuchen zum Ausdruck kommen, wenn sich Margo und ihr Geliebter vor der Polizei verstecken müssen. 
Das Katz- und Maus-Spiel ist durchweg temporeich, aber leidlich spannend inszeniert. Die Szene, in der Cameron im Haus der Lanningtons erfährt, dass der ältere Herr an Margos Seite nicht ihr Vater, sondern ihr Mann ist, zählt zu den stärksten in dem Film, zumal diese erschütternde Erkenntnis erst langsam bei Cameron durchsickert, so geschickt und genüsslich spielt Lannington mit der fatalen Fehleinschätzung seines Kontrahenten. Schade nur, dass der großartige Claude Rains („Casablanca“, „Berüchtigt“) so schnell schon die Bühne verlassen muss. Faith Domergue („Der große Aufstand“, „Das Grauen aus der Tiefe“) macht ihre Sache in ihrer ersten großen Rolle recht gut. Dass sie ihre große Liebe mit ins Verderben zu reißen droht, mag man ihr unter den gegebenen Umständen fast verzeihen. Und Robert Mitchum („Ein Köder für die Bestie“, „Die Nacht des Jägers“) bietet hier zwar keine erstklassige Leistung, aber in seiner Rolle als charmanter Doktor, der von der Liebe wie von einem Blitz getroffen wird, muss auch nicht das ganze Register seines Könnens ziehen. 
Dass „Where Danger Lives“ keine deutsche Veröffentlichung erfahren hat, lässt sich durchaus vertrösten. Einzig eingeschworenen Robert-Mitchum-Fans dürfte diese Lücke sauer aufstoßen. Ansonsten bietet der unspektakulär inszenierte Noir wenig Neues, was man in anderen Genre-Beiträgen nicht schon besser umgesetzt gesehen hätte.  

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