Bellissima
Mit seinen ersten beiden Filmen „Ossessione – Von Liebe
besessen“ (1943) und „Die Erde bebt“ (1948) hat sich Luchino
Visconti als einer der Hauptvertreter des italienischen Neorealismus etabliert.
Mit seinem dritten Film „Bellissima“ (1951) blieb sich Visconti zwar
einerseits treu, indem er die Sorgen und Hoffnungen einfacher Menschen in den
Fokus rückt, thematisiert aber auch auf zynische Art die Träume, die mit dem
Kino verbunden sind.
Inhalt:
Die resolute und temperamentvolle Maddalena Cecconi (Anna
Magnani) lebt mit ihrem Ehemann Spartaco (Gastone Renzelli) und
ihrer fünfjährigen Tochter Maria in Rom. Während ihr Mann hofft, bald in eine
größere Wohnung mit Fahrstuhl im Haus umziehen zu können, verdient Maddalena vor
allem in der Nachbarschaft als Krankenpflegerin zum Lebensunterhalt der Familie
dazu, indem sie Spritzen gegen Diabetes verabreicht. Als im Radio verkündet
wird, dass der Filmregisseur Alessandro Blasetti eine Kinderdarstellerin für
seinen neuen Kinofilm sucht, macht sich Maddadalena wie Hunderte andere Mütter
mit ihren Kindern auf dem Weg zum Vorsprechen. Blasetti findet die für ihr Alter
etwas zu klein geratene Maria interessant, wohl auch, da sie sich beim Spielen
beschmutzt hat und zwischen den anderen aufgetakelten Mädchen auffällt. Maria
kommt in die engere Auswahl, was allerdings noch lange nicht bedeutet, dass sie
die Rolle erhält.
Durch ihre Tochter möchte Maddalena, die in ihrer Jugend
selbst Schauspielträume hegte, aus ihren beengten Lebensumständen ausbrechen.
Für dieses Ziel opfert sie ihr Sparbuch und mutet dem Kind viel zu. In der
Zwischenzeit bis zum nächsten Vorsprechen besorgt sie ihrem Kind Unterricht in
Schauspiel und Tanz, sie kauft ihr neue Kleider, schickt sie zum Friseur und
zum Fotografen. Ebenfalls flirtet Maddalena mit Blassettis Mitarbeiter Alberto Annovazzi
(Walter Chiari), der ihr für 50.000 Lire Probeaufnahmen für Maria
vermittelt. Das Geld gibt Alberto allerdings nicht wie versprochen für Geschenke
an einflussreiche Leute beim Film aus, sondern für einen Motorroller. Maddalenas
Ehemann Spartaco ist keineswegs erfreut über die Pläne seiner Frau, doch die
lässt sich nicht beirren.
Schließlich sichten Blasetti und seine Mitarbeiter die
Probeaufnahmen der Kinder, darunter Maria. Maddalena und Maria schauen heimlich
aus dem Vorführraum zu, während die Probeaufnahme projiziert wird. Es stellt
sich heraus, dass Maria den Großteil der Aufnahme herumheult, und die
Mitarbeiter von Blasetti brechen in lautstarkes Lachen aus. Maddalena ist
darüber entsetzt und überdenkt ihre Entscheidung…
Kritik:
Mit „Bellissima“ hat Luchino Visconti („Der
Leopard“, „Gewalt und Leidenschaft“) die Träume einfacher Leute vom großen
Ruhm durch die Schauspielerei thematisiert und den realen Hintergrund der Cinecittà-Studios
in Rom genutzt, um die Strapazen zu beschreiben, die aufgenommen werden müssen,
bevor es überhaupt zu Probeaufnahmen kommt, die auch nicht garantieren, dass dadurch
ein Engagement für einen Film zustande kommt. Der Film lebt vor allem durch die
kraftvolle Darstellung von Anna Magnani („Rom, offene Stadt“, „Die
tätowierte Rose“), die mit viel Elan ihre zierliche Tochter durch den
Dschungel der Vorbereitungen für eine Filmproduktion durchläuft, dafür ihr
Sparbuch plündert und sich den zudringlichen Avancen von Blassettis Mitarbeiter
Alberto erwehren muss. Die denkwürdigste Szene spielt sich dabei im
Schneideraum ab, als Maddalena die Probeaufnahme ihrer Tochter sichten will und
von der Cutterin erfährt, dass diese einst selbst Schauspielerin gewesen sei,
die Schauspielerei aber wegen mangelnden Talents aufgegeben habe und nun Filmeditorin
sei. Sie warnt Maddalena, dass man als Laiendarstellerin im Filmgeschäft meist
nur kurzen Erfolg hat, und dieser kurze Ruhm bei vielen Laiendarstellern für
ein verpfuschtes Leben sorgen würde. Visconti rechnet zwar mit der
zynischen Praxis des modernen Filmemachens ab, erlaubt sich aber auch einen
humorvollen Ton, der Maddalena gestattet, im wirklichen Leben verwurzelt zu bleiben.
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