Here
Robert Zemeckis hat in seiner langjährigen Karriere
als Filmemacher bereits einige unvergessliche Filme geschaffen, etwa das
überschäumende Zeitreise-Abenteuer „Zurück in die Zukunft“ (1985) und
natürlich „Forrest Gump“ (1994). Nachdem er in den letzten Jahren vor
allem Performance-Capture-Technik in Filmen wie „Der Polarexpress“, „Die Legende
von Beowulf“, „Eine Weihnachtsgeschichte“, und „Willkommen in Marwen“ perfektionierte,
vereint sein neuer Film „Here“ das Erfolgsquartett von „Forrest Gump“,
wozu neben Regisseur Zemeckis und seinem Drehbuchautor Eric Roth
auch die Hauptdarsteller Tom Hanks und Robin Wright zählen. Am
bemerkenswertesten ist jedoch der erzählerische Ansatz, die Geschichte eines
Hauses aus nur einer Kameraperspektive zu erzählen.
Inhalt:
Irgendwo in den nordöstlichen US-Staaten wird 1902 ein Haus
gebaut, in das zunächst Pauline (Michelle Dockery) und ihr Mann John
Harter (Gwilym Lee) einziehen, der das Haus vor allem wegen seiner Nähe
zum geplanten Aerodom ausgesucht hat. Pauline wird von der Sorge zermürbt, dass
ihr Mann bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kommen würde. Tatsächlich ist es
aber eine Grippe, die ihn später dahinrafft. In den 1920er Jahren folgen Stella
(Ophelia Lovibond) und Leo Beekman (David Fynn), der einen
multifunktionalen Fernsehsessel erfindet, während Stella als Pin-up modelt.
Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg erwerben Rose (Kelly
Reilly) und Al Young (Paul Bettany) das Haus, um eine Familie zu
gründen. Doch Al verliert seinen Job als Vertreter und verfällt dem Alkohol.
Ihr Sohn Richard (Tom Hanks), das erstgeborene ihrer
vier Kinder, stellt eines Tages seiner Familie seine Highschool-Liebe Margaret (Robin
Wright) vor. Während Margaret nach ihrem College-Abschluss Jura studieren
will, strebt Richard eine Karriere als Grafiker an, doch dann wird Margaret
schwanger. Richard nimmt einen Job als Versicherungsverkäufer an, sie leben
aber weiterhin bei seinen Eltern, was zu schwelenden Problemen in der Ehe führt…
Kritik:
Es ist eher die außergewöhnliche Erzählperspektive als die
Geschichte selbst, die Robert Zemeckis‘ „Here“ sehenswert macht. Der
setzt seine in den letzten Jahren vervollkommneten Erfahrungen in der computergenerierten
Filmgestaltung ein, um die ungewöhnliche Geschichte eines Hauses zu erzählen,
und zwar aus einer einzigen Kameraperspektive. Damit das nicht zu ermüdend
wird, spannt Zemeckis in seiner Adaption einer Graphic Novel von Richard
McGuire einen wahrlich weiten Bogen von dem Aussterben der Dinosaurier über
indigene Ureinwohner, die Kolonialzeit und den Unabhängigkeitskrieg bis zu den winzigen
Kapiteln der einzelnen Familien, die Einzug in das Haus halten, wobei Zemeckis
munter zwischen den Zeiten und Figuren hin- und herspringt. Damit demonstriert
der Filmemacher zwar sein filmtechnisches Können, doch der wild durch die Zeit
galoppierende Reigen ist wenig geeignet, um eine Bindung zu den Figuren
herzustellen.
Erst als der KI-verjüngte Tom Hanks als Richard seinen
Eltern seine Verlobte vorstellt und die Young-Familie in den Fokus der
Geschichte rückt, wird „Here“ auch emotional geerdet. Dann erleben wir
die alltäglichen Freuden und Tragödien des menschlichen Lebens, Geburt und Tod,
Thanksgiving-Essen und Geburtstage, Träume von einem selbstbestimmten Leben,
die sich nicht erfüllen. Durch die distanzierte Position der unverrückbaren Kamera
wirkt das Wohnzimmer des Hauses in „Here“ wie eine Theaterbühne, und
durch das Wohnzimmerfenster erheischen wir den Wandel der Zeiten vor allem in Form
der Gefährte, die die Straße passieren, während die jeweilige Wohnzimmereinrichtung
ein noch präziseres Bild der Zeit präsentiert, in der sich die Geschichte
gerade abspielt. Immer wenn sich ein Rahmen im Bild auftut, öffnet dieser die
Tür zu einer anderen Zeit. Das ist filmtechnisch virtuos gelöst, vor allem von Tom
Hanks, Robin Wright, Paul Bettany und Kelly Reilly famos gespielt, behält
aber keine großen Überraschungen vor, was die Geschichten angeht, abgesehen von
der Botschaft, die Zeit, die einem bleibt, bestmöglich zu nutzen.
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